"Was für ein Trümmerhaufen", titelt Het Laatste Nieuws. "Komplettes Chaos", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Die Wunde eitert weiter", so die Schlagzeile von De Morgen.
Der Skandal im belgischen Fußball nimmt immer größere Ausmaße an. Insgesamt waren bei der Razzia am Mittwoch 33 Personen festgenommen worden: Spielervermittler, aktive beziehungsweise ehemalige Club-Manager und sogar zwei Schiedsrichter. Gegen acht von ihnen wurde inzwischen Haftbefehl erlassen, insgesamt 17 Personen gelten als Beschuldigte.
"Die große Enthüllung", so fasst es Le Soir auf seiner Titelseite zusammen. "Der belgische Fußball ächzt unter der Operation 'Saubere Hände'", stellt De Standaard fest. Die sogenannte "Footbelgate"-Affäre umfasst ja zwei große Kapitel: Auf der einen Seite geht es um Schwarzgeldzahlungen, Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Unter anderem die zwei mächtigen Spielervermittler Mogi Bayat und Dejan Veljkovic sollen Konstruktionen errichtet haben, die es erlaubten, Teile von Zahlungen für Spielertransfers am Fiskus vorbei zu schleusen. De Standaard versucht zu rekonstruieren, "wie Veljkovic und Bayat den Fiskus ins Abseits stellten".
"Unglaublich dumm"
Das zweite Kapitel betrifft mutmaßliche Spielmanipulationen. Im Fokus steht der Abstiegskampf in der letzten Saison: KV Mechelen und die AS Eupen kämpften damals um den Klassenerhalt, bekanntlich blieb Eupen am Ende in der 1. Division. Der üble Verdacht in Form einer Frage auf der Titelseite des GrenzEchos: "Floss Geld für den Abstieg der AS Eupen?" Bei mindestens zwei Begegnungen soll "nachgeholfen" worden sein, um das Ergebnis zu beeinflussen. Beteiligt waren womöglich die beiden festgenommenen Schiedsrichter der Partien.
Für L'Avenir besteht indes kein Zweifel mehr: "Sie wollten dafür sorgen, dass Eupen absteigt". Zu sehen sind der Spielervermittler Veljkovic und der Schiedsrichter Bart Vertenten. Er und auch sein Kollege Sébastien Delferière wurden vom Verband suspendiert und werden womöglich nie mehr ein Spiel pfeifen. "Unglaublich dumm", schreibt dazu Het Laatste Nieuws. "Wie kann es sein, dass die beiden 'Golden Boys' der belgischen Schiedsrichtergilde sich auf so etwas eingelassen haben?", fragen sich unter anderem Kollegen.
Und auch für den KV Mechelen kann das Ganze dramatische Konsequenzen haben: "Die Zukunft des KV Mechelen hängt am seidenen Faden", titelt besorgt Gazet van Antwerpen. Im schlimmsten Fall droht der Zwangsabstieg, vielleicht sogar der Ausschluss aus dem Verband.
2018 hätte ein so schönes Jahr werden können, ärgert sich Het Belang van Limburg. Vielleicht das schönste in der Geschichte des belgischen Fußballs. Man denke nur an die tollen Leistungen der Roten Teufel bei der letzten WM. Und jetzt das! Ein Riesenskandal, in dessen Zentrum zwei Spielervermittler stehen, die sich jahrelang für unantastbar hielten. Sie haben den belgischen Fußball in den Abgrund gerissen und haben dabei auch Schiedsrichter, Club-Manager und Trainer mitgenommen.
In dieser Geschichte sehen wir die Summe aller Entgleisungen des Profifußballs, konstatiert auch Le Soir: Schwarzgeldzahlungen, Geldwäsche, Korruption, Mehrwertsteuerbetrug, Spielmanipulation, das Ganze im Rahmen einer kriminellen Vereinigung – das volle Programm. Je näher man hinschaut, desto weniger meint man, seinen Augen trauen zu können. Am schlimmsten sind wohl die Verdachtsmomente gegen die beiden Schiedsrichter. Für die Glaubwürdigkeit des Fußballs ist das einfach nur desaströs. Zum Glück gibt es Polizei und Justiz, die diesen Sumpf jetzt trockenlegen wollen.
Empörung ... bis zum nächsten Traumtor
La Dernière Heure sieht das ähnlich: Der belgische Fußball ist diskreditiert. Wieder einmal, muss man aber leider sagen. Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass Spiele verschoben wurden. Und wir alle waren offensichtlich so naiv, zu glauben, dass solche Praktiken jetzt endgültig der Vergangenheit angehörten. Die Realität ist grausam.
Und doch ist die Begeisterung ungebrochen, meint resigniert De Morgen. Die Liste der Skandale ist kilometerlang. Das fängt ganz oben an, mit Namen bei den korrupten Verbänden wie der FIFA oder UEFA. Viel zu viel Geld ist im Spiel. Und der belgische Fußball wurde von den weltweiten Entwicklungen nicht verschont. Wir, die Fußballfans, schauen nur verdattert zu. Bei jedem neuen Skandal ist die Empörung groß. Die dauert aber nur bis zum nächsten Traumtor von Eden Hazard.
Auch Het Laatste Nieuws befasst sich mit dem Schein und dem Sein des Profisports: Fußball kann so schön sein. Bis man sich genauer mit dem Milieu beschäftigt. Dann begreift man sehr schnell, dass es in dieser Welt verdammt viele Figuren und Situationen gibt, die, sagen wir mal, "dubios" sind. Die Verbände sollten ein großes Interesse daran haben, auf allen Ebenen aufzuräumen, insbesondere der Transfermarkt braucht endlich klare Regeln. Vergleichbar ein bisschen mit dem "biologischen Pass" im Radsport.
Auch Het Nieuwsblad zieht eine solche Parallele: Die illegalen Geldströme im Fußball sind vergleichbar mit dem Doping im Radsport. Man scheint dem Problem nicht beikommen zu können, es gehört irgendwie dazu, aber wir nehmen das offensichtlich hin.
Börsen-Talfahrt und Wahlpflicht-Frust
Bei alledem gibt es kaum noch Platz für andere Themen in den Zeitungen. "Es rollt eine Verkaufswelle über die Börsen", so etwa die Aufmachergeschichte von De Tijd. Seit einigen Tagen schon sind die Börsen auf Talfahrt. Auf der Titelseite von L'Echo prangt eine Zahl: "Minus fünf Prozent seit Montag". Gemeint ist der Bel20-Index. Hintergrund sind unter anderem die steigenden Zinsen in den USA. Aber auch die Handelskriege von Präsident Donald Trump, wie beide Wirtschaftszeitungen in ihren Leitartikeln unterstreichen. Trumps scharfe Angriffe auf die US-Notenbank greifen in jedem Fall zu kurz.
Einige Blätter blicken dann doch noch auf die Kommunalwahlen vom kommenden Sonntag. "Man hört sie schon wieder", meint La Libre Belgique: all die Leute, die an diesem Wochenende lieber einen Tag wegfahren würden, als wählen zu gehen. Und die sich jetzt wieder lauthals über die Wahlpflicht beschweren. Das sind dieselben Leute, die bei erster Gelegenheit krakeelen, dass ihre Meinung nicht berücksichtigt wird, dass Politiker ja ohnehin machen, was sie wollen. Als Beweis werden dann gerne die jüngsten Politskandale angeführt. Die Lösung lautet: Wählen gehen, nicht weil man es muss, sondern weil man seine Stimme Frauen und Männern geben sollte, die für Projekte, Werte und Überzeugungen stehen.
Roger Pint