"Bürger von Europa, ich erlaube mir, mich direkt an Sie zu wenden", schreibt De Standaard auf Seite eins. "Ich würde gerne mit Ihnen zusammen an der europäischen Renaissance arbeiten", so die Schlagzeile von La Libre Belgique.
Beides sind Zitate aus einem Manifest von Emmanuel Macron, das der französische Präsident heute in zahlreichen europäischen Zeitungen veröffentlicht. Er gibt sich darin resolut pro-europäisch. "Macron ruft zum Handeln auf", notiert etwa Le Soir auf Seite eins. Dem französischen Präsidenten schwebt etwa unter anderem die Schaffung einer gemeinsamen Grenzpolizei für die Schengen-Zone vor. Auch sollte die gemeinsame europäische Verteidigungspolitik weiter gestärkt werden. Einige Kernsätze: "Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so nötig. Allerdings war Europa noch nie so in Gefahr". "Wir dürfen nicht die Schlafwandler eines geschwächten Europas sein".
Hübsche Sätze, die nicht jeden überzeugen
"Wer könnte so etwas nicht unterschreiben?", fragt La Libre Belgique rhetorisch in ihrem Leitartikel. Emmanuel Macron will dem europäischen Projekt frischen Atem einhauchen. Und er kommt mit konkreten und zugleich inspirierenden Ideen. Denn, in der Tat: Die Falle, in die die EU zu tappen droht, das ist das Status Quo. Es muss was passieren. Einzige Schwäche des Macron-Vorschlags: Der französische Präsident sagt nicht, über welchen Weg er seine Vorschläge zu verbreiten gedenkt. Konkret: Er braucht auf europäischer Ebene eine politische Partei.
Nicht ganz so lobende Worte in De Standaard. Viele schöne Worte braucht Macron in seinem Essay. Der Text trieft nur so vor Ambition und Ehrgeiz. Hübsche Sätze können aber schnell wie hohle Phrasen wirken. Über gemeinsame Sozialstandards spricht Macron etwa eher beiläufig. Hier besteht die Gefahr, dass Macron in erster Linie diejenigen anspricht, die schon überzeugt sind.
Das Fliegen teurer machen
Eben die EU, genauer gesagt die EU-Kommission, hat derweil gerade wieder Belgien an den Pranger gestellt. Der Grund steht auf Seite eins von Le Soir: "Klimapolitik – Belgien hinkt nach wie vor seinen Zielen hinterher". "Ohne zusätzliche Maßnahme werde Belgien seine Klimaschutzziele für 2020 und 2030 verfehlen", so der Vorwurf aus Brüssel.
"Belgien legt eine Flugsteuer auf den EU-Tisch", titelt unterdessen De Morgen. Heute kommen die EU-Umweltminister zusammen. Dabei will Belgien eine Vorreiterrolle übernehmen in der Frage, ob beziehungsweise inwieweit sich der Luftfahrtsektor am Klimaschutz beteiligen soll. In diesem Zusammenhang stehen etwa eine Kerosin-Steuer oder die Erhebung von Mehrwertsteuer auf Flugtickets im Raum. Belgien plädiert für einen anderen Weg: Demnach sollten pauschal zehn Euro auf innereuropäische Flüge erhoben werden. Für Ziele außerhalb der EU würden 20 Euro fällig.
Der Luftfahrtsektor muss einen Beitrag leisten, ist L'Echo überzeugt. Fliegen teurer zu machen, hätte zur Folge, dass das Wachstum dieser doch umweltschädigenden Branche gebremst würde. Und das würde dazu führen, dass die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Transportmitteln wieder etwas ausgeglichener würde. Zugegeben: Die Luftfahrt ist lediglich für drei Prozent des europäischen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Auf dem Weg in eine emissionsfreie Gesellschaft sollte aber jeder sein Quäntchen beitragen.
Volvo macht die Straßen sicherer
In einem ähnlichen Zusammenhang macht der Autobauer Volvo mit einer aufsehenerregenden Neuerung von sich reden. "Volvo macht den Bleifuß leichter", so formuliert es sinngemäß Gazet van Antwerpen. Als erster Autohersteller will Volvo ab 2020 alle seine Modelle drosseln. Demnach soll die Höchstgeschwindigkeit auf 180 km/h begrenzt werden.
"Richtig so!", meint dazu De Tijd. Ein Auto ist in erster Linie ein Fortbewegungsmittel. Und alle Faktoren, die aus diesem Auto eine tödliche Waffe machen können, sollten möglichst abgestellt werden. Volvo gibt mit seinem mutigen Schritt ein Beispiel dafür, was echte gesellschaftliche Verantwortung ist. Der eine oder andere Macho wird sich jetzt womöglich nach einem anderen Flitzer umsehen und Volvos womöglich als "Opa-Kutschen" abtun. In den meisten Ländern kann man aber ohnehin nicht 180 fahren. Eine Maßnahme wie die von Volvo macht die Straßen sicherer. Hoffentlich folgen andere diesem Beispiel.
Kurze Ära des "gemeinschaftspolitischen Friedens"?
Le Soir beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit der Innenpolitik, insbesondere mit der N-VA. Über das Verhalten der Nationalistenpartei kann man sich nur wundern. Die Partei legt inhaltlich einen Schleuderkurs hin. Erst stand allein die Unabhängigkeit Flanderns im Mittelpunkt, dann war es eine sozio-ökonomische Reformagenda, dann war es die Migration und jetzt ist es der so genannte "Öko-Realismus". Das mag auch daran liegen, dass man die Menschen derzeit mit einer rein nationalistischen Agenda nicht erreicht. Was wir jetzt erleben, das ist also eine Ära des "gemeinschaftspolitischen Friedens". Wir sollten diese Zeit nutzen, wohlwissend, dass solche Wetterberuhigungen erfahrungsgemäß nur von kurzer Dauer sind.
De Morgen schließlich beschäftigt sich mit den neuen Vorwürfen gegen die Umweltschutzorganisation WWF. Einen Pressebericht zufolge greift der WWF auf paramilitärische Einheiten zurück, um Wilderer zu bekämpfen. Und diese Leute schrecken offensichtlich vor nichts zurück. "Waterboarding, um Nashörner zu retten", so fasst es Het Laatste Nieuws drastisch zusammen. "Der Zweck heiligt nicht die Mittel", mahnt aber De Morgen. Es ist nachvollziehbar, dass Umweltschützer aus der Verzweiflung heraus zu drastischen Mitteln greifen, um bedrohte Tierarten zu schützen. Das macht die Sache aber nicht akzeptabel. Eine Organisation wie der WWF muss wissen, dass "Auge um Auge, Zahn um Zahn" keine Lösung ist.
Roger Pinti