"Griechenland steht vor Herkules-Aufgabe", titelt De Morgen. "Die Griechen glauben selbst nicht an das Ende der Krise", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins.
Heute laufen die Hilfsmaßnahmen aus, mit denen die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds Griechenland vor der Pleite gerettet haben. Die Griechen mussten wirtschaftspolitische Vorgaben erfüllen, um diese Hilfen zu erhalten. Dazu kommentiert La Libre Belgique: Die Methode war brutal und hat verheerende Folgen für die griechische Bevölkerung Wirtschaft. Denn gerade für die Wirtschaft waren die Vorgaben manchmal kontraproduktiv. In acht Jahren ist die griechische Wirtschaftsleistung um 25 Prozent gesunken. Die Arbeitslosigkeit liegt immer noch bei 20 Prozent.
Die jungen Griechen haben reihenweise das Land verlassen. Trotz des leichten Wirtschaftswachstums besteht weiter Anlass zur großen Sorge. Denn die Schuldenlast beträgt 180 Prozent des Brutto-Inland-Produktes. Der griechische Patient erholt sich zwar, ist aber noch lange nicht gerettet, weiß La Libre Belgique.
Rettungsplan hat nicht funktioniert
Le Soir fragt: Kann man sagen, dass der Rettungsplan wirklich funktioniert hat? Die Antwort ist ganz klar: Nein. Allein die enorme Schuldenlast wird über Jahrzehnte hinweg das Land nicht wieder blühen lassen. Viel wichtiger aber ist festzuhalten, dass man eine Sache nicht gemacht hat: nämlich einen Investitionsplan zu erstellen, mit dem die griechische Realwirtschaft langfristig aufgebaut werden kann. Diesen Plan gibt es schlicht und ergreifend nicht. Er stand auch nie zur Debatte, beklagt Le Soir.
In der Gemeinde Ans ist der PS-Schöffe für Chancengleichheit, Henri Huygen, von seinem Amt zurückgetreten. Er soll sich abfällig über die Homosexualität des MR-Schöffen Thomas Cialone geäußert haben. L'Avenir stellt fest: Diese Affäre verdeutlicht zwei Tendenzen. Erstens: Wir leben in einer Zeit, in der man nicht mehr automatisch zunächst von der Unschuld des Angeklagten ausgeht. Gerade dank der neuen Medien reicht es heute meist aus, einen Vorwurf zu erheben. Und schon gilt der Beschuldigte als schuldig. Eine äußerst fragwürdige Tendenz.
Zweitens zeigt die Angelegenheit, dass sich auch in unserer Gesellschaft in Belgien die Einsicht nicht durchgesetzt hat, dass Homosexualität etwas völlig Normales ist. Auch das ist schlimm. Wegen dieser beiden Fakten ist es gut, dass die Justiz der Sache jetzt nachgeht, findet L'Avenir.
La Dernière Heure notiert: Die Vorfälle aus Ans sind mal wieder der traurige Beweis dafür, wie Politiker funktionieren, und das besonders in Wahlkampfzeiten. Nämlich heuchlerisch. Im Wahlkampf wird viel versprochen und scheint der Bürger plötzlich das Zentrum der Sorge. Doch nach den Wahlen bleibt davon nicht mehr viel übrig. In Ans soll Henri Huygen sich um die Rechte von Homosexuellen kümmern. Gleichzeitig äußert er sich abfällig über sie. Was für ein trauriges Spektakel, schimpft La Dernière Heure.
Mehr Spuren gleich weniger Stau?
De Standaard schreibt zum Ausbau des Brüsseler Rings: 2,2 Milliarden Euro Steuergelder sollen ausgegeben werden, um eine neue Spur für Autofahrer auf dem Ring zu bauen. Es stellt sich die Frage, ob das gut investiertes Geld ist. Denn breitere Straßen locken auch mehr Verkehr an. Und bislang ist es wissenschaftlich umstritten, ob mehr Spuren weniger Stau bedeuten. Vielmehr scheint es so, als ob ein Gesamtkonzept die beste Lösung sei. Deshalb ist es gut, dass der Ausbau des Rings auch neue Fahrradwege und eine Tram-Buslinie beinhaltet. Auch bei der Mobilität hängt alles miteinander zusammen, erinnert De Standaard.
De Morgen notiert zum Thema Transitmigranten: Jetzt verschärft sogar die CD&V den Ton. Auch der Zentrumshumanist Hendrik Bogaert fordert jetzt mit Nachdruck, aufgegriffene Transitmigranten einzusperren und sie abzuschieben. Diese Verschärfung des Tons ist sicher dem Wahlkampf geschuldet. Doch in der Sache hilft das nicht weiter. Denn selbst N-VA-Asyl-Staatssekretär Theo Francken sagt, dass Abschieben nicht immer geht. Mit vielen Herkunftsländern gibt es gar keine Rücknahmevereinbarungen.
Weil dieses System also gar nicht funktioniert, wäre es doch sinnvoll, mal nach Alternativen zu schauen. Zum Beispiel eine bessere Beratung der Transitmigranten. Die wissen oft nur von ihren Schleppern, dass Großbritannien das Ziel ihrer Reise sein sollte. Dass auch in Belgien ein Asyl-Antrag möglich und sinnvoll ist, wissen viele nicht. Es wäre schön auch solche Ideen mal aus dem Mund von Politikern zu hören. Trotz der Wahlkampf-Zeiten, wünscht sich De Morgen.
Kofi Annan als moralischer Kompass
Gazet van Antwerpen schreibt zum ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan, der am Wochenende gestorben ist: Nein, Kofi Annan hat die UN nicht radikal ändern können. Auch nicht die Welt. Aber er hat Werte gehabt, und diese mit Nachdruck und Würde vertreten. Unermüdlich war er in seinem Bestreben nach Dialog und seiner Suche nach Lösungen bei schwierigen Konflikten. Kofi Annan sollte uns gerade jetzt ein moralischer Kompass sein, in Zeiten wo viele Menschen und Politiker lieber spalten als vereinen wollen, meint Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner