"Einer von fünf Belgiern hat Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen", titelt Het Laatste Nieuws. Das geht aus den neuesten Zahlen des nationalen Statistikamtes Statbel hervor. Heißt also: 20 Prozent der Bürger schaffen es kaum, allein die laufenden Kosten eines Monats zu bezahlen. Für darüberhinausgehende Ausgaben gibt es so gut wie keinen Spielraum. Beispiel: Ein Viertel der Bevölkerung kann sich einen einwöchigen Urlaub nicht leisten.
"Der Fiskus will weg vom Papier", so derweil die Aufmachergeschichte von L'Echo und De Tijd. Der Generaldirektor des Finanzministeriums, Hans D'Hondt, verspricht im Gespräch mit beiden Wirtschaftszeitungen eine schnellere digitale Revolution. Bis 2025 sollen demnach alle Steuerpflichtigen ihre Steuererklärung elektronisch einreichen. Bislang sind es immerhin noch 600.000 Belgier, die an dem berühmten "braunen Umschlag" festhalten und ihre Steuererklärung auf Papier einreichen.
Apropos Steuern: "Die SP.A nimmt den Steuervorteil für Pensionssparer ins Visier", berichtet Het Nieuwsblad am Dienstag auf Seite eins. Bis zu einem gewissen Höchstbetrag kommt das sogenannte Pensionssparen ja in den Genuss von Steuererleichterungen. Für die flämischen Sozialisten sollte dieser Vorteil beschnitten werden. Mit dem Geld könnten dann die Mindestpensionen um 300 Euro auf dann 1.500 Euro pro Monat angehoben werden, so die Idee der SP.A.
Unverdauliche Lasagne
"Das machtvolle Comeback des Regionalismus", diese Schlagzeile liest man derweil auf Seite eins von Le Soir. Der wallonische Regionalminister Jean-Luc Crucke plädiert für das Ende der Französischen Gemeinschaft. Diese Forderung ist längst nicht neu: Immer wieder hört man auf frankophoner Seite die Forderung nach einer Vereinfachung der institutionellen Landschaft. Diesmal ist es also der frankophone Liberale Jean-Luc Crucke, der eine vollständige Übertragung der Zuständigkeiten von der Französischen Gemeinschaft an die jeweiligen Regionen in den Raum stellt, sprich an die Wallonie beziehungsweise Brüssel.
"Und warum nicht?", fragt Le Soir in seinem Kommentar. Wer ehrlich ist, der muss doch zugeben, dass die "institutionelle Lasagne" im südlichen Landesteil oft ziemlich unverdaulich ist. Ob die Regionalisierung der Zuständigkeiten der Französischen Gemeinschaft oder vielleicht auch der Provinzen jetzt ein Patentrezept ist, das sei dahingestellt. Darüber nachzudenken, das sollte aber erlaubt sein. Und hier sollten bitte alle die eigenen strategischen Interessen einmal außen vor lassen. Man träumt von einem politischen Personal, das dazu in der Lage ist, ernsthaft über unsere institutionelle Landschaft zu diskutieren und dabei ausschließlich im Interesse der Bürger an die Effizienz zu denken. Muss das wirklich ein Traum bleiben?
Klimaschutz hat seinen Preis
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch am Dienstag mit den Herausforderungen in Sachen Klimaschutz. Die verschiedenen Klimaschutzkundgebungen haben ja in den letzten Tagen und Wochen den Druck auf die Politik erhöht. Die Politik weiß nicht mit den Protesten insbesondere der Schüler umzugehen, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Selbst diejenigen, die dem Engagement der Jugendlichen prinzipiell wohlwollend gegenüberstehen, klingen immer noch hoffnungslos paternalistisch, großväterlich; nach dem Motto: Wir haben Euch gehört, wir fühlen uns auch angesprochen, aber Ihr müsst verstehen, dass das alles kompliziert ist und Zeit braucht. Es wäre aber tragisch, wenn die Schülerdemos letztlich im System versanden würden. Denn auf der Straße haben wir eine Generation gesehen, die noch an die Politik glaubt. Mit der Betonung auf "noch".
Het Laatste Nieuws fordert derweil die Grünen auf, Farbe zu bekennen. Groen wird derzeit schlafend reich. Die Partei kann auf der Welle der Klimaschutzdemos genüsslich surfen. Und die Grünen-Spitzenleute sehen darin auch die Bestätigung dafür, dass eine entschlossene Klimaschutzpolitik jetzt auch über den nötigen Rückhalt in der Bevölkerung verfügt. Das allerdings mag man bezweifeln: Das Klima rettet man nicht mit einigen Kinderreimen, die auf einer Demo geträllert werden. Groen sollte den Mut haben, den Menschen reinen Wein einzuschenken. Denn eines ist sicher: Klimaschutz hat seinen Preis. Und irgendwer wird dafür bezahlen müssen.
Der Inami-Nummern-Krieg geht in die nächste Runde
Im frankophonen Landesteil sorgt derweil die föderale Gesundheitsministerin Maggie De Block für regelrechten Aufruhr: Die OpenVLD-Ministerin hat der Französischen Gemeinschaft unverhohlen damit gedroht, den Krieg um die sogenannten Inami-Nummern in eine neue Runde gehen zu lassen. Das Problem: Die Frankophonen haben zu viele Studienanwärter zum Medizinstudium zugelassen. Weil das so ist, droht De Block damit, das Kontingent an Ärztezulassungen im frankophonen Landesteil wieder einzuschränken. Die Frankophonen machen unter anderem geltend, dass unverhältnismäßig viele Franzosen an frankophonen Universitäten in Belgien Medizin studieren, was die große Zahl der Studenten erkläre.
La Libre Belgique übt scharfe Kritik an Maggie De Block: Die flämische Ministerin weigert sich beharrlich, die spezifischen Herausforderungen im frankophonen Landesteil anzuerkennen. Der akute Ärztemangel etwa kann eindeutig durch Zahlen belegt werden. Aber wir sind ja im Wahlkampf. Da macht es sich gut, wenn man die Frankophonen mal wieder als lax und verantwortungslos hinstellt. Zugegeben: Es ist bestimmt nicht alles perfekt. Grobe Karikaturen machen aber eigentlich nur den lächerlich, der sie ausspricht.
L'Avenir hingegen empfiehlt, sich auch mal die eigene Nase zu fassen: Man muss doch zugeben, dass die Frankophonen in dieser leidigen Geschichte längst nicht immer fair gespielt haben. Den Numerus clausus hat man versucht, mit allen Mitteln zu sabotieren. Und wenn es knallt, dann ist es doch so viel einfacher, der flämischen Aufsichtsministerin die ganze Schuld in die Schuhe zu schieben. Ganz nebenbei werden da aber leider Tausende Studenten als Geiseln genommen.
Roger Pint