"50 Jahre nach der Mondlandung", schreibt lapidar de Tijd auf Seite eins. "50 Jahre danach: Ihre Erinnerungen", titelt L'Avenir, und lässt seine Leser sich erinnern an den 20. Juli 1969. Das GrenzEcho hat einen ähnlichen Ansatz gewählt: "Ostbelgien und das Weltereignis", schreibt das Blatt.
L'Echo macht seinerseits eine Abwägung: "Der Mond: Sonnen- und Schattenseiten". Hier geht's also um die Frage, was die Mondmissionen der Welt letztlich gebracht haben. Le Soir stellt seinerseits fest: "Der Mond bringt uns immer noch zum Träumen".
Der Mond als Sprungbrett Richtung Mars
"Der Mond, das ist jetzt ein Sprungbrett Richtung Mars", bemerkt ihrerseits La Libre Belgique. Die Zeitung bringt gleich zehn Sonderseiten zu dem Ereignis und blickt dabei auch nach vorn. Denn es ist ja so, dass der Mond heute in erster Linie als Zwischenetappe betrachtet wird: Eine mögliche Mission zum Mars soll nämlich nach derzeitigen Plänen vom Mond aus starten.
"Wir brauchen einen neuen Neil Armstrong", meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Sein berühmter "kleiner Schritt", ist bis heute der Höhepunkt der Eroberung des Weltalls. Auch 50 Jahre später gibt es trotz des technischen Fortschritts kein Ereignis, das auch nur ansatzweise in die Nähe kommt der Apollo 11-Mission. Seit Dezember 1972 hat kein Mensch mehr die unmittelbare Erdumlaufbahn verlassen. Eine neue Mission zum Mond wäre zwar mit Sicherheit ein Ereignis. Der nächste Held, der einen Platz in der Geschichte hätte, vergleichbar mit dem eines Christoph Kolumbus oder eines Neil Armstrong, das wäre aber der erste Mann oder die erste Frau auf dem Mars. Dort liegt nämlich jetzt die neue Grenze.
Ist eine neue Mondmission notwendig?
"Müssen wir wirklich zum Mond zurückkehren?", fragt sich seinerseits Le Soir. Die Antwort lautet "Ja". Erstens: Die Mondmissionen haben noch längst nicht alle Fragen beantwortet. Und zweitens: Der Mond ist jetzt Ausgangspunkt für längere Weltraummissionen. Im Fokus steht da in erster Linie der Mars. Frage ist allerdings: Müssen wir unbedingt Menschen zum roten Planeten schicken? Viele Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass bemannte Missionen nicht mehr zeitgemäß, weil viel zu teuer sind. Roboter oder Mensch? Welcher Standpunkt sich da durchsetzen wird, das muss sich noch zeigen.
Für L'Avenir erleben wir demgegenüber "das Ende eines Traums". Heute sind die geplanten Weltraummissionen nicht mehr von Idealismus und Forschergeist beseelt. 1967 war noch der Weltraumvertrag feierlich unterzeichnet worden, der festlegte, dass der Weltraum allen gehört. Heute denken die großen Staaten der Erde allerdings eher an Bergbau oder gar an eine Militarisierung des Weltalls. Durch diesen komischen Kapitalismus verliert auch der Mond seine Magie.
De Tijd schlägt in dieselbe Kerbe. "Wird der Weltraum ein 'Meer des Friedens oder ein 'Meer des Krieges'?", fragt sich das Blatt. Seit 50 Jahren ist die Eroberung des Weltalls doppeldeutig. Der menschliche Forschergeist war immer auch militärisch motiviert. Heute ist das noch offensichtlicher als vor 50 Jahren. US-Präsident Donald Trump will eine "Space Force" gründen, eine Weltraumarmee. Auch der französische Kollege Emmanuel Macron hat am 14. Juli militärische Ambitionen für den Weltraum bekanntgegeben. Und auch beim Nato-Gipfel Ende des Jahres soll das Thema auf der Tagesordnung stehen. Im Grunde ist das aber nur ein bekannter Wettkampf, an dem heute nur andere Spieler beteiligt sind.
