"Schock in der Welt der Telekommunikation", heißt es bei De Morgen auf Seite eins. "Proximus verliert Top-Frau an KPN", titelt die Wirtschaftszeitung De Tijd. Die Chefin des belgischen Telekom-Anbieters Proximus, Dominique Leroy, hat am Donnerstag für viele überraschend ihren Abschied angekündigt.
Am ersten Dezember will sie beim niederländischen Telekommunikationsunternehmen KPN als neue Geschäftsführerin beginnen. "Ich muss nicht mehr jeden Tag zu Hause sein. Die Zeit ist reif für das Ausland", zitiert De Standaard Leroy auf seiner Titelseite.
Diese Begründung für den Wechsel überzeugt nicht alle. Le Soir spekuliert: Es wäre zu einfach, den Abgang von Leroy mit dem höheren Gehalt zu begründen, das ihr bei KPN winkt. Vielmehr wird auch eine Rolle gespielt haben, dass der Einfluss der Regierung auf ihr Wirken bei Proximus zu groß war.
Der Staat ist ja immer noch Hauptaktionär. Mehrmals hatte die Regierung mit Kritik an Proximus nicht gespart. Dabei hat Leroy einen guten Job gemacht. Sie hat es geschafft, wieder Ruhe in das Unternehmen zu bringen, nachdem sie es 2014 von ihrem Vorgänger Didier Bellens übernommen hatte.
Außerdem steht Proximus gut da. Jetzt heißt es, genau wie schon bei Bpost, einen neuen Chef für das Unternehmen zu finden. Das wird keine leichte Aufgabe, glaubt Le Soir.
Schulterzucken löst die Probleme nicht
Auch De Tijd zieht die Parallele zu Bpost und notiert: Ist es Zufall, dass nach Koen Van Gerven jetzt auch Dominique Leroy einen börsennotierten Staatsbetrieb in Belgien verlässt? Fakt scheint zu sein: Diese Betriebe können Top-Manager nicht lange halten.
Das weist darauf hin, dass etwas nicht stimmt. Die politische Welt könnte darauf mit Schulterzucken reagieren, aber es wäre besser, sie würde versuchen herauszufinden, wo das Problem liegt, um es zu beseitigen, rät De Tijd.
Die Schwesterzeitung L'Echo weiß: Es ist keine Überraschung, dass Leroy Proximus verlässt. Die Frau ist ehrgeizig - und zwar im positiven Sinne. Schon als sie an die Spitze von damals ja noch Belgacom berufen wurde war klar, dass ihr Belgien früher oder später zu klein sein würde.
Oft sagt man, dass Belgien unfähig sei, Unternehmensbosse mit internationalem Format hervorzubringen. Das ist falsch. Leroy ist das beste Beispiel dafür. Mit ihr verliert Belgien eine Top-Managerin von internationalem Niveau, lobt L'Echo die Fähigkeiten von Leroy.
Zu wenig Gehalt?
Gazet van Antwerpen stellt die Gehaltsfrage in den Mittelpunkt ihres Kommentars und bemerkt: Die 940.000 Euro, die Leroy letztlich pro Jahr inklusive aller Zuschläge und Boni erhalten hat, sind alles andere als Peanuts. Als solche wird das Gehalt der Chefs unserer Staatsbetriebe ja gerne bezeichnet. Einfach deshalb, weil die freie Wirtschaft mehr bezahlt.
Aber was wäre die Alternative? Soll der Staat anfangen, mit den Gehältern der freien Wirtschaft zu konkurrieren? Wo würde es dann enden? Leroy geht, und wenn es am Geld gelegen hat, dann ist das eben so, stellt Gazet van Antwerpen fest.
Einige Zeitungen haben bereits einen Blick in eine neue Verkehrsstudie des Föderalen Planbüros werfen können. Dazu kommentiert La Libre Belgique: Auf 2,3 Milliarden Euro pro Jahr berechnet das Planbüro die Kosten, die unserem Land durch Staus entstehen.
Das zeigt deutlich: Es gibt ein Problem. Und das weiß man seit langem. Doch mit Blick auf die vergangenen Jahre ist festzustellen: Nichts passiert. Das muss sich unbedingt ändern. Alle hätten ein Interesse daran, eine intelligente Kilometer abhängige Maut für Autos einzuführen. Alle drei Regionen plus föderale Ebene sollten sich daran machen, eine solche Maut endlich einzuführen, fordert La Libre Belgique.
Brüssel zeigt wie es geht
De Standaard sieht das genauso und erinnert: Fünf Jahre lag die Einführung einer intelligenten Maut auf dem Tisch des flämischen Verkehrsministers Ben Weyts. Fünf Jahre ist nichts geschehen. Das Planbüro rechnet jetzt vor, was jeder im Dreieck Brüssel-Antwerpen-Gent kennt: Die Staus sind einfach unerträglich.
Der Verlust für die Volkswirtschaft ist enorm. Die Kilometermaut als Lösung dagegen muss jetzt unbedingt eingeführt werden. Die Region Brüssel hat schon den ersten Schritt gemacht. Was macht die neue flämische Regierung?, fragt erwartungsvoll De Standaard.
Zur wallonischen Regierungsbildung meint L'Avenir: Ein paar große Brocken gibt es noch aus dem Weg zu schaffen. Für Ecolo sind die wallonischen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien wohl das größte Hindernis. Die Basis der Grünen ist immer noch sehr pazifistisch.
Es wird den Ecolo-Spitzen wohl einiges Kopfzerbrechen bereiten, wie weit man gehen kann bei den Kompromissen, um möglicherweise mit regieren zu können, oder wo die Grenze des Zumutbaren für die Partei überschritten wird, analysiert L'Avenir.
Zum EM-Qualifikationsspiel der Roten Teufel Freitag Abend in San Marino kommentiert Het Nieuwsblad: Solche Spiele sollten abgeschafft werden. San Marino ist der letzte der FIFA-Weltrangliste, Belgien ist Nummer eins. Was für einen Wert kann so ein Spiel haben?
Es wäre besser, wenn die schwachen Fußballnationen untereinander ausmachen würden, wer mit den starken wichtige Spiele austrägt. Das würde den Topspielern auch mehr Ruhezeiten geben in einer sowieso schon voll gepackten Saison, schlägt Het Nieuwsblad vor.
kw/jp