"Die Justiz verlangt von Albert II., dass er sich einem Vaterschaftstest unterzieht", schreibt La Libre Belgique auf ihrer Titelseite. "Jacques Boël ist nicht der Vater von Delphine", titelt Le Soir. "Delphine treibt König in die Enge", so die Schlagzeile bei Het Laatste Nieuws.
Ein Berufungsgericht in Brüssel hat den ehemaligen König Albert II. dazu verpflichtet, einen Vaterschaftstest machen zu lassen. Dadurch soll geklärt werden, ob er der leibliche Vater der heute 50-jährigen Künstlerin Delphine Boël ist. Diese behauptet seit Jahren, dass Albert II. ihr Vater sei.
Le Soir meint: Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn Albert II. schon vor langer Zeit einen DNA-Test hätte machen lassen. Ein für alle Mal hätten wir dann gewusst, ob er der Vater von Delphine Boël ist, oder nicht. Falls ja, dann hätte man alles regeln können, was in so einem Fall zu regeln ist: das Finanzielle, das Familiäre, das Protokollarische. Die Öffentlichkeit hätte gewusst, dass der Ex-König eine uneheliche Tochter hat. Alles wäre nicht so verletzend, erniedrigend und schädlich für die beiden Seiten gewesen, wie es jetzt ist, wo eine Tochter und ein König alle rechtlichen Mittel ausreizen, um eine Vaterschaft nachzuweisen oder abzuschmettern, bedauert Le Soir.
Auch der Ex-König muss sich dem Rechtsstaat unterwerfen
Gazet van Antwerpen ist sich sicher: Delphine Boël hat ein Recht darauf zu erfahren, wer ihr biologischer Vater ist. Niemand kann verstehen, warum sich Albert II. so darin verrennt, alles abzustreiten. Er hätte viel früher alles zugeben können. In den Augen des Volkes hätte er wohl auch kaum an Ansehen eingebüßt. Aber selbst wenn jetzt per Gericht entschieden wird, dass Albert II. der leibliche Vater von Delphine ist: Einen richtigen Vater wird Delphine nicht mehr bekommen, stellt Gazet van Antwerpen fest.
Het Laatste Nieuws schimpft: Die Vaterschaft von Delphine Boël ist alles andere als eine private Angelegenheit. Hier geht es um Staatsräson, denn Albert II. ist jahrelang König aller Belgier gewesen und bekommt heute eine Rente, die 80 Mal höher ist als die Durchschnittsrente eines 84-Jährigen. Das hat jetzt auch nichts mit moralischer Überheblichkeit zu tun. Aber wenn Albert noch ein bisschen die Eier hat, die ihn zeitlebens angetrieben und auch außerhalb des Ehebetts geführt haben, dann soll er sein Kind einfach anerkennen, poltert Het Laatste Nieuws.
De Morgen ist sich sicher: Diese Affäre wird das Bild von Albert II. trüben, dessen Regentschaft wegen seiner Menschlichkeit und Umsichtigkeit in politischen Dingen eigentlich in guter Erinnerung geblieben ist. In modernen Demokratien ist eine Monarchie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Und das Beispiel von Albert II. zeigt, wie schwer sich die Monarchen selbst damit tun, das zu erkennen. Ein König kann heutzutage nicht mehr alles machen. Auch er muss sich dem Rechtsstaat unterwerfen, erinnert De Morgen.
Machen wir uns nichts vor
Zu den Kongresswahlen in den USA kommentiert La Libre Belgique: Die Medien machen aus dieser Abstimmung ein Referendum über Donald Trump und die künftige Identität Amerikas. Aber es ist nicht sicher, ob die Wähler das genauso sehen. Diese Wahlen werden von ihnen meist unter einem lokalen Aspekt gesehen: Sie wählen den Abgeordneten und Senator, den sie am ehesten dafür geeignet halten, die Interessen ihres Wahlbezirks und ihres Bundestaates zu vertreten. Die große, nationale Politik spielt für sie eine untergeordnete Rolle, weiß La Libre Belgique.
L'Avenir meint: Machen wir uns nichts vor. Der Ausgang dieser Wahlen wird nichts ändern. Höchstens, dass Trump noch weiter gestärkt wird. Denn diesem Präsidenten wäre es auch egal, wenn er gegen einen Kongress regieren müsste, der von den Demokraten dominiert wird. Einige seiner politischen Vorhaben würden dann sicherlich blockiert, aber das würde Trump nicht aufhalten. Er wird unbeirrt weiter seinen Weg gehen. Wahrscheinlich bis zu seiner Wiederwahl in zwei Jahren, prophezeit L'Avenir.
Die Implosion der politischen Mitte
Auch L'Echo fragt eher rhetorisch: Wäre ein Repräsentantenhaus, das von den Demokraten dominiert wird, wirklich eine Katastrophe für Trump? Der Gesetzgebungsprozess wäre dann wahrscheinlich noch stärker blockiert, als er jetzt schon ist. Wenn der Senat auch noch demokratisch würde, was allerdings wenig wahrscheinlich ist, würde das Regieren von Trump noch schwerer werden. Aber auch dann hätte er immer noch die Möglichkeit, einige seiner Vorhaben per Dekret durchzusetzen. So, wie das übrigens auch Obama gemacht hat, analysiert L'Echo.
Die Schwesterzeitung De Tijd befürchtet: Diese Wahlen werden die Spaltung des Landes weiter vorantreiben. Denn die Opposition zum rechtspopulistischen Trump hat den Effekt, dass die Demokraten sich immer weiter nach links orientieren. Deshalb ist es eigentlich egal, wie die Ergebnisse ausfallen werden. Es wird immer schwieriger werden, eine gemeinsame Basis für politische Verständigung zu finden. Auch das macht diese Midterm-Wahlen so historisch. Eben nicht nur wegen des Präsidenten, der gerade an der Macht ist. Sondern auch wegen der politischen Mitte, die bei diesen Wahlen völlig implodieren wird, beklagt De Tijd.
Kay Wagner