"Belgiens Idee einer Flugsteuer überzeugt mehrere europäische Länder", titelt heute La Libre Belgique. Am Dienstag hatte Belgien anlässlich eines Ministerrates der europäischen Umweltminister eine andere Steuerpolitik für Flugreisen vorgeschlagen. Darunter eine Steuer auf Kerosin oder die Einführung einer Mehrwertsteuer auf Flugtickets.
Fliegen teurer und öffentlichen Nahverkehr günstiger machen
Einige Länder, darunter Schweden, die Niederlande, Luxemburg und Frankreich unterstützen die belgische Initiative. Andere Länder sind zumindest nicht dagegen. Dazu schreibt La Libre Belgique: Es ist richtig, dass der CO2-Ausstoß des Flugverkehrs nur zwei bis drei Prozent der weltweiten Emissionen ausmacht. Aber die Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima sind in den Protokollen von Kyoto und Paris nicht wirklich berücksichtigt worden. Das aktuelle System steht im Widerspruch zur Notwendigkeit, die Umweltverschmutzung durch fossile Energie zu reduzieren. Also was tun? Auf das Flugzeug verzichten? Nein.
Der schwindelerregende Fall der Flugpreise hat uns Flügel verliehen, hat uns ermöglicht, die Welt zu entdecken und den jungen Menschen erlaubt, anderswo zu studieren, in Europa oder auf anderen Kontinenten. Man kann allerdings nicht auf der einen Seite eine ambitionierte Klimapolitik einfordern und sich auf der anderen Seite den steuerlichen Instrumenten, die sie ermöglichen, widersetzen. Die Steuerpolitik darf allerdings nicht strafend sein: Die Staaten müssen massiv in den umweltfreundlicheren öffentlichen Nahverkehr investieren, um dessen Kosten zu senken. Eine Reise nach Südfrankreich muss mit dem Zug günstiger sein als mit dem Flugzeug, findet La Libre Belgique.
Europa ist eine Angelegenheit von uns allen
Das GrenzEcho kommentiert die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine Reform der Europäischen Union. Dazu schreibt die Zeitung: Drei große Themen sollen laut Macron den "Neubeginn in Europa" tragen: die "Verteidigung unserer Freiheit", der "Schutz unseres Kontinents" und schließlich die "'Rückkehr zum Geist des Fortschritts". Was Macron den Nationalisten in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten vorwirft, nämlich Abschottung, predigt er am Ende für Europa als Ganzes. Sein "Discours" unterscheidet sich nicht wesentlich von dem, was Trump unter seine "America First-Strategie" gepackt hat. So sollen zum Beispiel europäische Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden. Unternehmen, die Europas "strategische Interessen und unsere wesentlichen Werte untergraben", sollen hingegen bestraft oder verboten werden. Klingt populistisch: Offenheit geht anders, so das GrenzEcho.
Auch die Wirtschaftszeitung L'Echo ist von Macrons Vorschlägen nicht wirklich überzeugt. Die Strategie des französischen Präsidenten enthält einige Schwächen. Sie ist nicht ganz ohne wahlkämpferische Hintergedanken. Keine drei Monate vor der Europawahl will Macron den Wahlkampf als Entscheidungsspiel zwischen pro-europäischen Progressisten und populistischen Gegnern präsentieren. Eine für ihn vorteilhafte Position, in der er das Heil Europas gegenüber dem Chaos verkörpern will. Die Realität ist allerdings komplexer. Und die Vorgehensweise ist nicht ohne Widerspruch. Macron unterstreicht die Dringlichkeit einer Wiedergeburt Europas. Einige Antworten wie eine große Europa-Konferenz oder eine Überarbeitung der Verträge scheinen allerdings wenig konkret und nur langwierig umzusetzen.
Darüber hinaus muss man auch nach den Wahlen schauen, was von den guten Absichten übrigbleibt. Macron muss seinen schönen Worten auch Taten folgen lassen, was ihn in anderen Dossiers nicht immer gelungen ist. Er muss ganz Europa überzeugen und davon ist er weit entfernt. Europa ist mehr denn je notwendig. Europa muss ambitioniert sein. Es ist ein Projekt, das wieder begeistern muss. Europa ist allerdings nicht das Privileg eines französischen Präsidenten im Wahlkampf, sondern eine Angelegenheit von uns allen, gibt L'Echo zu bedenken.
Verstörendes Detail
Auch Le Soir beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit Europa und zwar mit einem möglichen Ausschluss der Fidesz-Partei von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban aus der EVP-Fraktion im Europaparlament. Seit seiner Rückkehr an die Macht in Ungarn 2010 und seiner Errichtung einer "illiberalen Demokratie" haben sich Orbans Werte immer weiter von denen der Christdemokraten und denen Europas generell entfernt. Aber ist es die EVP, die die Initiative zur Scheidung genommen hat, oder war es nicht vielmehr Orban selber? Mit seiner letzten Provokation, die Propaganda-Kampagne gegen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, scheint Orban seine Verbannung aus der größten politischen Familie Europas geradezu provoziert zu haben.
Das gestattet ihm, weiterhin das Opfer spielen zu können. Verstörendes Detail: Es war nicht die Kontrolle der Justiz, der Zentralbank, der Medien und der Universitäten, zusammengefasst die Untergrabung des Rechtsstaats und der Gewaltenteilung, die die EVP motiviert hat, eine Debatte über die Fidesz zu eröffnen. Es war auch nicht seine Weigerung einer europäischen Solidarität in der Flüchtlingspolitik. Nein, es musste einen direkten Angriff auf Jean-Claude Juncker, einen Glaubensbruder der EVP geben, kritisiert Le Soir.
Volker Krings