Heute kommentieren alle Zeitungen die Aussichten auf einen Kompromiss über die Finanzierung der Region Brüssel und die Bildung einer neuen Regierung nach der Bezeichnung von zwei Vermittlern durch König Albert. Auch kommentiert wird die Erklärung verschiedener PS-Politiker, man müsse sich auf das Ende Belgiens vorbereiten.
Le Soir schreibt in seinem Leitartikel: De Wever bleibt der Mittelpunkt der Regierungsbildung. Das ist für die Frankophonen gefährlich, denn sie hängen von einer Partei ab, die sich das Verschwinden des Landes zum Ziel gesetzt hat. Aus diesem Blickwinkel sind die frankophonen und sozialistischen Drohungen mit einer Spaltung des Landes psychologisch und strategisch richtig. Es ist wichtig, dass die Bürger wissen, dass man den Zugeständnissen Grenzen setzen will.
Das Grenz-Echo meint: Vielleicht ist das radikale Umdenken im frankophonen Landesteil der Schlüssel für ein Gelingen der Staatsreform und den Erhalt der Einheit Belgiens. Einige flämische Politiker reagierten erschrocken auf die Erklärungen der Sozialisten Onkelinx und Demotte. Vielleicht wird allmählich immer mehr Flamen bewusst, dass eine Spaltung Belgiens auch für sie verheerende Folgen haben könnte.
Het Nieuwsblad erklärt: der PS-Vorsitzende Di Rupo hat sich sehr weit vorgewagt, um ein Abkommen zu erzielen. Seine eigene Partei hatte Bedenken gegen die Zugeständnisse, die nach ihrer Ansicht sogar zu weit gingen, besonders jetzt, da die Verhandlungen ergebnislos waren. Das erklärt die Aufsehen erregenden Drohungen sozialistischer Spitzenpolitiker mit dem Ende Belgiens. Die beiden Vermittler Pieters und Flahaut müssen so lange verhandeln, bis sich die Gemüter wieder abgekühlt haben.
An PS und N-VA kommt man nicht vorbei
De Morgen findet: Es ist nicht der richtige Augenblick, die politische Tagesordnung durch große Gefühlsausbrüche, hohle Rhetorik und Revanchismus zu beeinflussen. Es ist nicht vernünftig, das Ende Belgiens schon als unvermeidliche Entwicklung darzustellen. Man muss wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren, mit der Feststellung, dass man an PS und N-VA nicht vorbei kommt. Sie sind die Achse, um die eine neue Regierung gebildet werden muss.
De Standaard ist der Meinung: Wenn N-VA und PS ihre Zustimmung gegeben haben, dass der PS-Kammerpräsident Flahaut und der N-VA-Senatsvorsitzende Pieters vermitteln, zeigt das, dass N-VA und PS ihre Gespräche fortführen wollen. Sie haben verstanden, dass sie zum gemeinsamen Regieren verurteilt sind. Die 500 Millionen Euro, die die Frankophonen für Brüssel fordern, kann man zahlen, wenn diese Summe in das Finanzierungsgesetz eingebaut wird. So einfach ist das. André Flahaut kann das sicher arrangieren.
Ist die N-VA zu einem Kompromiss fähig?
Het Belang van Limburg schreibt: Nach dem Scheitern Di Rupos blickten alle auf De Wever. Man schob ihm den Schwarzen Peter zu, er sollte eine Lösung finden. Wäre der König dieser Schlussfolgerung gefolgt, hätte er die N-VA isoliert und De Wever zum Scheitern verurteilt. Der König ging nicht in diese Falle, sondern bezeichnete zwei Vermittler, einen N-VA- und einen PS-Politiker. Doch schließlich müssen De Wever und Di Rupo wieder zueinander finden und sich gegenseitig vertrauen.
La Libre Belgique unterstreicht: Die frankophonen Unterhändler haben große Zugeständnisse gemacht. Doch für die N-VA waren sie immer ungenügend. Man muss sich jetzt die Frage stellen, ob die N-VA überhaupt in der Lage ist, einem Kompromiss zuzustimmen. Wenn nicht, haben Verhandlungen keinen Sinn mehr. Die einzige Möglichkeit klar zu sehen, besteht darin, De Wever zum Präformateur zu machen.
Man muss unter sieben Parteien weiter verhandeln
Gazet van Antwerpen meint: De Wever und Di Rupo glauben immer noch, dass ein Kompromiss möglich ist. Man muss weiterhin mit den sieben Parteien verhandeln. Dass der König die Liberalen nicht einmal eingeladen hat, ist ein deutliches Zeichen.
Het Laatste Nieuws glaubt ebenfalls: Der König will, dass die gleichen Parteien mit denselben Piloten weitermachen. Logisch, denn die Verhandlungen waren so weit gediehen wie nie zuvor. Für die N-VA ist das die letzte Chance. De Wever muss wissen, dass kein frankophoner Politiker nach Di Rupo so viel Verständnis in der frankophonen Öffentlichkeit finden wird. Eine solche Chance, das Problem BHV zu lösen, kommt nie wieder. Sie abzulehnen, zeugt von schlechtem Willen.
Bild: belga archiv