"Piloten von Ryanair streiken wieder", schreibt De Tijd auf Seite eins. "Streik am 10. August: Gewerkschaften machen weiter Druck", titelt L'Avenir zu einem Bild einer Ryanair-Maschine. Und Schlagzeile bei Le Soir: "Fluggäste, Piloten, Gewerkschaften: Ryanair zeigt sich unbeeindruckt".
Der gestern für den 10. August angekündigte Streik der Piloten des irischen Billigfliegers Ryanair in Belgien und anderen europäischen Ländern ist auch Thema einiger Leitartikler. Le Soir stellt fest: In einer Zeit, in der Streiks in Belgien eher missmutig zur Kenntnis genommen werden und die Bevölkerung wenig Verständnis für die Streikenden hat, ist das im Fall Ryanair anders. Als jetzt am 25. und 26. Juli bei Ryanair gestreikt wurde, gab es viel Verständnis dafür bei den Passagieren. Sogar bei denen, die unter dem Streik leiden mussten. Denn dass die Mitarbeiter von Ryanair zu fast unmenschlichen Bedingungen arbeiten, leuchtet jedem ein.
Bemerkenswert ist allerdings, dass die Politik zu all dem schweigt. Wo sind die belgischen, wo die europäischen Politiker, die die unhaltbaren Bedingungen für die Mitarbeiter bei Ryanair anklagen? Anscheinend ist der positive Effekt, den Ryanair auf die Wirtschaft hat, zu groß. Das führt dazu, dass auch vom Flughafen aus Charleroi nichts zu hören ist, der seinen Aufstieg vor allem Ryanair zu verdanken hat, erinnert Le Soir.
Ryanair: es geht um viel mehr
De Tijd notiert: Bei diesem Kräftemessen zwischen den Piloten und der Führung von Ryanair geht es um sehr viel. Sollten die Piloten sich durchsetzen mit ihren Forderungen nach besseren Sozialleistungen, würde das Tür und Tor öffnen für ähnliche Forderungen anderer Berufsgruppen bei Ryanair. Die Personalkosten für das Unternehmen würden steigen, und dann wird es unvermeidlich sein, dass auch die Ticketpreise steigen.
Damit wäre das Modell in Gefahr, dem Ryanair seinen Höhenflug verdankt. Nämlich: billiger sein als alle anderen. Die Konkurrenz der anderen Billigflieger wartet schon auf die Kunden von Ryanair, und diese Kunden werden Ryanair kaum die Treue halten, weil außer den niedrigen Preisen kaum etwas bei Ryanair begeistert. Wie gesagt, es steht viel auf dem Spiel, weiß De Tijd.
Der Wandel ist möglich
De Standaard würde sich über höhere Preise bei Ryanair freuen und führt aus: Es ist geradezu zu hoffen, dass der Streik nicht nur bei Ryanair zu teureren Flugtickets, sondern auch bei allen anderen Fluggesellschaften. Als reiselustiger Passagier müsste man das natürlich bedauern. Als Bürger, der sich Sorgen um seine Umwelt macht, dagegen nur begrüßen. Denn die niedrigen Flugpreise, die es gerade dank Ryanair gibt, haben uns alle zu Vielfliegern gemacht. Der Umwelt tut das nicht gut, denn Flugzeuge stoßen viel CO² aus und die hohe CO²-Belastung ist bekanntlich ein Grund dafür, dass wir mit dem Klimawandel kämpfen, so De Standaard.
Auch La Libre Belgique beschäftigt sich mit CO² und erinnert: Gestern war der Tag, an dem wir rein theoretisch bereits alle natürlichen Ressourcen verbraucht haben, die unser Planet uns für ein Jahr zur Verfügung stellt. Allein in Belgien hatten wir diesen Tag schon am 1. April erreicht. Um die Tendenz zu ändern, dass dieser Tag immer früher im Jahr erreicht wird, müssen wir alle unseren CO²-Fußabdruck verringern.
Jedem sollte das ein Anliegen sein. Jeder kann etwas machen. Mal öfter zu Fuß gehen, weniger Fleisch essen und so weiter. Freiwillige Maßnahmen sind dabei besser, als die, die uns eines Tages per Gesetz aufgezwungen werden könnten. Der Wandel ist möglich. Man muss ihn nur wollen, meint La Libre Belgique.
"Atomkraft? Ja bitte!"
Um Energie geht es auch im Leitartikel von La Dernière Heure. Die Zeitung freut sich. In diesen Wochen der großen Hitze ist es ein Segen, dass der Ventilator sich dreht und der Kühlschrank kühlt. Möglich ist das nur durch Strom. Und wo kommt der her? Von AKWs. Ohne sie würden wir zurzeit sehr leiden, denn die Windräder stehen zurzeit eher still und auch andere alternative Energieträger schaffen es nicht unseren aktuellen Strombedarf zu decken. In den 70er Jahren haben die Umweltschützer den Spruch geprägt: "Atomkraft? Nein danke!" Dem halten wir heute entgegen: "Atomkraft? Ja bitte!", flachst La Dernière Heure.
Zum Thema Atomkraft bemerkt Gazet van Antwerpen allerdings kritisch: Jetzt ist es wieder so weit. Wieder einmal liegt ein belgischer Kernreaktor still Doel 3 ist vom Netz. Obwohl Doel 3 doch gerade erst nach zehn Monaten Stillstand wieder hochgefahren worden war. Richtig ist zwar: So richtig gefährlich ist der jetzige Zwischenfall nicht. Das können Experten durchaus glaubwürdig darlegen. Aber es bleibt dabei: So lange wir in Belgien nicht wissen, wie es weiter geht mit der Atomkraft, wird jede Meldung über einen Störfall für Unruhe sorgen.
Hauptverantwortlich für diese Situation ist die Regierung. Zwar hält sie offiziell an dem Ziel fest, den Atomausstieg bis 2025 zu vollziehen. Das aber nur, wenn die Energieversorgung durch andere Energiequellen sichergestellt werden kann. Im Klartext heißt das: kein Atomausstieg. Solange die Regierung diesen Eiertanz weiter aufführt und alles in der Schwebe lässt, wird jede weitere Meldung über jedes weitere AKW-Problem in Belgien für Unruhe sorgen, beklagt Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner