"Benjamin Netanjahu gegen Benny Gantz: Spitzenduell in Israel", titelt La Libre Belgique. In Israel wird heute gewählt. Fokussiert hat sich der Wahlkampf auf das Duell zwischen zwei Männern. Auf der einen Seite Amtsinhaber Benjamin Netanjahu, der seit zehn Jahren ununterbrochen Ministerpräsident ist. Und auf der anderen Seite sein Herausforderer, der frühere Generalstabschef Benny Gantz. Dem Quereinsteiger werden gute Chancen ausgerechnet, mit seinem "blau-weißen"-Bündnis zur stärksten Kraft zu werden. Aber Le Soir sieht das offensichtlich anders: "Warum Netanjahu schon wieder Favorit ist", schreibt das Blatt auf Seite eins. De Morgen formuliert es offener, in Form einer Frage: "Krönt sich Netanjahu zum absoluten König von Israel?"
In seinem Leitartikel verbindet Le Soir nicht unbedingt viele Hoffnungen mit der israelischen Wahl. Zumindest nicht für die Palästinenser. Benjamin Netanjahu und seine Likud-Partei sind sehr nationalistisch eingestellt. Benny Gantz hingegen mag sich mehr im Zentrum positionieren. Doch selbst wenn er am Ende der große Wahlsieger sein sollte, dürfte es für ihn unheimlich schwer werden, in der von rechten, ultra-rechten und religiösen Parteien dominierten Knesset Koalitionspartner zu finden. Davon abgesehen: Die Palästinenser-Frage ist von den israelischen Radarschirmen ohnehin verschwunden. Fazit: Egal, wie die Wahl ausgeht, der Friedensprozess dürfte in der Folge wohl nicht wieder in Gang kommen.
Die Wurzeln des Hasses
Viele Zeitungen blicken auch heute noch nach Ruanda: "Michel erweist den belgischen Blauhelmen die Ehre", so die Schlagzeile auf Seite eins von De Tijd. L'Echo formuliert es etwas allgemeiner: "Gedenken an die Opfer des Völkermords", schreibt das Blatt. Nach der allgemeinen Gedenkfeier am Sonntag hat Premierminister Charles Michel gestern der belgischen Opfer gedacht, die in den Wirren des Völkermords in Ruanda ihr Leben verloren haben. Zunächst wurden die zehn belgischen Blauhelme geehrt, die gleich zu Beginn brutal ermordet wurden. Michel erinnerte aber auch an die zwölf belgischen Zivilisten, die zwischen April und Juni 1994 in Ruanda getötet wurden.
Der Völkermord von Ruanda macht bis heute fassungslos, meint L'Echo in seinem Kommentar. An dem unfassbaren Blutrausch trägt auch Belgien eine nicht unerhebliche Mitschuld. Die Wurzeln liegen schon in der Kolonialzeit, als die Belgier die ethnischen Unterschiede zwischen Hutus und Tutsis noch weiter herausgestellt hatten. Unter anderem wurde auch die Volkszugehörigkeit in den Pässen vermerkt. 50 Jahre nach dem Holocaust hat sich jedenfalls die Geschichte wiederholt. Und die Welt hat weggeschaut. Und das wird sich so lange wiederholen, wie gewisse Staaten andere Länder und andere Völker gierig wie ihr Eigentum betrachten, ihre Spielwiese.
Eine überfällige Entschuldigung
Auch das GrenzEcho erinnert an Belgiens dunkle Vergangenheit in Afrika: Charles Michel nannte in Kigali den Völkermord in Ruanda ein "abscheuliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit", an dem sich die internationale Gemeinschaft durch Wegschauen mitschuldig gemacht habe. Eine erste Entschuldigung hatte bereits im Jahr 2000 der damalige Premierminister Guy Verhofstadt präsentiert. Stellt sich aber die Frage: Warum entschuldigt sich Belgien nicht auch mal bei der Demokratischen Republik Kongo für die Unterdrückung, Folter, Verstümmelung und Tötung, die systematische Ausbeutung, die zum Tod von bis zu zehn Millionen Menschen im kolonialen Kongo geführt hatte? Diese Entschuldigung ist überfällig.
De Morgen übt seinerseits scharfe Kritik an der gestrigen Gedenkfeier in Kigali: Zwar wurde dabei endlich auch einmal an die zwölf belgischen Zivilisten erinnert. Doch hatte man schlichtweg vergessen, deren Angehörige zu der Zeremonie einzuladen. Ist das denn so schwer?, wettert die Zeitung. Es kann doch nicht so kompliziert sein, eine Liste der Kontaktdaten dieser Menschen zusammenzustellen. Das Ganze steht aber nur stellvertretend für den Umgang des Staates mit Opfern und deren Angehörigen. Auch die Opfer der Anschläge vom 22. März fühlen sich nach wie vor vom Staat im Stich gelassen. Alle Parteien wollen den Staat effizienter, schlanker, moderner machen. Er sollte erst einmal empathischer werden.
Das flämische Monster von Loch Ness
"Und plötzlich will niemand mehr eine Kilometermaut", so derweil die fast anklagende Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. In Flandern wird seit Jahren über die Einführung einer Kilometer-Abgabe diskutiert. Ziel wäre in erster Linie, die Straßen zu entstopfen. Der flämische N-VA-Mobilitätsminister Ben Weyts hatte die Einführung einer solchen Straßenmaut noch vor einigen Monaten als "unvermeidlich" bezeichnet. Sein Parteichef, der N-VA-Chef Bart De Wever, hat jetzt aber im Fernsehsender VTM der Einführung einer Kilometermaut plötzlich eine klare Absage erteilt. Het Nieuwsblad spricht denn auch von einem "Schleuderkurs, um sein Wahlkampffell zu retten".
Die intelligente Kilometermaut ist das Monster von Loch Ness der flämischen Politik, giftet Het Laatste Nieuws. Zehn Jahre sollten doch eigentlich reichen, um eine solche Maßnahme angemessen durchzudiskutieren, durchzurechnen und dann auch auf den Weg zu bringen. Pustekuchen! Zehn Jahre nach dem ersten Pilotprojekt wird jetzt die heiße Kartoffel mal wieder an die nächste Regierung weitergereicht. Die flämischen Parteien schlottern vor Angst, dem Wähler eine solche Maut aufzubrummen. Nach dem 26. Mai ist eine solche Maßnahme dann wahrscheinlich wieder "unvermeidlich".
Die N-VA hat wohl begriffen, dass die Kilometermaut eine politische Zeitbombe von Format war – und die durfte offensichtlich nicht vor den Wahlen explodieren, stichelt Het Belang van Limburg. Man wollte schließlich nicht, dass eine Abgabe nach einem N-VA-Politiker benannt wird: "Ben-Steuer" etwa, es gab ja auch schon die Turteltaks, benannt nach der OpenVLD-Politikerin Annemie Turtelboom. Aber wir erinnern uns: 2014 wollte auch niemand das Rentenalter erhöhen...
Roger Pint