"Es ist Schulanfang", titelt fast schon überschwänglich La Dernière Heure. "Wieder in die Schule", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Das GrenzEcho wünscht auf seiner Titelseite: "Viel Erfolg am ersten Schultag!"
Für hunderttausende Schüler beginnt heute wieder der Ernst des Lebens. Damit verbunden sind wie immer auch die traditionellen Tipps in den Zeitungen. Beispiel in La Dernière Heure: Der Rollranzen ist schlimmer als eine gute Tasche auf dem Rücken. Immer häufiger sieht man ja Schultaschen auf Röllchen. Für den Rücken ist das aber keine gute Lösung, sagen Experten. Dadurch werde nämlich die Wirbelsäule verdreht. Außerdem muss eine solche Tasche die Treppen hochgetragen werden. Deswegen ist ein guter klassischer Schulranzen immer noch die beste Option.
Ranzen hin, Trolley her, vielen Eltern wird heute wohl ein leises Uff! über die Lippen kommen, bemerkt La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Uff!, die Ferien sind endlich vorbei. Es ist nämlich bestimmt nicht immer einfach, die Kinder während zwei Monaten permanent zu beschäftigen. Aber keine Angst, die nächsten Ferien stehen ja schon wieder in zwei Monaten an. Und dann wieder in zwei Monaten, dann noch Karneval und Ostern... Haben die Kinder eigentlich zu viel frei? Oder arbeiten ihre Eltern einfach zu viel? Die Großeltern sind ja auch schon überlastet. Und angesichts der Verlängerung der Laufbahnen wird das nicht besser werden. Arbeit und Privatleben, diese Gleichung erscheint schon immer unlösbarer.
Schulanfang: für die einen beängstigend, für die anderen ein geselliges Wiedersehen, bemerkt L'Avenir. Politik und Gewerkschaften werden ab jetzt ihrerseits im frankophonen Landesteil wohl ganz genau hinschauen. Jetzt schlägt nämlich die Stunde des "Exzellenzpaktes", an dem so lange gearbeitet wurde. Dieser Exzellenzpakt soll eines jeden Alltag verbessern, den der Schüler und auch den der Lehrer. Nur hat das Ganze schon wieder Sand im Getriebe. Das schürt Zweifel, insbesondere innerhalb der Lehrerschaft. Eines ist aber jetzt schon klar: Mehr Leistungsanreize wird es nicht geben, da man Sitzenbleiben künftig vermeiden will. Das ist eine schlechte gute Idee.
In Flandern ist das Wiederholen eines Schuljahres auch ein Thema: "Die Zahl der Sitzenbleiber ist innerhalb von zehn Jahren um ein Viertel zurückgegangen", notiert etwa Het Laatste Nieuws auf seiner Titelseite. Die Erklärung für diese Entwicklung klingt aber wenig schmeichelhaft: "Lehrer werden unter Druck gesetzt, um Schüler doch zu versetzen".
Der Wahlkampf hat begonnen – und es geht zur Sache
Spätestens seit dem Wochenende tobt denn auch ein neuer Streit über das Niveau im flämischen Unterrichtswesen. Die N-VA übte auffallend scharfe Kritik an der amtierenden CD&V-Bildungsministerin Hilde Crevits. Dabei sind beide Parteien ja eigentlich Koalitionspartner. N-VA-Chef Bart De Wever ließ sogar schon verlauten, dass nach der nächsten Wahl seine Partei den Unterrichtsminister stellen wolle.
"Die N-VA will selbst vor die Klasse", bemerkt auch De Morgen. "Hier geht es aber nicht um Pädagogik, sondern um eine ideologische Agenda", sagt ein Politikwissenschaftler. "Ich soll also wieder an allem schuld sein, pathetisch ist das", reagiert die CD&V-Politikerin in Het Laatste Nieuws.
Der Unterricht dürfte wohl zum zentralen Wahlkampfthema werden, glaubt Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Die flämischen Nationalisten versuchen schon seit längerer Zeit, sich hier zu profilieren. Und sie geben dabei den altmodischen, gestrengen Schulmeister. Denn so reformfreudig ist die N-VA gar nicht. Im Gegenteil: Die Partei hat in den letzten Jahren de facto alles getan, damit möglichst alles so bleibt, wie es ist. Davon abgesehen sollte man jetzt auch nicht das flämische Unterrichtswesen schlechtreden.
De Standaard sieht in alledem schon ein Omen für die anstehenden Wahlkämpfe. Es steht zu befürchten, dass es dabei wohl weniger um Inhalte gehen wird, sondern um Personen. Die Verrohung des politischen Diskurses wird dann noch geschürt durch die sozialen Netzwerke, die das Schlechteste in den Menschen und insbesondere den Politikern zum Vorschein bringen. Bei all dieser verbalen Gewalt wird es für den Bürger dabei wohl nicht einfach sein, eine positive Wahl zu treffen.
Die Schulen und der Verkehr
Und noch eine Geschichte zum Schulanfang: "Die Schulstraßen bekommen Sauerstoff", titelt De Morgen. In Flandern und auch in Brüssel sollen Maßnahmen ergriffen werden, um die Luftqualität rund um Schulen zu verbessern. Konkret sollen morgens und abends die Straßen vor Schulen für den Autoverkehr gesperrt werden.
Klingt gut!, meint die Zeitung in ihrem Leitartikel. Aber löst man damit wirklich ein Problem? Vielleicht sind dann die eigentlichen Schulstraßen gesünder. Wohlwissend, dass Straßensperrungen nicht überall möglich sind. Aber damit wird das Problem eigentlich nur verlagert. Außerdem wird der Weg zwischen dem elterlichen Auto und der Schule so nur noch länger und führt de facto entlang einer Route, in der Autos ja erlaubt sind. Diese Maßnahme kann allenfalls ein erster Schritt sein. Es bedarf eines wirklichen Mobilitätsplans für Schulen.
Bart De Wever unterstellt Stadtrat Drogenverbindungen
"Die Tentakel der Kokainmafia reichen bis zum Stadtrat!" Das behauptet der Antwerpener Bürgermeister Bart De Wever auf Seite eins von De Morgen. Der N-VA-Chef und seine Mannschaft führen ja schon seit Jahren einen Kampf gegen die Drogenschmuggler, die über den Hafen von Antwerpen Kokain nach Belgien schleusen. Und jetzt "stehe die Kokainmafia kurz davor, sich in die Politik einzukaufen", sagt De Wever. Für einige Stadtratsmitglieder würde er jedenfalls nicht die Hand ins Feuer legen.
Roger Pint