Die Gespräche im Vorfeld der Regierungsbildung und die dabei zum Teil heftig diskutierten Themen sorgen heute in fast allen Tageszeitungen erneut für Stoff auf Titelseiten und in Leitartikeln.
Gespannte Atmosphäre im Vorfeld der Regierungsbildung
La Libre Belgique meint, dass die N-VA von Bart De Wever ihre Forderungen immer weiter ausdehne. Jetzt würden die flämischen Nationalisten auch eine Regionalisierung der Einkommenssteuer verlangen. Die aber würden die französischsprachigen Unterhändler bei den Gesprächen im Vorfeld der Regierungsbildung ablehnen. PS und N-VA würden sich deshalb auch mit gezückten Messern gegenüberstehen.
Am vergangenen Samstag hatten sich die sieben an den Gesprächen unter der Leitung von Elio Di Rupo beteiligten Parteichefs wieder am Verhandlungstisch eingefunden, nachdem zuvor König Albert mit eigenen Sondierungsgesprächen für eine kleine Verschnaufpause gesorgt hatte.
Bei diesem Treffen sei es zu einem bislang einzigartigen Zwischenfall gekommen. N-VA-Pateichef De Wever und PS Spitzenpolitikerin Laurette Onkelinx seien dabei mit ihren unterschiedlichen Auffassungen frontal aufeinander geprallt. Im Mittelpunkt der verbal wohl sehr heftig ausgefochtenen Meinungsverschiedenheit stand u.a. die Frage zur Zukunft der Region Brüssel Hauptstadt. Gestern ist nach Angaben von La Libre Belgique dann vornehmlich über das Finanzierungsgesetz für Regionen und Gemeinschaften diskutiert worden.
Auch De Morgen hat die Gespräche im Vorfeld der Regierungsbildung auf der Titelseite und schreibt, dass die Französischsprachigen wegen der Forderung nach mehr steuerlicher Autonomie verärgert seien. Die französischsprachigen Parteien am Verhandlungstisch fänden es inakzeptabel, dass die flämischen Unterhändler, allen voran die N-VA, die Regionalisierung der Einkommenssteuer zum Thema gemacht hätten. Unmut aber auch auf flämischer Seite: Dort habe man es Elio Di Rupo übel genommen, dass er gestern an den Gesprächen über die Zukunft des Finanzierungsgesetzes nicht teilgenommen hat. Wenn man im Lager der französischsprachigen Verhandlungsteilnehmer so erbost über die flämische Forderung nach mehr Steuerautonomie für die Gliedstaaten im Land reagiere, dann liege das wohl auch daran, dass die Französischsprachigen fürchten, dass es hierdurch zur Konkurrenz zwischen den Gliedstaaten kommt und Flandern sich auf Kosten von Brüssel und der Wallonie bereichern könnte.
Heute stehe indes ein weiterer Zankapfel im Mittelpunkt der Gespräche. Elio Di Rupo, so notiert De Morgen, wolle Entscheidungen zur Zukunft des Wahlbezirks von Brüssel-Halle-Vilvoorde herbeiführen. In Anbetracht der jetzt doch gespannten Atmosphäre unter den Vertretern der sieben an den Diskussionen beteiligten Parteien dürfte das nicht leicht sein, meint das Blatt.
De Standaard hat dann auch dieses heikle Thema auf der Titelseite und fragt sich, ob Brüssel-Halle-Vilvoorde denn nun tatsächlich endlich gespalten werde. Di Rupo habe einen Vorschlag für ein entsprechendes Abkommen, Garantie für einen Erfolg sei dies aber noch nicht. Im Leitartikel meint De Standaard zu den derzeit laufenden Gesprächen unter Leitung von Elio Di Rupo, dass auf dem Verhandlungstisch jetzt Pakete mit Befugnisübertragungen geschnürt worden seien, deren Inhalte bis vor Kurzem noch völlig tabu waren. Dennoch würde nichts garantieren, dass die anstehende Regierungsbildung ein Erfolg werde. Wer schlussendlich Gewinner, wer Verlierer wird stehe nicht fest. Mit fortschreitender Zeit kämen auch neue Überraschungen. Autonomie und gewachsene Verantwortungen seien kein Ende, sondern eher ein Anfang. Was die neuen Hebel, die man schaffen wolle, bringen würden, hänge vor allem davon ab, wer an ihnen sitze.
Für Le Soir hat man bei den Verhandlungen, die Elio Di Rupo derzeit führt, am Wochenende auf der Stelle getreten. Gleichzeitig sorge die N-VA mit immer neuen Forderungen für Zweifel an den Erfolgsaussichten von Elio Di Rupo. Immer neue Forderungen der flämischen Nationalisten würden, so schreibt die Brüsseler Tageszeitung, von einigen Verhandlungsteilnehmern dahingehend gedeutet, dass die Partei von Bart De Wever die Latte möglichst hoch legen wolle, wohl wissend, dass nicht alles was verlangt werde, auch erfüllt werden können. Andere wiederum glaubten, dass es sich um eine Taktik von Bart De Wever handele, um die Verhandlungen versanden zu lassen und die Schuld hierfür den Französischsprachigen geben zu können.
Het Laatste Nieuws meint im Leitartikel, dass die derzeit laufenden Arbeiten unter Führung von Elio Di Rupo wohl eher den Charakter eines schlechten Films, der nicht enden wolle, hätten. Nach 70 Tagen würden die Diskussionen zwar bei Kernfragen angelangt sein, doch führe die Angst der Französischsprachigen, den Einsatz zu erhöhen, dazu, dass eine nüchterne und sachliche Diskussion schwer oder sogar sehr schwer sei. Es werde höchste Zeit zu wirklichen Ergebnissen zu kommen, kommentiert das Blatt.
In Brüssel täglich 250 Führerscheine eingezogen
Ein ganz anderes Thema schließlich bei La Derniere Heure heute auf der Titelseite. Diese Zeitung notiert, dass in Brüssel täglich gut 250 Führerscheine wegen Verkehrsdelikten eingezogen würden. Das Blatt bemerkt hierzu, dass ein Fahrverbot für Verkehrssünder noch Jahre nach dem entsprechenden Vergehen verhängt werden kann.