Viele Zeitungen beleuchten heute den jüngsten Erfolg des Ölkonzerns BP bei der Bekämpfung der Ölpest im Golf von Mexiko. Innenpolitisch sorgt indes weiter der Vorstoß einer liberalen Parlamentarierin für Diskussionsstoff - Jacqueline Galant will ja straffällig gewordenen Bürgern mit Migrationshintergrund notfalls die Staatsbürgerschaft wieder entziehen.
Le Soir und De Morgen beleuchten die Beschäftigungsrate der Über-55-Jährigen. Weitere Themen in der Tagespresse sind der Führerschein ab 17, die Immobilienpreise und ein königliches Telegramm.
BP versiegelt das Bohrloch - und erwartet die Rechnung
"Das Bohrloch ist endlich verschlossen", titelt heute L'Avenir. Der britische Ölkonzern BP hat nach eigenen Angaben einen entscheidenden Durchbruch bei der Bekämpfung der Ölpest im Golf von Mexiko erzielen können. 106 Tage nach der Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon wurde das Bohrloch versiegelt. Zeit also, eine erste Abschlussbilanz der Katastrophe zu ziehen. Knapp 800 Millionen Liter Rohöl sind seit dem 20. April in den Golf von Mexiko geflossen. Die Folgen für die Umwelt sind nach wie vor nicht absehbar.
Auch BP weiß noch nicht, wie hoch die Rechnung am Ende ausfallen wird, bemerkt dazu etwa Het Belang van Limburg. In Kürze wird ein amerikanisches Gericht über die Frage entscheiden müssen, ob BP fahrlässig mit der Sicherheit umgegangen ist. Ob die 30 Milliarden Dollar, die der Konzern für zu erwartenden Schadenersatzforderungen zurückgelegt hat, ausreichen werden, ist offen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang auch, ob BP das Ganze überhaupt überleben wird. Die Katastrophe im Golf von Mexiko ist vor diesem Hintergrund auch ein Desaster für eine Reihe von britischen Pensionsfonds, die unter anderem am Tropf der BP-Dividenden hängen.
Welche Lehren aus der Katastrophe?
Das Ölleck ist längst mehr als ein Ölleck, notiert auch Het Nieuwsblad. Es ist nicht nur die größte Umweltkatastrophe aller Zeiten, es war zugleich ein Alptraum für US-Präsident Barack Obama. Der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass seine Administration viel zu langsam auf die Katastrophe reagiert hat. Und schließlich war das Ganze auch ein Beleg für die Arroganz eines Multinationals, der seinen Hauptgeschäftsführer viel zu spät - und noch dazu mit einem goldenen Handschlag versehen - in die Wüste schickte. So wie es im Moment aussieht, werden die richtigen Lehren aus der Katastrophe wohl nicht gezogen.
Für Le Soir steht die Katastrophe letztlich stellvertretend für eine ganze Reihe von Fehlentwicklungen der heutigen Zeit. Bei der Diskussion ging es doch weniger um die Folge für die Umwelt, im Focus stand vor allem der Börsenkurs von BP. Die Frage nach dem Preis für den Fortschritt wird nicht gestellt, unser Gesellschaftsmodell und unsere Abhängigkeit vom Öl stehen nicht zur Debatte. Auch in anderen Gesellschaftsfragen ist eine vergleichbare Apathie zu erkennen. Die Verkehrstoten: Kollateralschaden, der Klimawandel: Kollateralschaden, die Auswirkungen von Chemie- und Umweltgiften auf die Gesundheit, Kollateralschaden.
Jacqueline Galant und das Sommerloch
Einige Zeitungen beleuchten heute noch einmal den jüngsten Vorstoß der MR-Parlamentarierin und Bürgermeisterin von Jurbise, Jacqueline Galant. Die hatte gestern für eine Verschärfung der Gesetzgebung zur Einbürgerung plädiert. Erstens müsse man genauer hinschauen, wem man die belgische Nationalität gibt, und zweitens müsse es die Möglichkeit geben, straffällig gewordenen Neubelgiern die Staatsangehörigkeit wieder zu entziehen.
L'avenir stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob da nicht jemand auf einer Sommerlochwelle surfen will. Nicht auszuschließen ist, dass Galant ganz bewusst gerade jetzt ins Wespennest gestochen hat.
Andere Zeitungen sehen einen Zusammenhang mit einem ähnlichen Vorschlag des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Doch ist die Kopie immer schlechter als das Original, bemerkt dazu La Dernière Heure. Galant hat zudem behauptet, innerhalb der MR denke jeder so wie sie. Seltsamerweise hat sich bislang aber kein Liberaler manifestiert, um sich in der derzeitigen Polemik hinter sie zu stellen.
Klar sollte man bei der Zuerkennung der Staatsbürgerschaft gründlich und besonnen vorgehen, räumt indes Het Laatste Nieuws ein. Doch geht Galant ja viel weiter. Der Vorschlag, Neubelgiern gegebenenfalls die Nationalität wieder zu entziehen, ist allerdings aussichtslos. Schließlich gilt: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Dieselbe Straftat kann nicht je nach Täter unterschiedlich geahndet werden. Man kann keinen Unterschied machen zwischen alten und neuen Belgiern.
Zeitbombe unter den Renten
De Morgen und Le Soir beleuchten die Beschäftigungsgrate der Über-55-Jährigen. Die ist nach wie vor problematisch niedrig. Nur einer von drei Belgiern zwischen 55 und 64 steht noch im Berufsleben. Damit legt man eine Zeitbombe unter das Rentensystem, warnen beide Blätter.
Führerschein ab 17?
Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg beschäftigen sich ihrerseits mit jungen Menschen. "Fachleute brechen eine Lanze für den Führerschein ab 17" titeln heute gleichlautend beide Blätter. Erst gestern hat ja Deutschland das Mindestalter für den Autoführerschein von 18 auf 17 gesenkt. Sowohl das belgische Institut für Straßenverkehrssicherheit als auch der flämische Automobilclub VAB können der Idee etwas abgewinnen: Der 17-jährige Fahranfänger muss ja für ein Jahr von einem Erwachsenen begleitet werden. Auf diese Weise sammeln die jungen Menschen deutlich mehr Erfahrung.
Hauskauf - jetzt oder nie!
La Libre Belgique rät auf seiner Titelseite zum Kauf einer Immobilie: Jetzt oder nie, die Zinssätze sind auf einem historischen Tiefpunkt. Und was die Zukunft angeht, so gibt es kein Vertun: Die Wirtschaft erholt sich, die Inflation nimmt wieder Fahrt auf. Ergo: Die Zinssätze können eigentlich nur noch steigen.
Das gute alte Telegramm
De Standaard und Het Nieuwsblad schließlich widmen sich heute einem fast schon ausgestorben Kommunikationsmittel. Unmittelbarer Anlass: König Albert II. hat der belgischen Leichtathletin Svetlana Bolshakova für ihre Bronzemedaille ein Glückwunschtelegramm übermittelt. Wer verschickt heute noch ein Telegramm, fragt sich dazu De Standaard. Nun, man sollte das nicht unterschätzen, Belgacom wickelt jährlich immer noch 66.000 Telegramme ab. Der Grund: Ein Telegramm garantiert juristische Beweiskraft.
Bilder: epa/belga