Konzentrationslager in den USA
Frappierende Schlagzeile auf Seite eins von De Morgen: "Ja, es gibt Konzentrationslager in den USA". Das sagt Alexandra Ocasio-Cortez. Die junge demokratische US-Abgeordnete gehört zu den vier Frauen, die US-Präsident Donald Trump in seinen rassistischen Tweets angegriffen hatte. Diese Alexandra Ocasio-Cortez spricht also von Konzentrationslagern. Gemeint sind die Internierungslager, in denen Migranten unter schlimmsten Bedingungen festgehalten werden; teilweise werden ja auch die Kinder von ihren Eltern getrennt. Ocasio-Cortez nennt also mal Ross und Reiter.
"Nationalfeiertag auf einem politischen Scherbenhaufen"
Natürlich blicken die Zeitungen heute aber auch auf den morgigen Nationalfeiertag. "Bal National auf politischem Scherbenhaufen", so die wenig schmeichelhafte Schlagzeile im Innenteil von De Tijd. Auf Seite eins von De Morgen macht der bekannte frühere Leitartikler von Het Laatste Nieuws, Luc Van der Kelen, eine drastische Analyse: "Dieses Land ist in einer schlechten Lage; man könnte auch sagen dramatisch".
Viele Leitartikler analysieren heute nochmal die innenpolitische Lage. "Gibt es überhaupt etwas zu feiern?", fragt sich etwa Het Laatste Nieuws. Im Moment passiert jedenfalls auf der föderalen Ebene nichts. Zumindest nach außen hin. PS und N-VA schließen sich nach wie vor gegenseitig aus. Die N-VA will zwar mit den frankophonen Sozialisten sprechen, aber dann nur über Konföderalismus. Doch ist die N-VA auch in der Defensiven, da immer noch die Gefahr besteht, dass sie am Ende auf der föderalen Ebene in der Opposition landet. Deswegen will sie möglichen Partnern für eine flämische Regierung das Versprechen abringen, nicht auf der föderalen Ebene eine Mehrheit ohne die N-VA zu bilden. Frage ist bei alledem: Gibt es am 21. Juli 2020 überhaupt noch ein Land, das man feiern kann?
De Wever im Mittelpunkt
Gazet van Antwerpen empfiehlt allen einen kühlen Kopf zu bewahren. Die N-VA will ganz klar, ihre Machtposition maximal ausreizen. Den Anderen bleibt im Moment nichts anderes übrig als abzuwarten. Das Einzige, was sie vermeiden müssen, das ist sich selbst in den Fuß zu schießen. Denn darauf wartet der Schachspieler De Wever nur.
Im Moment herrscht das Gesetz des Stärkeren, glaubt Het Nieuwsblad. Es ist Bart De Wever allein, der entscheidet, wer von den drei traditionellen Parteien in Flandern mitregieren darf und wer in die Versenkung geschickt wird. Doch auch die N-VA ist in einer schwierigen Lage. Nach den erheblichen Verlusten vom 26. Mai muss man die Basis ruhigstellen. Deswegen will Bart De Wever so wenig Zugeständnisse wie möglich machen. In der Zwischenzeit geht erstmal gar nichts. Dass der Bürger für dieses Schachspiel irgendwann die Rechnung bezahlen muss, das scheint derzeit niemanden zu stören.
Die flämischen Zeitungen haben schließlich nur Augen für die Tour de France. Und dann auch nur für ein Ereignis: "Drama um Van Aert", schreiben De Standaard und Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Der Traum ist vorbei", titelt Het Nieuwsblad. Wout Van Aert galt am Freitag beim Zeitfahren als einer der Favoriten. Kurz vor dem Ziel ist er aber schwer gestürzt. Het Laatste Nieuws findet: "So hätte seine Wunder-Tour nicht enden dürfen"...
Roger Pint