"Ryanair-Streik trifft 55.000 Passagiere", titelt das GrenzEcho. "Diese Streiks sind erst der Anfang, sagen die Piloten", so die Wirtschaftszeitung L'Echo. "Der Streik bringt das Kernmodell von Ryanair ins Wanken", notiert Le Soir auf Seite eins.
Der heutige Piloten-Streik bei Ryanair in Belgien, Deutschland, Schweden, Irland und den Niederlanden ist auch Thema in den Leitartikeln. La Libre Belgique glaubt: Der Streik zeigt, dass Ryanair dazu verdammt ist, sein bisheriges Business-Modell zu ändern. Dieses Modell ist seit jeher fest im irischen Recht verankert – mit all den Vorteilen, die das beinhaltet.
Bei der Internationalität, die Ryanair längst erreicht hat, und dem Aufstand des Personals, dass sich jetzt immer mehr gegen die schlechten Arbeitsbedingungen wehrt, wird das nicht mehr haltbar sein können. Der Druck auf Ryanair wird zu groß. Ryanair muss sich radikal ändern. Andere Low-Cost-Modelle haben es gezeigt: Man kann bei den Preisen äußerst attraktiv sein und trotzdem akzeptable Arbeitsbedingungen praktizieren, so La Libre Belgique.
Ryanair: Ein Spiegel unserer Zeit
Die Wirtschaftszeitung L'Echo findet: Ryanair ist so eine Art Spiegel unserer Zeit. Der irische Billigflieger versinnbildlicht einige Widersprüche, die es zurzeit in Europa gibt. Beispiel Sozialpolitik. Die Europäische Kommission will ein sozial gerechteres Europa, aber konkret helfen kann die Kommission den Ryanair-Piloten nicht. Denn in der Sozialpolitik hat sie keine Macht.
Anderes Beispiel: Die meisten freuen sich darüber dank Ryanair billig in den Urlaub fliegen zu können. Dass dafür die Ryanair-Mitarbeiter ausgebeutet werden, scheint kein Problem zu sein. Oder: Einerseits wollen wir unsere Umwelt schonen, andererseits fliegen wir immer öfter dank Ryanair und Konsorten. Wie gesagt, alles ziemlich widersprüchlich, hält L'Echo ohne Lösung fest.
De Standaard analysiert: Der aktuelle Konflikt bei Ryanair ist zu vergleichen mit der Situation, in der sich andere riesige Unternehmen mit starken Führungspersönlichkeiten befinden: Tesla mit dem charismatischen Elon Musk, Facebook mit Marc Zuckerberg, Apple mit Tim Cook oder auch Amazon mit Jeff Bezos. Die Zeiten, in denen sie uneingeschränkt schalten und walten konnten in ihren Unternehmen konnten, ist vorbei. Alle haben sie mit Problemen zu kämpfen, die sie früher nicht kannten.
Sie alle müssen den gleichen Spagat versuchen zu meistern: Auf der einen Seite immer neues Wachstum generieren, auf der anderen Seite einen guten Umgang mit den Menschen pflegen. Und das sind so unterschiedliche Gruppen wie Anleger, Mitarbeiter, die Öffentlichkeit und Politiker, notiert De Standaard.
SNCB weiter nicht pünktlich genug
L'Avenir meldet, dass die belgische Bahn ihr für dieses Jahr ausgegebenes Ziel der Pünktlichkeit der Züge nach unten korrigieren will. Die Zeitung kommentiert: 89 Prozent der Züge sollten laut Plan der SNCB dieses Jahr pünktlich sein. Jetzt korrigiert die Unternehmensführung selbst das Ziel um 1 Prozent nach unten. Das ist eine Bankrotterklärung, ein eklatantes Versagen.
Auch die neue SNCB-Chefin Sophie Dutordoir, die vor mehr als einem Jahr ihr Amt angetreten hat, hat keine Kehrtwende gebracht. Es ist an der Zeit, der belgischen Bahn wieder mehr Geld und Personal zur Verfügung zu stellen und die Bahn-Mitarbeiter stärker als bisher an den Entscheidungen zu beteiligen. Nur so wird die Leistung der SNCB wieder besser, ist sich L'Avenir sicher.
Le Soir beschäftigt sich mit den Habjahresbilanzen der Banken und schreibt: Wirklich schlecht geht es weder KBC noch ING. Ihre Zahlen sind im grünen Bereich. Trotzdem haben beide Banken geklagt. Die Gewinn-Margen bei Krediten seien zu niedrig. In Belgien könnte man so billig Geld leihen wie nirgends in Europa. Dass die Banken sich mit solchen Klagen aufhalten, ist ein Zeichen dafür, wie wenig zukunftsorientiert sie sind. Sie hätten längst merken müssen, dass die Zeit der Margen-Gewinne bei Krediten vorbei ist. Neue Geschäftsmodelle müssen her.
Im Flugsektor gab es Ryanair, in der Automobilbranche gibt es Tesla, in der Geschäftswelt Amazon. In der Bankenbranche fehlt noch so ein Vorreiter, um die Geldhäuser aus ihrer rückwärtsgerichteten Starre zu befreien, glaubt Le Soir.
Johnson vergleicht Burka mit Briefkästen
De Tijd nimmt die angekündigten US-Sanktionen gegen Russland zum Anlass, sich Gedanken über den Sinn solcher Sanktionen zu machen und führt aus: Überall auf der Welt drohen die USA jetzt mit Wirtschaftssanktionen und stecken damit andere Länder an. Dabei sind Sanktionen ein zweifelhaftes Mittel der Politik.
Die Geschichte zeigt: Sanktionen erreichen eigentlich nie ihr Ziel. Sie stärken vielmehr die Position dessen, der sanktioniert werden soll. Beispiel Kuba, Beispiel Krim, Beispiel Nordkorea, Beispiel Iran. Bei den betroffenen Völkern ist meist derjenige der böse Bub, der die Sanktionen verhängt. Das wird sich jetzt nicht ändern, ist sich De Tijd sicher.
Het Laatste Nieuws schaut nach Großbritannien und berichtet: Ex-Außenminister Boris Johnson hat jetzt in einer Zeitungs-Kolumne Frauen in Burka mit Briefkästen und Bankräubern verglichen. Der Aufschrei in Großbritannien ist groß. Von allen Seiten hagelt es Kritik. Aber warum eigentlich? Im Koran zum Beispiel ist an keiner Stelle davon die Rede, dass Frauen vollständig ihr Gesicht verstecken müssen.
Was ist ehrlicher? Die Burka verbieten und sie ernstnehmen, wie bei uns? Oder sie zulassen und über sie lachen, wie Johnson es macht, fragt rhetorisch Het Laatste Nieuws.
Kay Wagner