"Ryanair streicht erneut mehr als 100 Flüge", titelt Het Nieuwsblad. "104 Ryanair-Flüge von und nach Belgien annulliert", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Bei der irischen Billigfluggesellschaft hängt weiterhin der Haussegen gewaltig schief. Nach dem Kabinenpersonal wollen diesmal die Piloten streiken. Am 10. August, also dem kommenden Freitag wollen sie gegen ihre Arbeitsbedingungen protestieren. Wie auch die Stewardessen und Stewards fordern auch die Piloten insbesondere, dass sie künftig unter nationales, sprich belgisches Arbeitsrecht fallen sollen und nicht mehr, wie bisher, unter irisches.
"Die Gewerkschaften gehen davon aus, dass in Belgien kein einziges Ryanair-Flugzeug aufsteigen wird", berichtet Het Nieuwsblad. "Und auch wer nicht ausdrücklich von Ryanair über die Streikaktion informiert wird, sollte nicht auf einen Ryanair-Flug hoffen", warnt Het Belang van Limburg.
Einige Zeitungen bringen heute Portraits des schillernden Ryanair-Chefs Michael O'Leary. Die Titel sind manchmal wenig schmeichelhaft: "Der plumpe Pubertierende mit der Sparwut", schreibt etwa De Morgen. Eine Foto-Montage zeigt ihn unter anderem als Hofnarr. "Rüpel oder Genie?", fragt sich seinerseits De Standaard. Ist dieser Michael O'Leary ein zynischer Ausbeuter oder doch ein Visionär, der die Luftfahrt revolutionierte und das Fliegen demokratisierte? Fakt ist, meint De Standaard: "Dieser Mann polarisiert".
Die Idee mit dem Smartphone-Pfand
Bemerkenswerte Schlagzeile heute auf Seite eins von De Tijd: "Lasst uns ein Pfand von 15 Euro auf Smartphones erheben". Der Vorschlag kommt vom Geschäftsführer des belgischen Unternehmens Umicore. Umicore ist unter anderem spezialisiert auf die Verarbeitung von seltenen Erden und Edelmetallen. Solche Materialien werden bekanntermaßen in Smartphones verbaut. In vielen Haushalten liegen aber ausgemusterte Geräte dieser Art einfach herum. Der Umicore-Chef schätzt den Gegenwert dieser "schlummernden Schätze" auf 10 bis 15 Milliarden Euro. Würden diese Geräte zurückgebracht, dann könnte man jedenfalls diese Materialien recyclen. Deswegen eben die Idee mit dem Pfand.
Und diese Idee ist interessant, meint De Tijd in ihrem Leitartikel. Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass die Rohstoffe auf diesem Planeten endlich sind. Entsprechend sollten wir also vernünftig damit umgehen. Natürlich predigt der Umicore-Chef hier auch ein Stück weit für die eigene Kapelle; schließlich ist Umicore ja auch im Recycling-Geschäft aktiv. Das diskreditiert aber nicht seine Idee. Seltene Erden und Metalle wiederzuverwerten, das wäre bestimmt nicht der falsche Weg.
Ein "institutioneller Tabubruch"
Innenpolitisch sorgt nach wie vor der gestrige Vorstoß einiger MR-Politiker für Diskussionsstoff. Führende Liberale, darunter die föderale Haushaltministerin Sophie Wilmès und der Mobilitätsminister François Bellot, hatten in der Zeitung La Libre Belgique für einen, "institutionellen Tabubruch" plädiert. Konkret: Man sollte darüber nachdenken, einige Politikbereiche wieder von den Teilstaaten zurück an den Föderalstaat zu übertragen. Reföderalisierung also.
Beispiele wären die Bereiche Gesundheit, Energie, Klimaschutz oder Außenhandel. Die Reaktionen auf den offenen Brief fallen, gelinde gesagt "durchwachsen" aus. Selbst auf frankophoner Seite hält sich die Begeisterung in Grenzen. In La Libre Belgique und Le Soir nehmen verschiedene frankophone Spitzenpolitiker Stellung zu dem Vorschlag. PS-Schwergewicht André Flahaut etwa warnt davor, überhaupt die Gemeinschaftspolitik wieder auf den Tisch zu legen.
Der Défi-Vorsitzende Olivier Maingain wirft den Liberalen Doppelzüngigkeit vor: Auf der einen Seite habe die MR die sechste Staatsreform mitgetragen, um sich jetzt davon zu distanzieren. Und sogar der MR-Politiker und Regionalminister Jean-Luc Crucke geht mit den Kollegen hart ins Gericht: Er sei ein Verfechter von vier starken Regionen. Besonders scharf reagierte auf flämischer Seite naturgemäß die N-VA. "Die N-VA weist die MR schroff zurecht", so formuliert es La Libre Belgique. Die Partei von Bart De Wever hatte giftig-ironisch auf den Vorstoß reagiert und die MR unmissverständlich an das Koalitionsabkommen erinnert.
Diese Debatte verdient mehr als einzeilige Bannflüche, meint dazu Le Soir in seinem Leitartikel. Viele haben die Idee mit einem Satz vom Tisch gefegt. Dabei ist sie durchaus eine Debatte wert. Der belgische Föderalismus sollte schließlich von einem Prinzip gelenkt werden, das da lautet: Effizienz. Die Bürger haben Anrecht auf einen Staat, der funktioniert. Und dafür müssen die Zuständigkeiten eben dort angesiedelt werden, wo es am sinnvollsten ist. Diese Überlegung muss besonnen vertieft werden.
Die gute alte "Waffeleisenpolitik"
La Libre Belgique sieht das ähnlich: Warum sollte man nicht das verbessern, was nicht funktioniert? Denn nur darum geht es den MR-Politikern in ihrem offenen Brief, einige flämische Liberale und auch eine Reihe von Grünen-Politikern sind im Übrigen auf derselben Linie. Hier geht es doch letztlich um die Interessen aller Belgier, von Antwerpen bis Arlon. Dass die N-VA etwas dagegen hat, das liegt quasi in der Natur der Sache; schließlich wollen sie das Ende des Landes. Alle anderen sollten aber den Mut haben, die Diskussion offen anzugehen.
Het Nieuwsblad hingegen ist etwas hin- und hergerissen. Das Plädoyer für eine Reföderalisierung mag nachvollziehbar erscheinen. Tatsächlich übersteigen Politikbereiche wie der Klimaschutz, die Energie oder die Mobilitätspolitik die Sprachgrenzen. Indem man sie an den Föderalstaat zurücküberträgt, löst man aber kein Problem. Dann droht nämlich eine Neuauflage der "Waffeleisen-Politik", die darauf hinausläuft, dass eine Investition in einem Landesteil durch irgendeine Gegenleistung im anderen Landesteil kompensiert werden muss. Die nach wie vor nationale Eisenbahngesellschaft ist da ein gutes Beispiel.
L'Avenir plädiert dennoch für Pragmatismus. Der belgische Föderalismus hat sich mit jeder Staatsreform zumindest in einigen Bereichen immer weiter von den Sorgen und Nöten der Bevölkerung entfernt. Hinzu kommt: Durch die Aufspaltung der Politikbereiche sind die Kosten und damit die öffentlichen Ausgaben immer weiter angestiegen. Hier geht es nicht darum, die Zeit zurückzudrehen. Dieses Land braucht lediglich einfachere Strukturen.
Roger Pint