"Neuauflage der Schwedischen Koalition wird äußerst schwer", titelt De Standaard. "Politbarometer zeigt: N-VA ist nicht mehr unumgänglich auf föderaler Ebene", heißt es bei La Libre Belgique auf Seite eins.
Die beiden Zeitungen machen mit dem neuesten Politbarometer auf, das sie zusammen mit der VRT und der RTBF in Auftrag gegeben hatten. Das Barometer verzeichnet deutliche Stimmengewinne für die Grünen in allen drei Landesteilen. Die Parteien der so genannten Schwedischen Koalition, also MR, N-VA, CD&V und OpenVLD, verlieren dagegen in der Wählergunst.
Dazu kommentiert La Libre Belgique: Dieses Barometer ist noch nicht das Wahlergebnis. Erst 38 Prozent der Belgier wissen angeblich schon, wenn sie wählen wollen. Vieles kann sich also noch ändern. Doch als Tendenz zeichnet sich schon ab: Die Bildung von Regionalregierungen wird wohl relativ einfach werden. Zu deutlich bevorzugen die frankophonen Wähler eher linke Parteien, die flämischen Wähler eher rechte Parteien. Für die Bildung einer neuen Föderalregierung bedeutet das, dass es schwer werden wird. Denn jeder, der in einer Region regiert, möchte gerne auch die Landespolitik mitbestimmen, analysiert La Libre Belgique.
Regionalisierung geht auch ohne Grundgesetzänderung
De Standaard sieht das ähnlich und führt aus: Bei so klaren Verhältnissen, die sich durch die Wahlintentionen abzeichnen, wird deutlich: Die föderale Ebene wird immer mehr zum Problemfall. Den klaren Verhältnissen in den Regionen steht eine zermürbende Regierungsfindung auf föderaler Ebene entgegen. Die Regionalisierung des Landes schreitet dadurch immer weiter voran. Auch ohne Grundgesetzänderung, bemerkt De Standaard.
Het Nieuwsblad greift aus dem Politbarometer den Befund heraus, dass eine deutliche Mehrheit der Belgier sich dafür ausspricht, das Renteneinstiegsalter wieder auf 65 Jahre zu senken. Die Zeitung notiert: Selbst drei Viertel der Flamen sind gegen die Rente ab 67. Wer das nicht will, muss SP.A, PVDA oder Vlaams Belang wählen. Die stärkste Partei in Flandern allerdings, die N-VA, steht klar für die 67 Jahre. Sie hat auch allen Grund dazu. Denn fast alle Experten außerhalb der Politik raten dazu. Und da macht es dann auch nichts aus, dass bei einer breiten Mehrheit der Bevölkerung die Notwendigkeit dazu noch nicht eingesehen wird. Denn Politik gestalten heißt nicht immer, nur das zu machen, wofür es eine tragfähige Mehrheit gibt, sondern auch vorausschauend zu handeln. Genau das tun die Parteien, die das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre heraufgesetzt haben, meint Het Nieuwsblad.
Analyse ohne Wert
Zu einem anderen Aspekt der Wahlen schreibt De Morgen: Am Freitag wird das föderale Planbüro seine Analyse vorlegen, was die Versprechungen der einzelnen Parteien in ihren Wahlprogrammen kosten werden. Leider werden diese Ergebnisse keine neue Erkenntnisse bringen. Denn weil das Planbüro personell unterbesetzt ist, konnten nur fünf Versprechungen pro Partei analysiert werden. Und diese Versprechen durften die Parteien selbst angeben. Klar, dass da keiner die kostenintensiven Wahlversprechen angegeben hat. Von daher darf die Frage gestattet sein, wie sinnvoll das alles sein wird, was das Planbüro am Freitag veröffentlichen wird, kritisiert De Morgen.
Eine Entscheidung des belgischen Fußballverbandes sorgt gerade bei mehreren flämischen Zeitungen für Schlagzeilen. Die Klubs KV Mechelen und Waasland-Beveren wurden von einer Untersuchungskommission für schuldig befunden, ihr letztes Spiel der vergangenen Saison manipuliert zu haben. Die Mannschaften von Eupen und Mouscron, die ebenfalls im Verdacht der Spielemanipulation standen, wurden hingegen entlastet.
Het Laatste Nieuws stellt fest: Für die beiden Clubs Mechelen und Waasland-Beveren ist das natürlich ein harter Schlag. Zwar scheint klar, dass sie wahrscheinlich im Abstiegskampf versucht haben zu schummeln. Aber ob Eupen und Mouscron wirklich eine weiße Weste haben, darf weiterhin in Frage gestellt werden. Bei seiner "Operation Saubere Hände" ist der Verband zu weit gegangen oder nicht weit genug. Dass der belgische Fußballverband durch die Degradierung von zwei Clubs jetzt gesäubert ist, davon ist nicht auszugehen. Zum einen droht dem Ganzen noch ein langer juristischer Streit. Zum anderen ist es falsch, Verantwortlichkeit nur selektiv zu verteilen, findet Het Laatste Nieuws.
Schädlich für den belgischen Fußball
Gazet van Antwerpen bedauert: Welche Strafe die beiden Clubs bekommen sollen, ist noch nicht klar. Bis zum 30. Juni will sich der Verband Zeit lassen, eine Entscheidung zu treffen. Doch es ist zu befürchten, dass auch dann nichts geklärt sein wird. Dem belgischen Fußball drohen monatelang juristische Auseinandersetzungen zwischen den betroffenen Vereinen und dem Verband. Welchen Wert die Spiele dann haben werden, die in der Zwischenzeit auf dem Rasen stattfinden, wird fraglich bleiben. Das ist schädlich nicht nur für die Vereine, sondern auch für die Fans und den belgischen Fußball allgemein, weiß Gazet van Antwerpen.
Zur Wahl des neuen Präsidenten in der Ukraine stellt La Dernière Heure fest: Die Ukraine ist neben Israel das einzige Land in der Welt, das mit Wolodymyr Selenskyj jetzt einen jüdischen Präsidenten hat. Das ist bemerkenswert in einem Land, in dem es zahlreiche Judenverfolgungen gegeben hat und dessen Regierung von Russland als neonazistisch beschimpft wird. Die Wahl von Selenskyj ist die beste Antwort, die es auf so ein Vorwurf hätte geben können, glaubt La Dernière Heure.
Kay Wagner