"Goldenes Wochenende", titelt Het Nieuwsblad. "Medaillen-Flut für Belgien", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Belgien strahlt mit seinen 19 Medaillen", so die Schlagzeile bei L'Avenir. Die Erfolge der belgischen Athleten bei den Leichtathletik-Europameisterschaften beziehungsweise allgemein bei den erstmals ausgetragenen European Championships feiern die Zeitungen auch in ihren Leitartikeln.
La Dernière Heure notiert: Die sechs Medaillen, die belgische Athleten bei der Leichtathletik-Europameisterschaft gewonnen haben, werden in das kollektive Gedächtnis eingehen. Sie werden Maßstab für die Zukunft sein. Die Athleten sind jetzt Vorbilder für die nachwachsende Generation. Das ist auch ein Auftrag an die Politik. Sie muss dafür sorgen, dass die Bedingungen für Sportler verbessert werden. Sport muss besser finanziert, moderne Sportstätten gebaut werden. Damit auch die Nafis, Kevins, Jonathans und Koens von Morgen ihre Träume verwirklichen können, fordert La Dernière Heure.
Neuer Sieges-Wille in Belgien
Auch Le Soir weiß: Es ist nicht der glänzenden Sportförderung seitens der öffentlichen Hand geschuldet, dass unsere Athleten jetzt so erfolgreich sind. Bei der Sportförderung in Belgien gibt es noch massiv zu tun. Die jetzigen Erfolge sind zu allererst Ergebnis von individuellem Engagement der Familien, einzelner Vereine oder auch einfach nur des überragenden Talents.
Dabei ist diesen Sommer eins zu beobachten: Belgische Sportler haben sich ehrgeizig gezeigt. Sie hatten den Willen zum Sieg. Das ist neu. Denn bisher galt oft die Devise: Dabei sein ist quasi schon alles. Das zeigt, wie sehr das Vertrauen in sich selbst einen Sportler verändern kann. Ob das auch für ein ganzes Land gelten kann, fragt sich Le Soir.
Het Laatste Nieuws meint: Seitdem man im Kampf gegen das Doping immer mehr Erfolge feiert, schaffen es auch immer mehr kleinere Nationen, bei großen Sportereignissen Erfolge zu feiern. Der Sport ist keine Alleinveranstaltung mehr für Amerika, Russland und Deutschland. Auch Norwegen, Schweiz und Polen mischen sich jetzt unter die Top-Nationen. Auch Belgien, sowohl im Mannschafts-, als auch im Einzelsport. Das lässt auf spannende Olympische Spiele 2020 in Tokyo hoffen, freut sich Het Laatste Nieuws.
In Flandern haben Sozialisten und Grüne den N-VA-Verkehrsminister Ben Weyts am Wochenende kritisiert. Der hatte eine neue Vorfahrtsregel für Autos gegenüber Fahrrädern wieder zurückgenommen, nachdem diese Maßnahme erst wenige Tage zuvor eingeführt worden war. De Morgen kommentiert: SP.A und Groen werfen dem Minister vor, dass das Chaos, dass die neue Vorfahrtsregel für Autos verursacht hat, vorhersehbar war. Schon vor einem Jahr, als die Maßnahme beschlossen worden war, habe man den Minister gewarnt. Doch erst jetzt sehe der Minister das selbst ein. Klüngel sei das.
Doch wie dramatisch ist das eigentlich, dass der Minister seine eigene Entscheidung zurücknimmt? Man könnte es auch als Einsicht bezeichnen. Und was ist daran falsch? Ein bisschen von solcher späten Einsicht würden wir uns auch bei einem anderen Verkehrsthema wünschen: Nämlich bei der Diskussion rund um die Erweiterung des Brüsseler Rings, findet De Morgen.
Asyl: Eine traurige Rückkehr in die Vergangenheit
La Libre Belgique notiert zu den geschlossenen Auffangzentren für Asylbewerber, in die seit Samstag auch wieder Kinder eingewiesen werden dürfen: Das ist eine traurige Rückkehr in die Vergangenheit. Denn vor zehn Jahren war diese Möglichkeit in Belgien abgeschafft worden. Kinder wurden seitdem in sogenannten Rückkehrhäusern untergebracht. Man kann verstehen, dass die Politik eine Alternative zu diesen Häusern gesucht hat.
Denn tatsächlich gab es zu viele Asyl-Antragsteller, die aus diesen Häusern einfach weggelaufen sind. Leider hat man sich nicht darum bemüht, dies durch verbesserte Konzepte bei den Häusern selbst zu verändern. Man hat die Lage nie analysiert. Psychologen, Lehrer, Krankenschwestern, Sicherheitskräfte und so weiter – all das wurde den Häusern nicht zur Verfügung gestellt. Solche Personen gibt es jetzt aber in dem geschlossenen Auffanglager.
Bei Maggie De Block, die vor Jahren die Entscheidung getroffen hat, und Theo Francken, der die Idee jetzt umgesetzt hat, hat es ganz offensichtlich am Willen gefehlt, an einer sinnvolleren Alternative zu den geschlossenen Auffanglagern zu arbeiten, kritisiert La Libre Belgique.
Europa muss aufpassen
De Standaard notiert zur Krise in der Türkei: Es ist interessant zu beobachten, wie die neuen Autokraten unserer Zeit miteinander umgehen. Dank der beiden Egomanen Trump und Erdoğan liegen die USA und die Türkei in einem ernst zu nehmenden Clinch. Und das obwohl beide Staaten seit über 60 Jahren Mitglied der NATO sind. Erdoğans Ankündigung, sich bei Bedarf nach neuen Partnern umzuschauen, und eventuell auch ein russisches Raketen-Abwehrsystem zu kaufen, ist besorgniserregend.
Europa muss achtgeben, dass es keinen allzu großen Schaden durch den Streit erleidet. Eine Finanzkrise in der Türkei könnte Europas Banken hart treffen. Auch die EU-Flüchtlingspolitik ist bedroht. Forderungen nach mehr Demokratie in der Türkei treten dabei in den Hintergrund, bedauert De Standaard.
Kay Wagner
Guter Kommentar.
Der Kursverfall der türkischen Lira beweist aufs Neue die alte Tatsache, das Geld Vertrauenssache ist. Laut welt.de beträgt die türkische Auslandsverschuldung über 190 Milliarden Euro. Davon entfallen allein 80 Milliarden auf spanische Geldhäuser. Es ist ein Spiel mit dem Feuer bzw. ein Wirtschaftskrieg bei dem weder der "Westen" noch die Türkei gewinnen können, höchstens China und Russland. Nur ist fraglich, ob die die Handelskontakte mit dem "Westen" ausgleichen können. Auf jeden Fall wird das türkische Volk leiden durch höhere Preise, schwindende Sparvermögen, Arbeitslosigkeit, Vertrauensschwund in die Politik. Schwer zu sagen, wie das sich innenpolitisch in der Türkei auswirkt. Auch Erdogan muss aufpassen. Er will nach innen und außen seine Macht absichern.