Die Verhandlungen des Präformators Di Rupo gerieten am Wochenende in eine aussichtslose Sackgasse. Di Rupo bot dem König seinen Rücktritt an, doch das Staatsoberhaupt forderte ihn auf, einen letzten Versuch zu unternehmen. Alle Zeitungen kommentieren heute die festgefahrene innenpolitische Lage.
Het Laatste Nieuws erinnert an das Ergebnis der Wahlen vom 13. Juni. Die Bevölkerung gab ein Signal. Ein großer Teil der Flamen und der Frankophonen zeigten, dass sie ein Ende der gemeinschaftspolitischen Probleme wollen. Der König hat sie verstanden. Er weiß auch, dass Di Rupos Mission nicht wegen des Inhalts seiner Vorschläge gescheitert ist, sondern weil es den Parteien an gegenseitigem Vertrauen fehlt.
Di Rupo trifft keine Schuld. Der Präformator tat sein Bestes und hat Vorschläge auf den Tisch gelegt, die ein großes Zugeständnis der Frankophonen beinhalteten. Niemand versteht, weshalb man jetzt das Wort des Präformators in Frage stellt. In seiner ganzen langen politischen Karriere hat Di Rupo niemals ein Versprechen gebrochen. Beim ihm ist ein Wort ein Wort. Die Verhaltensgestörten in der N-VA haben einige Phänomene am Rand von BHV wie die Ernennung von drei Bürgermeistern zum Symbol erhoben. Doch sie sind nicht in der Lage, auch der Gegenseite ein Symbol zu gönnen.
De Wever verpasst sein Rendezvous mit der Geschichte
De Morgen schiebt dem N-VA-Vorsitzenden De Wever die Schuld für den Vertrauensverlust zu. Er hat noch nicht den Charakter eines verantwortungsvollen politischen Führers. Er hält sich nicht an seine Versprechen und zerstört damit die weitere Zusammenarbeit mit anderen Parteien. Es fehlt ihm auch an politischem Mut, um einen ehrbaren Kompromiss abzuschließen.
Het Belang van Limburg erwartet eine Neuausgabe des Egmont-Pakts. Bart De Wever verpasst seine Verabredung mit der Geschichte. Für die schwererziehbaren Politiker der N-VA sind die Gegenleistungen der anderen niemals groß genug. Sie folgen einer Strategie der Verrottung, mit der sie beweisen wollen, dass Belgien unregierbar ist.
Konsens über Koexistenz
Le Soir fragt: Wie soll es weitergehen? Keine frankophone Partei ist bereit, noch mehr Zugeständnisse zu machen. Man muss sich an den Tisch setzen und im abgesprochenen Rahmen nach einem Konsens suchen. Das hat der König kühn verlangt.
La Libre Belgique würdigt die Arbeit des Präformators. Er hat alles getan, was politisch möglich war, doch für die N-VA ist es nicht genug. Sie beherrscht inzwischen die anderen flämischen Parteien. Es bleibt die Hoffnung einer Koexistenz von Wallonen, Flamen, Deutschsprachigen und Brüsselern in einem föderalisierten Belgien. Wenn die Flamen die Unabhängigkeit wollen, müssen sie wissen, dass das ohne Brüssel sein wird.
Die Parteien stellen sich schon auf Neuwahlen ein
Het Nieuwsblad erklärt: Es gibt nicht mehr viele Möglichkeiten. Entweder alle sprechen noch einmal mit dem König und verhandeln anschließend weiter über die Staatsreform, aber auch über die Sanierung des Staatshaushalts, die Organisation von Sicherheit und Justiz und die Zukunft der Pensionen, kurz: über den Erhalt der Wohlfahrt. Oder man beschuldigt sich gegenseitig und organisiert Neuwahlen. Diese werden zwar keine Lösung bringen, doch sie sind die logische Folge, wenn die Politiker keinen Ausweg mehr finden.
De Standaard meint ebenfalls: Wenn die Zeichen nicht trügen, haben sich die Parteien bereits auf die Möglichkeit von Neuwahlen eingestellt. Di Rupo griff die N-VA direkt an. De Wever ließ sich nicht mehr unter Druck setzen. Die CD&V hält zur N-VA. Groen! und SP.A wenden sich an jene Flamen, die keine Konfrontation zwischen den Gemeinschaften wollen. Das Wahlergebnis vom letzten Frühjahr bot nur solange einen Ausweg, wie Di Rupo und De Wever eine Vernunftehe schließen konnten. De Wever hat dieses Bündnis zerstört, indem er gegen vorherige Absprachen das Finanzierungsgesetz auf den Verhandlungstisch legte. Der König verweigerte den Rücktritt Di Rupos, doch die lebenswichtige Achse Di Rupo-De Wever ist zerstört. Wir sind der letzten Verhandlung über die belgische Scheidung einen Schritt näher gekommen.
Bild: belga