"Migrationspakt bedroht die Regierung", titelt Het Nieuwsblad. "Michel ist bereit für die Krise mit der N-VA", so der Aufmacher von Le Soir. "Michel unterschreibt UN-Pakt", berichtet De Standaard auf seiner Titelseite.
Der Streit zwischen Premierminister Charles Michel (MR) und der N-VA über die Unterzeichnung des Migrationspakts der Vereinten Nationen im Dezember in Marrakesch beschäftigt die Zeitungen auch in ihren Leitartikeln.
Le Soir notiert: Belgien muss diesen Migrationspakt unterzeichnen. Da hat Charles Michel vollkommen Recht. Und das nicht nur wegen des Inhalts, der die volle Unterstützung Belgiens verdient. Sondern auch wegen der Vorgeschichte:
Im September hatte Michel auf der UN-Vollversammlung den Migrationspakt als Meilenstein gepriesen. Damals hatte die N-VA nichts gesagt. Jetzt, wo es ums Unterzeichnen geht, will die N-VA die Unterschrift Belgiens verhindern. Es wäre ein vollkommener Gesichtsverlust für Michel, wenn er sich dem Diktat der N-VA beugen würde, meint Le Soir.
De Tijd wundert sich: Warum gibt es eigentlich einen so großen Streit über einen Text, der rechtlich gar nicht bindend ist? Wahrscheinlich, weil es um Prinzipien geht für beide Seiten. Michel, der seine grundlegende Offenheit demonstrieren will; die N-VA, die gerade mit Blick auf den Vlaams Belang eine harte Linie in Sachen Migrationspolitik vertreten will.
Außerdem hat es in der Vergangenheit schon Beispiele gegeben, dass ein rechtlich nicht bindender Text dann doch vor Gericht dazu geführt hat, dass ein Staat zu etwas gezwungen wird. Ein Ausweg könnte ein zusätzlicher Text sein, der den Migrationspakt ergänzt. Darin könnte klar geschrieben sein, dass der Pakt wirklich nie rechtlich bindend sein wird und alle praktischen Details von jedem einzelnen Staat national entschieden werden, schlägt De Tijd vor.
De Standaard sieht in einem solchen Zusatzpapier ebenfalls eine mögliche Lösung, schreibt aber auch: Am besten wäre es, wenn sich alle EU-Staaten auf das Verfassen eines solchen Zusatzschreibens einigen würden. Doch dazu wird es nicht mehr kommen. Denn Macron und Merkel haben schon ganz deutlich ihre Unterstützung für den Pakt geäußert – ohne Wenn und Aber.
Belgien droht jetzt ein Gesichtsverlust, wenn es mit der Forderung nach einem Zusatzschreiben kommt. Innenpolitisch sieht es nach der schwersten Krise der aktuellen Regierungskoalition aus, analysiert De Standaard.
Der "kleine Nachbar" ist plötzlich wichtig
L'Avenir kommentiert zum Staatsbesuch von Emmanuel Macron in Belgien: Der Tag gestern war geprägt von Bekenntnissen der gegenseitigen Freundschaft und der gemeinsamen Interessen. Doch ist das wirklich so? Wenn es um Interessen geht, schaut Frankreich doch eigentlich lieber Richtung Deutschland, Großbritannien, USA und Co. Nicht auf das kleine Belgien.
Doch in Zeiten, in denen es kaum noch andere Partner gibt, die ähnliche Interessen wie Frankreich verfolgen, ist der kleine Nachbar plötzlich wichtig, um eine Bestätigung seiner eigenen Werte zu bekommen. Und wenn das noch bei königlichem Glanz passiert, ist das natürlich ein bisschen schillernder, als wenn sich Macron und Michel ihre Gemeinsamkeiten in einem tristen EU-Gebäude versichern, ätzt L'Avenir.
Geld macht verrückt und asozial
L'Echo schreibt zur Festnahme des Chefs von Renault-Nissan-Mitsubishi, Carlos Ghosn, in Japan: Die Frage wird sein, ob das Unternehmensbündnis jetzt noch weiterbestehen kann. Ghosn ist der Vater dieses Zusammenschlusses von französischem Staatsbetrieb mit japanischen Autoriesen. Es ist davon auszugehen, dass die Japaner mehr Macht bekommen wollen. Zu viele Entscheidungen wurden in der Vergangenheit in Paris getroffen, erinnert L'Echo.
La Libre Belgique fragt ungläubig: Wie kann es sein, dass ein Mann, der eine Million Euro im Monat verdient, Steuern hinterzogen und sich persönlich bereichert haben soll? Geld macht halt einfach verrückt und lässt Menschen asozial werden. Denn anders kann man so ein Verhalten nicht bezeichnen.
Der Staat muss wegen solcher Leute nämlich sein Geld bei den einfachen Bürgern holen. Durch Steuern. Die steigen auch deshalb immer mehr, weil viele Reiche den Hals nicht voll genug bekommen, schimpft La Libre Belgique.
"Lebe wohl, Fred!"
Das GrenzEcho würdigt in seinem Kommentar Eupens Ehrenbürgermeister Fred Evers. Der 83-Jährige war am Wochenende nach längerer Krankheit gestorben. Das GrenzEcho schreibt: Mit dem Tod von Fred Evers schlägt auch die Deutschsprachige Gemeinschaft ein Kapitel zu. Fred Evers war dabei, als die Grundlagen der Autonomie in den 1970er-Jahren gelegt wurden.
Fred Evers war ein Politiker der alten Schule, einer, der das Wählervotum als Auftrag verstand. Und diesen Auftrag mit Leben erfüllte: mit Verantwortung gegenüber sich selbst und dem Wähler.
Jetzt hat Fred Evers die Bühne des Lebens verlassen. Es bleibt die Erinnerung an einen Mann mit vielen Ecken und Kanten. Man kann der Person und ihrem Wirken kritisch gegenüberstehen. Respekt und Anerkennung verlangen beide. Lebe wohl, Fred!, schließt das GrenzEcho.
kw/jp