"Rachsüchtiger Mann übergießt Ex-Freundin mit Säure", titelt Gazet van Antwerpen. "Frau in Lebensgefahr nach Anschlag mit Säure", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Und Het Laatste Nieuws meldet: "Säureattentäter nimmt Überdosis kurz vor seiner Festnahme".
In Antwerpen hatte gestern ein wohl 58-jähriger Mann seine ehemalige Lebensgefährtin an einer Bushaltestelle mit Säure übergossen. Die Frau schwebt noch in Lebensgefahr. Der vermeintliche Täter konnte wenig später von der Polizei festgenommen werden. Gerade flämische Zeitungen greifen den Vorfall prominent in ihrer Berichterstattung auf. Ihre Leitartikel widmen sie allerdings anderen Themen.
Het Nieuwsblad schreibt zur erneuten Ausweisung eines albanischen Kriminellen: Es ist das zweite Mal innerhalb von zwei Wochen, dass ein Albaner, der in Belgien vor Gericht steht, einfach abgeschoben werden soll. Die Fälle sind dabei sehr unterschiedlich. Safet Rustemi war ein Schwerkrimineller, er riskierte eine Gefängnisstrafe von mindestens neun Jahren.
Der zweite Fall, Agron G. ist eher ein kleiner Fisch. Er sollte noch als Zeuge für Informationen zu einem Drogennetzwerk angehört werden. Dass die beiden Männer der belgischen Justiz jetzt entwischen, ist sehr bedenklich. Es zeugt von mangelnder Kommunikation zwischen den Bediensteten der Ausländerbehörde und des Justizministeriums. Das sollte sich bitte schnell ändern, fordert Het Nieuwsblad.
Konsequent, aber bedenklich
Ähnlich sieht es De Standaard und führt aus: Was hat Belgien davon, wenn die Justiz ihre Arbeit nicht vernünftig machen kann, nur weil der Angeklagte sich illegal in unserem Land befindet? Zwar setzt die Ausländerbehörde mit dieser Praxis die Vorgaben von Asyl-Staatssekretär Theo Francken konsequent um. Aber wenn das dazu führt, dass Kriminelle erneut vom Ausland aus ungehindert Straftaten in Belgien organisieren können, ist so eine Praxis sehr zweifelhaft.
Außerdem verstößt die Abschiebung der Angeklagten gegen die Prinzipien unseres Rechtsstaats. Die Behörden müssen miteinander sprechen, bevor sie Entscheidungen treffen. Justizminister Koen Geens hat eine bessere Kommunikation gestern in Aussicht gestellt. Das ist gut so, lobt De Standaard.
De Morgen kritisiert: Mit dieser Abschiebepraxis von Kriminellen macht es sich Theo Francken zu einfach. Zwar zeigt das, dass die ihm unterstellte Behörde kompromisslos Illegale aus Belgien abschiebt und gerade auch kriminell gewordene Illegale – der Applaus vieler Belgier ist Francken dabei sicher. Doch untergräbt das die Arbeit der Justiz. Ein Rechtsverfahren muss ordentlich abgeschlossen werden. Das ist ein Grundwert einer Demokratie. Unser Rechtsstaat bröckelt, bedauert De Morgen.
Französisches Gesetz: Vorbild für Belgien?
La Dernière Heure notiert zum Verbot von Smartphones in französischen Schulen: Emmanuel Macron hatte es versprochen, und jetzt hat er zumindest dieses Gesetz tatsächlich durchgebracht: Ab September sind in französischen Grund- und Mittelschulen Smartphones verboten. Diese Entscheidung ist umstritten. Denn die Gegner dieses Gesetzes führen an, dass das Smartphone zu unserer heutigen Zeit einfach dazu gehört. Auch für Jugendliche. Und dass man es als pädagogisches Instrument im Unterricht benutzen sollte.
Dieses Argument überzeugt uns nicht. Denn pädagogische Instrumente gibt es bereits viele. Und das Beste ist und bleibt: Ein Lehrer, der von seinem Beruf und seinen Schülern begeistert ist und sie allein dadurch motiviert zu lernen, glaubt La Dernière Heure.
La Libre Belgique schlägt in die gleiche Kerbe und findet: Belgien sollte sich von der französischen Entscheidung inspirieren lassen. Natürlich sollen die Kinder in der Schule an das Arbeiten mit Computern herangeführt werden. Das gehört heute zur Aufgabe der Schulen. Aber das Smartphone ist ein Gerät, das zu leicht vom Wesentlichen ablenkt und konkrete soziale Kontakte verhindert. In der Schule hat das Smartphone keinen Platz, ist sich La Libre Belgique sicher.
Ganz anders Het Laatste Nieuws. Die Zeitung notiert: Die Schule hat die Aufgabe die Kinder auf das Leben in ihrer Umwelt vorzubereiten. Das Smartphone gehört zu diesem Leben dazu. Es aus der Schule zu verbannen ist so, als ob die Schule sich von der Realität abschotten wollte. Besser als ein Verbot von Smartphones wäre es, den sinnvollen Umgang mit Smartphones in den Lehrplan mit aufzunehmen: Wann benutze ich es, wie und wofür? Das ist der Weg, der gegangen werden sollte. Gut, dass in Flandern bislang keiner das Verbot von Smartphones in Schulen fordert, freut sich Het Laatste Nieuws.
Der "Tyrann" von Damaskus
Le Soir kommentiert zur Lage in Syrien: Es sieht so aus, als ob das Regime um Machthaber Baschar al Assad den langjährigen Konflikt gewonnen hat. Sicher: Widerstand gegen sein Regime wird immer noch von einigen Rebellennestern ausgehen. Eine wirkliche Gefahr sind sie aber nicht mehr.
Es stellt sich also die Frage, wie die internationale Gemeinschaft jetzt mit Assad umgehen soll. Der Tyrann von Damaskus ist verantwortlich für schwere Verbrechen. 400.000 Tote, der Einsatz von Chemiewaffen und Folter gehen auf sein Konto. Die internationale Gemeinschaft täte gut daran, das nicht ungestraft zu lassen. Das sollte sie den Opfern schuldig sein, mahnt Le Soir.
Kay Wagner