"Zugreisende weiterhin unzufrieden mit der SNCB", titelt Het Nieuwsblad. "Pünktlichkeit der SNCB soll um zehn Prozent steigen", zitiert De Morgen in seiner Schlagzeile Bahnchefin Sophie Dutordoir.
Die Jahresbilanz 2018 der Bahn und die darin enthaltene Information, dass die Pünktlichkeit der Züge abgenommen hat, greifen einige Zeitungen auch in ihren Leitartikeln auf. Die Wirtschaftszeitung De Tijd notiert: Mehr als die Hälfte der Züge hat Verspätung. Und selbst nach den Kriterien der SNCB, die von "Verspätung" erst dann spricht, wenn ein Zug mehr als fünf Minuten zu spät fährt, fällt die Bilanz schlecht aus. Demnach fahren 87 Prozent der Züge pünktlich – vorgegebenes Ziel sind aber 92 Prozent. Die Bahnchefin fand am Mittwoch im Parlament viele Entschuldigungen dafür. Sie gelobte aber auch Besserung: Sie will jetzt eine Studie anfertigen lassen von externen Experten. Ja, richtig, eine Studie. Eine solche hat es schon 2011 gegeben. Bewirkt hat sie nichts. Gleiches ist jetzt zu befürchten. Eine externe Studie ist für Dutordoir eine ausgezeichnete Entschuldigung, um Zeit zu gewinnen. Hat sie denn selbst keine Ideen? Aus der Verantwortung kann sie sich so jedenfalls nicht ziehen, kritisiert De Tijd.
La Libre Belgique schimpft: Die immer schlechter werdenden Leistungen der Bahn sind nicht nur bedauerlich, sondern die Bahn macht sich dadurch auch daran mitschuldig, dass viele Bürger weiter am Auto als Fortbewegungsmittel festhalten. Solange die Schiene nicht zuverlässig ist, Schnelligkeit bietet und auch Komfort, wird sie keine wirkliche Alternative zum Auto sein. Japan macht vor, wie es anders geht: Die Pünktlichkeit der Züge ist dort heilig. Die Bahn entschuldigt sich in Japan öffentlich, wenn ein Zug mal 25 Sekunden zu früh fährt. Davon kann sich die SNCB eine Scheibe abschneiden, wünscht sich La Libre Belgique.
Generalstreik und Wahlkampf
Zum angekündigten Generalstreik kommentiert das GrenzEcho: In Belgien soll nichts mehr gehen am 13. Februar. Man kann die Arbeitnehmer und die Gewerkschaften verstehen. Denn auch, wenn die jüngst veröffentlichten Oxfam-Zahlen zur Verteilung des Reichtums kritisiert oder gar infrage gestellt werden können: In der Tendenz stimmen sie. Wenn davon die Rede ist, dass das Vermögen der Reichen um mehr als zehn Prozent in einem Jahr wächst und die arbeitende Bevölkerung sich mit inflationsbereinigten 0,8 Prozent Lohnzuwachs in zwei Jahren begnügen muss, kann man Volkes Unmut verstehen, zeigt sich das GrenzEcho solidarisch.
Het Belang van Limburg findet: Es ist interessant, dass es gerade jetzt zum Streit um den Lohn kommt. Und es sieht so aus, dass die Gewerkschaften da große Geschütze auffahren. Denn auch die Beamten, die von der aktuellen Diskussion gar nicht betroffen sind, sollen am 13. Februar mitstreiken. Und bald sind ja Wahlen. Die Chancen stehen gut, dass bis dahin keine Entscheidung getroffen wird. Vielmehr ist zu erwarten, dass jede Partei jetzt versuchen wird, das beste Angebot für die Unzufriedenen zu machen, um sich dadurch Stimmen im Mai zu sichern, orakelt Het Belang van Limburg.
Zu den Themen im Wahlkampf analysiert De Standaard: Im Dezember noch sah es so aus, als ob Migration das große Wahlkampfthema werden würde. Die Regierung war an diesem Thema ja gerade zerbrochen, die N-VA hatte ihr Profil dahingehend geschärft. Jetzt gibt es den Skandal um die humanitären Visa, bei dem die N-VA viel einstecken muss. Gleichzeitig bringen die Gewerkschaften das Thema Lohngerechtigkeit auf den Tisch und demonstrieren Schüler heute nun schon das dritte Mal für das Klima – ein Thema, das offensichtlich auch viele Menschen bewegt. Es bleibt ein offenes Rennen, welches Thema wirklich entscheidend für den Wahlausgang wird, schlussfolgert De Standaard.
Von wegen "farblos"
Zum Klimaprotest der Schüler jubelt L'Avenir: Mensch, tut das gut! Dass man diese Schüler jetzt für das Klima auf der Straße demonstrieren sieht. Diese Generation, die als so farblos galt, so verhätschelt von Mama und Papa, aufgewachsen in einer Wohlstandsgesellschaft. Und wie erschreckend ist es, zu sehen, von wem die Schüler jetzt alles für ihren Protest kritisiert werden. Vor allem die Äußerungen einiger Schuldirektoren sind unverständlich: Sie verbieten ihren Schülern, mitzudemonstrieren, weil sie ja sonst acht Stunden Unterricht verpassen würden. Wie unpädagogisch kann es nur sein, Schülern zu verbieten, sich an der demokratischen Debatte unserer Gesellschaft zu beteiligen wegen acht Stunden Unterrichts, wettert L'Avenir.
Besser kleine Schritte zu einem großen Ziel
Le Soir kommt auf den neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag zurück, den Angela Merkel und Emmanuel Macron am Dienstag in Aachen unterzeichnet haben und führt aus: Eine europäische Armee soll jetzt also kommen. Dieses Vorhaben ist nicht neu, hat bislang aber nie funktioniert und wird auch in naher Zukunft nicht umzusetzen sein. Denn das Militär ist traditionell ein Eckpfeiler der Nationalstaaten. Kaum eine Regierung wird die Hoheit über ihr Militär so schnell aus der Hand geben. Stattdessen sollte man zunächst mit kleinen Schritten beginnen: überall die gleichen Waffen, mehr gemeinsame Manöver, bessere Absprachen. Kleine Schritte zu einem großen Ziel, fordert Le Soir.
Kay Wagner