"Kurden auf der Flucht vor türkischer Offensive in Syrien", schreibt De Morgen auf Seite eins. "Erdoğan droht mit Flüchtlingsstrom nach Europa", titeln fast gleichlautend Het Nieuwsblad, Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg.
Viele Zeitungen beschäftigen sich ausführlich mit dem Krieg, den die Türkei in Nordsyrien gegen die dort lebenden Kurden begonnen hat. Le Soir kommentiert: Es ist beschämend, zu sehen, wie kleinmütig die internationale Gemeinschaft auf diese Offensive reagiert. Die Amerikaner lassen ihre langjährigen Verbündeten im Stich; die Kurden waren gut als Kanonenfutter im Kampf gegen den IS, jetzt überlässt Trump sie dem türkischen Bombenhagel.
Die Europäer protestieren zwar, aber wirklichen Druck üben sie nicht auf Erdoğan aus. Der wiederum droht Europa damit, 3,6 Millionen Flüchtlinge auf den Kontinent zu schicken. Bei alldem wird übersehen, wie gefährlich das alles ist: Die IS-Kämpfer, die zurzeit noch von den Kurden bewacht werden, könnten bald schon wieder frei herumlaufen. Es ist eine komplett vertrackte Situation in Syrien, stellt Le Soir fest.
De Tijd bemerkt: Die EU wird gerade wieder mal knallhart mit der Realität konfrontiert. Im internationalen Mächte-Spiel ist sie ein Zwerg. Zwar ist das Wirtschaftspotential Europas groß. Doch im aktuellen Fall muss die Türkei nur mit Millionen von Flüchtlingen drohen und schon scheint die EU wie gelähmt. Daraus können und müssen Lehren gezogen werden. Erstens muss Europa dringend seine Einwanderungspolitik regeln.
Dann muss die EU ihre Verteidigungskräfte stärken. Und schließlich muss sie über diplomatische Wege soviel Druck ausüben, dass so etwas wie gerade in Nordsyrien nicht passieren kann. Ohnmächtig muss Europa dem Ganzen nicht zuschauen, weiß De Tijd.
De Morgen stimmt dem zu und schlägt vor: Anstatt nur betroffen die türkische Offensive zu kritisieren, könnten die europäischen Staaten sofort dagegen aktiv werden. Sie könnten Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei verhängen, die Konten türkischer Politiker und Unternehmer in Europa einfrieren, die gefangenen IS-Kämpfer selbst nach Europa zurückholen – und sogar selbst Militär nach Nordsyrien schicken, um dort das Vakuum zu füllen, das die Amerikaner zurückgelassen haben. Ob dann Erdoğan mit seiner Offensive weitermachen würde, scheint doch ziemlich fraglich, so De Morgen.
Weiter Wirbel um Nethys
Im Vorfeld der heutigen außerordentlichen Generalversammlung bei Nethys, der Tochtergesellschaft der Lütticher Interkommunalen Enodia, heißt es bei L'Avenir: Die Ereignisse bei Nethys haben sich in den vergangenen Tagen überschlagen. Dass heute sowohl der Verwaltungsrat als auch das Management ausgetauscht werden sollen, wäre vor zwei Wochen noch undenkbar gewesen.
Wahrscheinlich hat das damit zu tun, dass die PS in ihrer Lütticher Sektion aufräumen will. Schon in seine neue Ministerriege hat Elio Di Rupo nicht die großen Namen der Lütticher PS geholt. Jetzt soll auch mit den Machenschaften bei der Interkommunalen aufgeräumt werden. Auch das wird ein Grund sein, dass Stéphane Moreau, der Ex-PS-Bürgermeister von Ans, Nethys jetzt endgültig verlassen wird, analysiert L'Avenir.
Das GrenzEcho sieht das anders und führt aus: Die neuerliche Affäre bei Nethys nährt berechtigte Zweifel an der Fähigkeit der PS, sich aus dem Morast von Affären, Betrug und Vorteilsnahme zu befreien. Die Vervieser PS-Bürgermeisterin Muriel Targnion hat in weniger als einem Jahr Amtszeit bei Enodia mehr Porzellan zerdeppert, als die meisten Politiker in einer ganzen Kariere.
Offensichtlich kennt sie nicht den Unterschied zwischen dem, was gesetzlich vielleicht korrekt, moralisch aber verwerflich und in jedem Fall unverantwortlich ist. Den Direktionsmitgliedern von Nethys nach allem was geschehen ist, noch eine halbe Million Euro hinterher zu werfen, ist eine Ohrfeige für die Bürger und zeugt von mangelndem Gespür und nicht vorhandener Ethik, schimpft das GrenzEcho.
Interner Kampf bei der EU
Das Europaparlament hat gestern die französische Kandidatin für die EU-Kommission, Sylvie Goulard, endgültig abgelehnt. La Libre Belgique wertet das als eine "Ohrfeige für Frankreichs Staatspräsident Macron". De Standaard begrüßt die gesunde demokratische Entscheidung der europäischen Volksvertreter, die "in einem belgischen Parlament aufgrund der Machtstrukturen in unserem Land unmöglich wäre".
Und die Wirtschaftszeitung L'Echo führt kommentierend aus: Diese Ablehnung weist auf einen internen Kampf bei der EU hin. Auf der einen Seite stehen die Mitgliedsstaaten, die noch zu oft ihren Willen in autoritärem Stil durchsetzen wollen. Auf der anderen Seite steht eine europäische Demokratie, die von ethischen Grundsätzen und dem Prinzip der Mitentscheidung angetrieben wird. Europa hat nur dann eine Zukunft, wenn sich seine Institutionen vom Diktat der großen Staaten wie Deutschland und Frankreich entledigen und ihre Eigenständigkeit frei ausleben können, glaubt L'Echo.
Die Goldene Generation lässt uns weiter träumen
Zum 9:0-Sieg von Belgiens Fußballnationalmannschaft gegen San Marino im Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft gestern Abend jubelt Het Laatste Nieuws: Das vierte Mal in Folge haben sich die Roten Teufel damit für ein großes Turnier qualifiziert. Lukaku hat mit seiner Treffern Nummer 50 und 51 einen neuen Rekord aufgestellt. Die Goldene Generation lässt uns weiter träumen. In acht Monaten kann zwar noch viel passieren, aber zurzeit macht es richtig Spaß, die Roten Teufel zu sehen, freut sich Het Laatste Nieuws.
Kay Wagner