"Die Demonstration der Gelbwesten läuft aus dem Ruder: Chaos in Brüssel", titelt La Dernière Heure. "74 Gelbwesten vorläufig festgenommen", so die Schlagzeile bei Het Laatste Nieuws. Nachdem der ungeordnete Protest der Gelbwesten in Brüssel gestern friedlich begonnen hatte, kam es am frühen Nachmittag zu Ausschreitungen mit der Polizei. Diese setzte Wasserwerfer und Tränengas ein und nahm mehrere Demonstranten fest.
Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Es war naiv von den Gelbwesten zu glauben, dass ihr Protest nicht von Randalierern unterwandert würde. Die Gewalt schadet der Bewegung. Sie diskreditiert die Gelbwesten und ihre Anliegen. Es ist gut, dass die Politik unterscheidet zwischen den Randalierern und den Gelbwesten. Denn die Gründe, warum die Gelbwesten auf die Straße gehen, sollte die Politik tatsächlich ernst nehmen. Die Geschichte hat gezeigt, dass es fast immer zu Gewalt führt, wenn die Kluft zwischen arm und reich in einer Gesellschaft zu groß wird. In Belgien vergrößert sich diese Kluft immer mehr. Noch ist Zeit für die Politik, darauf mit angemessenen Maßnahmen zu reagieren, mahnt Het Laatste Nieuws.
Zwei Proteste – ein Anliegen
L'Avenir hält fest: Gestern waren es rund 300 Gelbwesten, die ihren Unmut auf den Straßen von Brüssel lauthals bekundet haben. Am Sonntag werden 30.000 in Brüssel erwartet, um die Politiker dazu aufzufordern, ein paar Gänge höher zu schalten zur Rettung des Klimas. Viele sehen in den Forderungen der beiden Proteste einen Gegensatz. Weil die einen billigeren Treibstoff für ihre Autos fordern, die anderen gegen die Abgase aus diesen Autos protestieren. Doch diese Gegenüberstellung ist falsch. Letztlich geht es beiden um das Gleiche. Nämlich um einen radikalen Paradigmenwechsel für unsere Gesellschaft, damit das Leben wieder lebenswert wird, notiert L'Avenir.
L'Echo sieht das genauso: Gelb- und Grünwesten, das ist nur äußerlich ein Gegensatz. Beide fordern bessere Lebensumstände und beide sind auch bereit, Opfer dafür zu bringen. Zum Beispiel das Licht öfters abzuschalten, das Fahrrad zu benutzen, mehr Abfall zu recyceln. Wenn sie im Gegenzug dafür effiziente politische Maßnahmen zur Verwirklichung ihrer Forderungen bekommen, ist sich L'Echo sicher.
Le Soir kommentiert zur Klimademonstration am Sonntag: Dass für das Klima wahrscheinlich mehrere zehntausend Menschen in Brüssel zusammenkommen, ist ein Zeichen dafür, dass die Politik versagt hat. Auf ganzer Linie. Sie ist dafür verantwortlich, dass es unserem Planeten so schlecht geht. Trotz vieler Warnungen wurden nie wirklich wirksame Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung und die Zerstörung unserer Biodiversität getroffen. Deshalb bereitet es uns große Bauchschmerzen, wenn wir hören, dass Politiker am Sonntag auch bei dem Protest dabei sein wollen. Ist das Zynismus? Die Demonstranten erwarten das nicht. Vielmehr würden sie sich freuen, wenn die Politiker endlich anfangen würden, zusammen mit ihnen tatkräftig die Rettung von Natur und Klima anzugehen, weiß Le Soir.
Merkels Panne als Symbol
De Tijd meint zum G20-Gipfel in Buenos Aires: Es ist mehr als symbolisch, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen eines Zwischenfalls später auf dem Treffen eintraf. Merkel steht ja quasi für den Multilateralismus, doch von Multilateralismus ist auf diesem G20-Gipfel nicht mehr viel übrig. Vielmehr ist dieses Treffen der Staats- und Regierungschefs der 20 wirtschaftlich mächtigsten Länder zu einer Plattform von Konflikten geworden, von Bilateralismus und der Rückbesinnung auf den eigenen Staat, bedauert De Tijd.
Genauso sieht es das GrenzEcho: Was Angela Merkel auf den Weg zum G20-Gipfel passierte und dass der Gipfel ausgerechnet im Schwellenland Argentinien stattfindet, das unter den Folgen der globalisierten Geldströme leidet, ist symptomatisch für den Zustand der Weltwirtschaft. So ist von Buenos Aires ohne Spesen kaum etwas zu erwarten. Denn bei so vielen Baustellen, die die Gipfelteilnehmer zu einem Slalomlauf um die Probleme zwingt, die man in unterschiedlichen Konstellationen miteinander hat, ist kaum davon auszugehen, dass dieser Gipfel mehr hervorbringen wird als die vorherigen, nämlich nichts Zählbares, beklagt das GrenzEcho.
OpenVLD kann mit jedem
In Gent sind die Koalitionsverhandlungen nach den Gemeinderatswahlen abgeschlossen. Der liberale Wahlsieger Mathias De Clercq kann neuer Bürgermeister werden, gestützt auf eine Koalition mit Groen, SP.A und CD&V. Het Nieuwsblad erinnert: Vor den Wahlen hatte die Vorsitzende der OpenVLD, Gwendolyn Rutten, das Ziel ausgegeben, vier blaue Bürgermeister in wichtigen Städten zu stellen. Jetzt hat sie vier. Mechelen, Kortrijk, Ostende und eben Gent. Dazu sind die Liberalen in mehreren anderen Städten an der Regierung beteiligt. Auffällig ist dabei, wie vielfältig die Konstellationen sind, an denen die Liberalen beteiligt sind. In Gent mit Groen, SP.A und CD&V, mit Groen, CD&V und N-VA in Ostende, mit SP.A und N-VA vielleicht in Antwerpen, und mit Groen in Mechelen. Wer mit so vielen Partnern kann, zeigt, dass er wirklich im Zentrum steht. Frage ist, was das für die Zukunft für die OpenVLD bedeutet, zeigt sich Het Nieuwsblad gespannt.
Kay Wagner