"Proteste der Gilets Jaunes werden immer grimmiger", titelt Gazet van Antwerpen. "Eine Strategie gegen die Gewalt", heißt es auf der Titelseite von L'Avenir.
Seit Tagen halten die Proteste der sogenannten Gelbwesten nun schon an.
Die Proteste gegen hohe Treibstoffpreise begannen in Frankreich und schwappten dann nach Belgien über. Dabei kam es teilweise zu gewalttätigen Ausschreitungen – sowohl in Frankreich als auch in Belgien wurden dabei unter anderem Journalisten angegriffen.
L'Avenir schlägt deshalb eine Brücke von diesen Attacken zum Populismus: "Was steckt wirklich hinter dieser Revolte der Gelbwesten?", fragt die Zeitung. Offiziell ist es die Erhöhung der Kraftstoffpreise. Aber die Angriffe auf Journalisten zeigen, dass einige Demonstranten grundsätzlich gegen die gesellschaftliche Ordnung sind.
Aber zurück zu den Benzin- und Dieselpreisen: Die Preise steigen aus zwei Gründen. Erstens, weil Rohöl auf dem Weltmarkt teurer wird. Und zweitens aus Gründen des Umweltschutzes. Dass der Klimawandel menschgemacht ist, wird mittlerweile von fast niemandem mehr angezweifelt. Aber die Gilets Jaunes akzeptieren die Konsequenzen daraus nicht. Warum ich und nicht die anderen?, fragen sie sich. Und das ist der übliche Reflex, stellt L'Avenir fest.
Öfter mal "dafür", anstatt immer nur "dagegen"
La Libre Belgique hebt die Unterschiede der Bewegung der Gilets Jaunes in Frankreich und in Belgien hervor: In unserem Nachbarland, wo die Bewegung entstanden ist, geht sie auf eine alte gesellschaftliche und geografische Spaltung zurück: Auf der einen Seite sind die entlegenen Dörfer und auf der anderen die Ballungszentren, auf der einen Seite die Verlierer der Globalisierung und auf der anderen die Gewinner. Diese Spaltung ist real und die Bewegung darf deshalb nicht ignoriert werden. Es ist zwar so, dass die grüne Politik, die die Gilets Jaunes bekämpfen, die Zukunft unseres Planeten garantiert, aber grüne Politik muss auch sozial sein.
In Belgien jedoch ist die Situation eine andere. Die große Armut konzentriert sich bei uns in den Städten. Der Protest der Gilets Jaunes hat kein präzises Ziel. Es geht nur darum, "dagegen" zu sein. Dabei sollten wir viel öfter "für" etwas sein. Zum Beispiel am 2. Dezember, wenn in Brüssel für den Klimaschutz auf die Straße gegangen wird, wünscht sich La Libre Belgique.
Der Klimaschutz steht auch im Fokus des Leitartikels des GrenzEchos. Die Zeitung fragt sich, ob die grundsätzliche Kritik am Dieselmotor berechtigt ist. Sicher, man darf die Umweltbelastung durch unsere heutige PKW-Flotte und andere Umweltvergehen nicht verniedlichen.
Aber wir dürfen auch nicht die gravierenden Umweltsünden anderer Antriebsquellen und Technologien ignorieren. Das vermeintlich ach so umweltfreundliche Elektroauto etwa schleppt eine mehrere hundert Kilo schwere Erbsünde mit sich mit: Die Herstellung der Batterie eines Tesla verursacht 17 Millionen Tonnen CO2. Das ist drei Mal so viel wie bei einem mittelgroßen "Umweltsünder" mit Dieselantrieb, weiß das GrenzEcho.
Europas Pflicht
Het Nieuwsblad analysiert den Streit innerhalb der Föderalregierung um den UN-Migrationspakt: Für Premierminister Charles Michel geht es dabei international um Ansehen. Auf nationaler Ebene geht es ihm darum, zu zeigen, dass er nicht von der N-VA an der Leine geführt wird. Aber das ist die Strategie.
Schauen wir uns den Text doch einmal wirklich an: Das größte Problem ist eigentlich, dass er zu früh kommt. Zwar basieren die Länder, die traditionell Ziel von Migration sind, ihre Philosophie zur Einwanderung auf hohen Idealen und den Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg, dennoch gehen sie dabei pragmatisch vor: Sie verteidigen das grundsätzliche Recht auf Asyl und akzeptieren doch die Existenz von elenden Auffanglagern in Libyen, die Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa aufhalten sollen. Aber dieses Modell steht wegen neuer Migrationswellen und sinkender Unterstützung in den Zielländern auf der Kippe. Und die Suche nach einem Ersatz-Modell hat eigentlich noch gar nicht begonnen.
Die Orbáns dieser Welt wollen überhaupt keine Migration und scheren sich nicht um die Menschenrechte. Europa hat die Pflicht, eine bessere Antwort zu finden, aber so weit sind wir noch nicht, bedauert Het Nieuwsblad.
Tabulos in die Zukunft schauen
De Standaard kommentiert heute die angekündigte Umstrukturierung bei IKEA: Das Geschäftsmodell des schwedischen Möbelhauses hat seine beste Zeit hinter sich. Und diese Feststellung kommt nicht von Experten und Beobachtern, sondern von IKEA selbst.
Bisher stehen die Möbelhäuser am Rand der Städte und sind auf Kunden ausgerichtet, die mit dem Auto kommen. Aber unser Leben verändert sich: Autos sind immer verpönter, die Städte werden kompakter, wir lassen uns alles nach Hause liefern, es gibt immer mehr Einpersonenhaushalte und unsere Freizeit ist uns zu kostbar, um sie in Geschäften zu verbringen. IKEA möchte nicht abwarten, sondern handeln, um auch in 20 Jahren noch seine Daseinsberechtigung zu haben. Deshalb hat das Unternehmen nun angekündigt, weltweit 7.500 Stellen zu streichen. Rund hundert davon in Belgien.
IKEA braucht das Geld, um neue Initiativen zu starten. Das Unternehmen betont, dass es außerdem 11.500 neue Stellen schaffen möchte. Bald soll es mehr kleinere IKEA-Geschäfte in den Innenstädten geben und es soll mehr online verkauft werden. Das IKEA-Management ist bereit, tabulos in die Zukunft zu schauen, so De Standaard.
Peter Eßer