"Börsengang von Belfius verschoben in der Hoffnung auf bessere Tage", titelt die Wirtschaftszeitung L'Écho. "Ohne Arco-Deal in die Wahlen – Ohrfeige für CD&V", schreibt De Morgen auf Seite eins.
Der Aufschub des geplanten Börsengangs von Belfius durch die Föderalregierung ist das beherrschende Thema für die Leitartikler. L'Écho wertet die Entscheidung als "weise" und erklärt die komplizierten Hintergründe: Durch den Absturz von Dexia, der Vorgänger-Bank von Belfius, in der Finanzkrise vor zehn Jahren, hatten die Mitglieder von Arco viel Geld verloren. Zur flämischen Arbeiterbewegung Arco gehören viele CD&V-Wähler. Deshalb hatte die Regierung Leterme damals den Arco-Mitgliedern auch versprochen, ihnen eine Entschädigung für das verlorene Geld zu bezahlen. Die aktuelle Regierung hat an diesem Versprechen festgehalten, weil die CD&V das so wollte. Aber die EU hatte diesen Deal schon immer als nicht konform mit EU-Recht gewertet. Die Entschädigung der Arco-Mitglieder durch einen Belfius-Börsengang ist EU-rechtlich unmöglich, hält L'Écho fest.
Desaster mit Ankündigung
La Libre Belgique sieht das genauso und notiert: Für die CD&V ist das Ganze ein Desaster mit Ankündigung. Wie kann man sich nur so verrennen in einem Versprechen, von dem man weiß, dass es wegen des Widerstands der EU unrealistisch ist? Niemand in der Regierung hat wirklich die Koppelung des Börsengangs mit der Entschädigung der Arco-Mitglieder gewollt. Dass man auf Druck der CD&V trotzdem daran festhielt, ist für alle schlecht, schlussfolgert La Libre Belgique.
De Standaard notiert: Es war vielleicht nobel von der CD&V, dass sie sich so für die geschädigten Arco-Mitglieder ins Zeug gelegt hat. Aber die sind eigentlich nur ein Risiko eingegangen, das jeder eingeht, der sein Geld in Börsenwerte investiert. Die CD&V hat sich in eine Lage manövriert, aus der sie nicht schadlos herauskommt. Belfius ist zu einem unlösbaren Dossier geworden, glaubt De Standaard.
De Tijd erinnert: Vor gut einem Jahr hatte die CD&V im Sommerabkommen der Regierung darauf bestanden, den Börsengang von Belfius an die Entschädigung der Arco-Mitglieder zu koppeln. Jetzt fällt der Bumerang auf die CD&V zurück. Vor den Wahlen steht sie mit leeren Händen da. Den Schaden hat aber nicht nur die Partei, sondern haben alle in der Angelegenheit, allen voran Belfius. Die Bank bleibt weiter zu hundert Prozent Spielball der Politik, bedauert de Tijd.
Eine Utopie ist eine Utopie
Das GrenzEcho kommentiert zum Aktionsplan, mit dem Innenminister Jan Jambon und Asylstaatssekretär Theo Francken das Problem der Transitmigranten in den Griff bekommen wollen: Asylrecht ist ein fundamentales Recht, keine Frage. Und die Menschlichkeit ein Gebot. Auch das ist unumstritten. Aber Migration ist ein ganz anderes Thema. Allzu lange hat die Politik, vielfach bewusst und wohl auch manchmal unbewusst, beide Themen vermischt. Und weggeschaut. Bis es zur Krise kam. Jetzt endlich werden Maßnahmen ergriffen, die längst hätten ergriffen werden müssen. Hätte man sie ergriffen, als das Thema, noch nicht so emotionsbeladen war wie heute, hätte mancher Kollateralschaden vermieden und manche rechte Partei im Keim erstickt werden können. Wer meint, ein Staat brauche keine Regeln, irrt. Anarchie ist eine wunderschöne Utopie. Aber eben eine Utopie, betont das GrenzEcho.
L'Avenir meint zum Wechsel von Jean-Jaques Cloquet, Chef des Flughafens Charleroi, zum Tierpark Pairi Daiza: Für den Chef von Pairi Daiza ist das ein Coup. Der Flughafen-Chef ist ein erfahrener Mann mit großem Erfolg. Für den Flughafen dagegen ist das ein großer Verlust. Verantwortlich dafür ist die Politik. Dem Bestreben der Wallonischen Regierung, für klare Strukturen in öffentlichen Betrieben zu sorgen, sind auch solche Führungskräfte zum Opfer gefallen, die sich nichts vorzuwerfen haben. Cloquet ist so eine Führungskraft. Sein Wechsel ist Folge der unklugen Politik von MR und CDH, beklagt L'Avenir.
Fehler der klassischen Parteien
De Morgen kommt auf das Wahlergebnis in Schweden zurück und notiert: An der aktuellen Situation, in der es wegen der Stimmenverluste der klassischen Parteien und der Erstarkung der Rechtsnationalen schwierig ist, eine Regierung zu bilden, sind die klassischen Parteien selbst schuld. Sie haben sich das Thema Migration aufdiktieren lassen. Migration bedrohe den Wohlfahrtsstaat, behaupten die Schweden-Demokraten. Doch das ist nicht wahr. Wenn die klassischen Parteien die Wahlen wiedergewinnen wollen, müssen sie den Fokus wieder auf die eigentlichen Bedrohungen eines Wohlfahrtsstaats legen, nämlich die Digitalisierung, die Vergreisung der Gesellschaft, die Abhängigkeit von der chinesischen Wirtschaft und die Klima-Veränderung. Themen, zu denen die Rechtspopulisten nichts zu sagen haben, weiß De Morgen.
Het Belang van Limburg schreibt: Jetzt hat auch Schweden gezeigt, dass Rechtspopulisten mit Migration die Wahlthemen setzen. Das ist ein Vorgeschmack auf die Europawahlen. Auch dort wird dieses Thema dominieren. Rechtspopulisten scheinen die europäische Agenda zu diktieren, analysiert Het Belang van Limburg.
Kay Wagner