"Macron extrem unter Druck", schreibt heute L'Avenir. "Die Staatsaffäre, die Macron erschüttert", titelt Le Soir. Und De Standaard schreibt: "Der 'Gorilla' bringt Macron in Bedrängnis".
Der "Gorilla", das ist Alexandre Benalla, persönlicher Sicherheitsmann des französischen Präsidenten. Der hatte am 1. Mai einen Demonstranten geschlagen. Dabei trug Benalla illegalerweise Polizeihelm und -binde. Die Aktion wurde gefilmt, Benalla zwei Wochen vom Dienst suspendiert. Macron und seine Regierung versuchten, den Vorfall unter den Teppich zu kehren. Erst die französische Presse brachte die Angelegenheit ans Licht. Seitdem hat sich der Vorfall zu einer wahren Staatsaffäre in Frankreich entwickelt.
Le Soir schreibt dazu: Die Bilder eines Elysée-Mitarbeiters, der in Polizeimontur einen jungen Mann zu Boden schlägt, sind extrem schockierend und die Tat zu verurteilen. Hätte der Elysée-Palast unmittelbar die notwendigen Maßnahmen getroffen, hätte sich das Ganze niemals zu einer Staatsaffäre entwickeln können. In der Benalla-Affäre waren es zuerst die Presse, und später Justiz und das Parlament, die die Exekutive dazu gezwungen haben, die Gesetze anzuwenden und die ethischen Vorschriften zu respektieren. Das ist die einzige erfreuliche Sache, die man feststellen kann, so Le Soir.
Für La Libre Belgique sollte Emmanuel Macron dringend handeln: Hier geht es um seine Glaubwürdigkeit, sein Versprechen einer transparenteren "Republik der Verantwortung". Hierbei geht es aber auch um die Schere zwischen seinen Worten und der Realität. Und schließlich geht es aber auch um den Respekt vor der Demokratie. Emmanuel Macron muss sein Schweigen beenden, fordert La Libre Belgique.
L'Avenir schließlich glaubt auch, dass die Affäre die fünfjährige Präsidentschaft Macrons schwächen wird, wenn er sich weiter in Schweigen hüllt und seinen Gegnern das Wort überlässt. Die Benalla-Affäre zeigt, dass die Ausübung von höchsten Staatsämtern keine Sache von Improvisation ist. Man sollte sich dabei mit erfahrenen und vertrauenswürdigen Personen umgeben. Die Affäre zeigt, dass Macron schwierige Aufgaben auf die Schultern eines übereifrigen jungen Mannes geladen hat, der seine Nerven nicht unter Kontrolle hat. Die Zeitung erinnert: Selbst, wenn es Macron schaffen sollte, die Krise abzuwenden, so kann sie seine Präsidentschaft beflecken, so wie es die Telefonabhöraktionen seines Vorgängers François Mitterrand getan haben.
"Schlaue" Verkehrsmaut allein reicht nicht
Die flämischen Tageszeitungen beschäftigen sich in ihren Leitartikeln vor allem mit dem "Sommerabkommen" der flämischen Regierung vom Wochenende. In einer zwanzigstündigen Marathonsitzung hat sie rund 180 Tagesordnungspunkte abgearbeitet. Einer davon: die "schlaue" Pkw-Maut. Sie soll in der kommenden Legislaturperiode eingeführt werden und die bisherige Autosteuer in Flandern ersetzen. Je mehr ein Autofahrer in den Stoßzeiten unterwegs ist, desto höher die Steuer.
Gazet van Antwerpen findet das eine gute Idee: die Nutzung des Wagens zu besteuern, anstatt seinen Besitz. Menschen, die nur am Sonntag Auto fahren, bezahlen weniger als diejenigen, die täglich unterwegs sind. Doch da gibt es ein großes Problem: Die "schlaue" Verkehrsmaut allein wird das Stau-Problem nicht lösen. Die kommende flämische Regierung darf sie nicht einführen, ohne den öffentlichen Nahverkehr spürbar zu verbessern. Ansonsten wäre die Verkehrsmaut nichts anderes, als eine Bestrafung des Autofahrers für eine versagende Mobilitätspolitik, meint Gazet van Antwerpen.
Eine verpasste Chance
Het Nieuwsblad kommentiert ein anderes symbolisches Dossier: In Flandern wird es in den kommenden Jahren kein Pfand auf Plastikflaschen und Dosen geben. Vorläufig kommen lediglich strengere Normen für den Sektor bezüglich Recycling. Es gibt allerdings einige Argumente, das Pfand doch einzuführen, so die Zeitung in ihrem Leitartikel: Länder wie Deutschland oder Norwegen zeigen, wie effektiv das ist. Und: In den vergangenen Monaten ist eine "Pfand-Allianz" in den Städten und Gemeinden entstanden. Bürgermeister aller Parteien plädieren für die Einführung. Und auch in der Bevölkerung ist die Erkenntnis gewachsen, dass es so nicht weitergehen kann. Der Ärger über den Abfall nimmt zu. Wenn es in diesem Sommer um Festivals geht, genauso wie um die Küste und den Strand, dann geht es auch um die Müllhaufen, die zurückbleiben. Wenn die Regierung dann die Chance bekommt, Abfall mit einem Pfand zu vermeiden, dann sollte sie das auch tun. Es ist keine Zauberformel, aber eines der Instrumente, um das Müllproblem strukturell anzupacken. Es war eine verpasste Chance, das nicht zu tun, so Het Nieuwsblad.
Die Malaise um den Begriff "Nation"
Das GrenzEcho kommt auf den Nationalfeiertag zurück: Die Malaise um den Begriff "Nation" ist förmlich spürbar. Dabei könnte es so einfach sein, wenn wir uns als Belgier hinter den Satz "Einigkeit macht stark" scharen könnten. Warum nicht die Werte in den Mittelpunkt stellen, die wir uns auf die Fahnen geschrieben haben, statt abschottend auf die Grenzen unseres Staatsgebietes oder unserer Europäischen Gemeinschaft zu starren, wie es immer mehr Menschen unverhohlen tun? Negative Abgrenzung statt positiver Unterscheidung, meint das GrenzEcho.
Volker Krings