"Risiko der Stromknappheit: Ministerin Marghem klagt Electrabel an", titelt La Libre Belgique. "Strom: Marghem weist jegliche Verantwortung von sich", so die Schlagzeile von Le Soir. Und De Standaard hält fest: "Noch kein Licht in der Finsternis".
Die föderale Energieministerin Marie-Christine Marghem hat gestern Nachmittag bestätigt, dass im November der Strom in Belgien knapp werden könnte. Nach Plänen des Energiekonzerns Engie Electrabel soll dann nur einer von sieben belgischen Kernreaktoren am Netz sein. Marghem sagte, dass sie davon nichts gewusst habe. Engie Electrabel habe sie nicht informiert.
Le Soir erinnert: 2014 hatten wir eine ähnliche Situation. Auch damals gab es die Befürchtung, dass in einigen Teilen des Landes kein Strom mehr vorhanden sein könnte wegen Strommangels. Spätestens seit 2014 ist das Problem also bekannt. Doch was hat die Ministerin seitdem getan? Was hat die Regierung Michel getan? Eine Antwort suchen wir vergeblich. Ist die Energieversorgung besser als damals? Genau das Gegenteil ist der Fall. Nichts wurde getan. Und das liegt auch daran, dass es zur Zukunft der Atomenergie keine klare Politik gibt. Belgien und seine Bürger haben Besseres verdient als diese Nicht-Politik, der sie jetzt schon so viele Jahre lang ausgesetzt sind, schimpft Le Soir.
Stromschlag für Regierung Michel
La Libre Belgique notiert: Drei Lehren sind aus der aktuellen Situation zu ziehen. Erstens: Es ist falsch, was man oft von der Kernenergie sagt. Nämlich, dass sie die Energieversorgung sicherstellt. Wir erleben gerade das Gegenteil. Zweitens: Der angebliche politische Wille, den Austritt aus der Kernenergie zu vollziehen, ist nur vorgespielt. Die aktuelle Regierung hat nichts getan, um den Ausstieg 2025 tatsächlich zu ermöglichen. Drittens: Ja, die Energiewende wird Geld kosten. Aber ist das nicht besser als die aktuelle Situation mit ihrer kompletten Unsicherheit?, fragt rhetorisch La Libre Belgique.
De Standaard hält fest: Energieministerin Marghem hatte noch am Anfang des Monats beschlossen, dass Gaswerke als strategische Reserve in diesem Winter nicht nötig seien. Engie Electrabel hatte ihr dazu geraten. Die Kombination von chronischer Misswirtschaft und dieser falschen Einschätzung ist Marghem jetzt zum Verhängnis geworden. Die Schuld für dieses Versagen ist allerdings kollektiv. Alle Parteien, die seit 2003 auf föderaler Ebene an der Macht waren, tragen Verantwortung. Denn seit 2003 gilt der Beschluss, die Atomkraftwerke abzuschalten. Eigentlich schon seit 2015. Die Verbraucher müssen jetzt ausbaden, dass die Politik seit 2003 beim Thema Kernenergie chronisch versagt hat, poltert De Standaard.
Het Laatste Nieuws bemerkt: Es ist eigentlich sinnlos, dass die Regierung noch darüber diskutiert, in welchem Jahr sie die Kernreaktoren abschalten will. Sie schalten sich ja selbst ab, einer nach dem anderen. Sechs von sieben stehen schon still. Man sollte beinahe hoffen, dass auch der siebte Reaktor das bald tut. Das wäre quasi ein Stromschlag für die beschlussunfähige Regierung Michel, ätzt Het Laatste Nieuws.
Wallonische Landwirtschaft muss langfristiger denken
L'Avenir schreibt zur Afrikanischen Schweinepest in der Provinz Luxemburg. Die Notschlachtung der Hausschweine, die Landwirtschaftsminister Denis Ducarme per Dekret beschlossen hat, ist einerseits richtig. Es muss Vorsorge getroffen werden, damit sich die Schweinepest nicht auf den Schweinefleischsektor ausbreitet. Doch muss man sich auch um die betroffenen Züchter kümmern. Ihre Sorge vor der Maßnahme macht deutlich, wie anfällig die wallonische Landwirtschaft immer noch ist. Ein Zwischenfall, und schon steht die Existenz vieler Landwirte auf dem Spiel. Es muss dringend daran gearbeitet werden, das zu ändern. Die wallonische Landwirtschaft muss langfristig nachhaltig werden, fordert L'Avenir.
Bourgeois I mit positiver Bilanz
De Tijd kommentiert zur gestrigen Regierungserklärung des flämischen Ministerpräsidenten Geert Bourgeois, bei der er auch den Haushalt für das kommende Jahr präsentierte: Es war sehr beeindruckend, was Bourgeois da als Ergebnis der Regierungsarbeit vorstellen konnte. Mit Sicherheit geht es Flandern besser als noch vor vier Jahren, als die Regierung ihre Amtszeit begann: mehr Jobs und weniger Arbeitslose. Mehr Start-ups und weniger Pleiten. Noch nie so viel Geld für das allgemeine Wohlergehen, noch nie so wenige Verkehrstote. Mehr Geld für Forschung und Entwicklung. Weniger Beamte und so weiter. Die Regierung Bourgeois I war sicher nicht die spektakulärste in der flämischen Geschichte, aber sicher eine der effizientesten, findet De Tijd.
Gazet van Antwerpen meint zum gleichen Thema: Die Rede von Bourgeois war alles andere als mitreißend. Ziemlich spröde trug er Fakten und Zahlen vor, die allerdings meist gut klangen. Und festzuhalten bleibt auch: Bourgeois redete über konkrete Beschlüsse und Maßnahmen. Anders als das andere Politiker bei anderen Themen machen. Stichwort: Stromversorgung. Da warf der Genter Bürgermeister Daniel Termont der Regierung Untätigkeit beim Thema AKW vor. N-VA-Chef Bart De Wever konterte und sagte: Sonne und Wind würden das Problem auch nicht lösen. Das ist schön gebellt, aber Politik wird letztlich an Taten gemessen. Da punktete gestern Bourgeois, resümiert Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner