"Stromausfall auch Anfang 2019 möglich", warnt das GrenzEcho auf Seite eins. "Belgier zahlen 17 Prozent mehr für ihre Stromrechnung, als ihre Nachbarn", so die Schlagzeile von La Dernière Heure. Und auch Het Nieuwsblad titelt: "Strom bei uns 245 Euro teurer, als im Ausland".
La Libre Belgique kommentiert: Das Gespenst des "Failed State", des gescheiterten Staats, macht mal wieder die Runde in Belgien. Sowie vor gut zwei Jahren, als zunächst die Terroranschläge und dann die Reformen unseres Staatsgefüges dieses Schlagwort in die Welt setzen. Jetzt ist es also die Energieversorgung. Im November droht Belgien sich wieder lächerlich zu machen in den Augen der Welt.
Züge, die abends zur Stoßzeit nicht fahren, weil es nicht genug Strom für sie gibt. Chaos bei Pendlern, das sich daraus ergibt. Ganze Stadtviertel, die kein Licht einschalten können. Keine Herdplatte, keine Heizung. Und das, obwohl die Belgier viel mehr Geld für ihre Energie zahlen müssen, als wo anderswo. So ein Szenario würde den Ruf unseres Landes schädigen. Und auch die Glaubwürdigkeit unserer Politiker, befürchtet La Libre Belgique.
Privatisierung nicht der Königsweg
Zu den heutigen Streiks bei der irischen Billigfluggesellschaft Ryanair und den Beamten in Belgien schreibt Le Soir: Die Arbeitsniederlegung bei Ryanair ist das Ergebnis der Privatisierung, die lange Zeit auch von der EU-Kommission gefordert wurde. Erst durch die Liberalisierung des Luftfahrtsektors konnten solche Geschäftsmodelle wie Ryanair entstehen, in dem der Kunde fast nichts zahlt, die Beschäftigten aber auch unter fast unwürdigen Arbeitsbedingungen arbeiten müssen.
Bei der TEC, in der Wallonie droht jetzt etwas Ähnliches. Hier sind Regierung und Gewerkschaften uneins über die Art und Weise, wie der öffentliche Transport besser organisiert werden soll. Die Regierung droht, die TEC zu privatisieren. Dann könnten auch dort Methoden wie bei Ryanair Einzug halten. Es liegt an den Politikern, den Chefs der öffentlichen Unternehmen und den Gewerkschaften im Süden des Landes, das zu vermeiden, fürchtet Le Soir.
L'Avenir meint zum heutigen Beamtenstreik: "Dass sich auch die liberale Gewerkschaft daran beteiligt, zeigt, dass es tatsächlich knirscht zwischen Föderalregierung und den Beamten. Denn eigentlich sind die liberalen Gewerkschafter ja nahe bei der Politik, die die rechtsliberale Regierung führt. Doch die ersatzlose Streichung der 21 Tage Krankschreibung, die bei Nichtnutzung nicht verfallen und letztlich oft zu einem großzügigen Zusatzurlaub führen, geht allen Gewerkschaften zu weit. Es fehlt augenscheinlich an Dialog. Der ist wichtig, damit beide Seiten aus dem Streit ohne Gesichtsverlust herausgehen können, findet L'Avenir.
Politiker vs. Bürger in Sachen Migranten
"Migranten in Flandern: Bürger urteilen positiver als ihre Politiker", titelt De Morgen zu einer Umfrage, die die Universitäten Löwen und Gent in Flandern durchgeführt haben. Dazu kommentiert die Zeitung: Die meisten Menschen scheinen also kein Problem zu haben mit den Flüchtlingen, die zu uns kommen. Die Bürger fühlen sich durch die Neuankömmlinge nicht bedroht. Mit diesem Gefühl sind sie näher an den objektiven Zahlen als einige Politiker.
Frage deshalb: Warum ist der politische Diskurs trotzdem so scharf? Wahrscheinlich, weil es um Profilierung geht. Die N-VA will sich vom Vlaams Belang abgrenzen, die Grünen von der kommunistischen PTB. Der Sache gerecht wird das nicht, bedauert De Morgen.
High-School-Komödien vs. bittere Realität
De Standaard beschäftigt sich mit der Affäre um Brett Kavanaugh in den USA. Kavanaugh ist Kandidat für das Oberste amerikanische Gericht und wird von US-Präsident Trump unterstützt. Mehrere Frauen werfen Kavanaugh vor, sie in seiner Jugend sexuell bedrängt zu haben. De Standaard führt aus: Gestern hat die Psychologie-Professorin Christine Ford von einer Party erzählt, in der Kavanaugh sie als 17-Jähriger stark betrunken sexuell genötigt habe.
Der ganze Streit offenbart ein sehr interessantes Phänomen in den USA. Auf der einen Seite gibt es diese typischen amerikanischen Teenie-High-School-Komödien, bei denen jeder Blödsinn, jeder Alkoholrausch sowie sexuelle Anspielungen und Taten großen Publikumserfolg garantieren. Auf der anderen Seite wird jetzt dem Richterkandidaten genau so ein Verhalten vorgeworfen. Es ist gut, dass über die Scheinheiligkeit dieses Phänomens in den USA jetzt diskutiert wird, hält De Standaard fest.
Het Laatste Nieuws notiert: Die Affäre wirft die Frage auf, ob jemand sein Leben lang für etwas gestraft werden darf, was er einmal als Teenager gemacht hat. Darf ein 19-Jähriger, der betrunken am Steuer einen tödlichen Unfall verursacht hat, noch Justizminister werden? Eine Antwort geben wir nicht. Aber gerade für junge Menschen in einer Zeit, wo jeglicher Exzess in sozialen Medien geteilt und damit quasi verewigt wird, sollte die Affäre in den USA eine Warnung sein, so Het Laatste Nieuws.
Kurz vor neuer Euro-Krise?
De Tijd kommentiert zu der Haushaltsdebatte in Italien: Die neue Regierung macht ernst mit ihrer Ankündigung, eine höhere Neuverschuldung in Kauf zu nehmen, obwohl die EU-Kommission sie davor gewarnt hat. Dadurch droht eine neue Krise für den Euro-Raum, zumal der italienische Bankensektor ziemlich marode ist. Wieder tritt zu Tage, dass bei der Gründung des Euro-Raums Konstruktionsfehler gemacht wurden.
Die Griechenland-Krise war das beste Beispiel dafür. Als Macron im vergangenen Jahr über eine Reform des Systems bei der EU sprechen wollte, fand er dafür kein Gehör. Aber wie bitter man Konstruktionsfehler bezahlt, hat der Brückeneinsturz in Genua in diesem Sommer brutal vor Augen geführt, sorgt sich De Tijd.
Kay Wagner