"Das fröhliche Belgien", titelt Le Soir. "Das Glück der Belgier", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. "Was für eine triumphale Rückkehr", schreibt L'Avenir auf Seite eins.
40.000 Fans haben gestern in Brüssel den Roten Teufeln einen triumphalen Empfang bereitet und den 3. Platz bei der Fußball-Weltmeisterschaft gefeiert. Ausnahmslos alle Zeitungen bringen heute auf ihren Titelseiten Fotos von dem Triumphzug durch die Hauptstadt. Besonders beeindruckend: Die Bilder von der prall gefüllten Grand-Place, ein schwarz-gelb-rotes Meer von begeisterten Fans.
"Es war ein Heimspiel vor 40.000 Anhängern", so fasst es De Morgen zusammen. Und oben, auf dem Balkon: Die Roten Teufel, entspannt, lächelnd, sichtlich stolz. Angeführt von ihrem Kapitän Eden Hazard, der den Fans richtig eingeheizt hat, der das Mikro gar nicht mehr loslassen wollte. "Alle Bremsen gelöst", so denn auch die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. "Ein höllisches Fest für die Teufel", bemerkt auch La Dernière Heure.
Bekloppter geht’s nicht
"Wie hätten wir da erst gefeiert, wenn wir Weltmeister geworden wären?", fragen sich da viele Zeitungen. "Geht es eigentlich noch bekloppter?", so etwa die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Gefeiert wie ein Weltmeister", so resümieren es jedenfalls das GrenzEcho und auch Het Belang van Limburg. "Ihr wart goldwert", jubeln auch Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws.
"Aber da war doch noch etwas anderes", bemerken sinngemäß Gazet van Antwerpen und Het Nieuwsblad. "Stimmt! Frankreich ist in der Zwischenzeit Weltmeister geworden". "Zweiter Stern für 'Les Bleus'", schreiben auch Le Soir und L'Avenir. Frankreich hat ja im WM-Finale Kroatien mit 4:2 geschlagen. "Ein neuer Triumph, 20 Jahre nach ihrem ersten Titel", notiert La Dernière Heure. De Morgen interpretiert das fast schon wie einen Trost: "Belgien hat nur einmal bei dieser WM verloren, und das gegen den neuen Weltmeister".
Unvergessliches "Feestje"
"Vielen Dank, liebe Rote Teufel!", so auch der Tenor in den Leitartikeln. Die Roten Teufel haben uns einen verfrühten Nationalfeiertag beschert, meint etwa La Dernière Heure. Und irgendwie sind wir gestern auch nochmal an das belgische Nationalmotto erinnert worden: Einheit macht stark.
Das haben die Fans gestern auch nochmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Keinen flämischen Löwen hat man gesehen, auch keinen wallonischen Hahn, nur schwarz-gelb-rot. Dank der Roten Teufel haben jetzt auch mal die jungen Generationen ihr belgisches Schlüsselereignis, sie werden sich jetzt auch an diesem historischen Moment erinnern, an dem ganz Belgien hinter seinen Helden stand.
"Unvergesslich", jubelt auch L'Avenir. An diesen Sommer 2018 werden wir noch lange denken. Und auch den Roten Teufeln dürfte spätestens gestern nochmal eindrucksvoll bewusstgeworden sein, wie sehr sie das ganze Land geschlossen zum Kochen bringen können.
"Gott, wie schön ist das denn?", meint fast schon gerührt Le Soir. Ein ganzes Land feiert ein "Feestje" und skandiert dabei "tous ensemble". Ein sprachlicher Eintopf. Schön, auch mal Stolz zu empfinden, in einem Land, das sich eigentlich in der Regel geduckt hält. Die Spieler haben auf dem Platz gezeigt wie es geht: Eine Gewinnermentalität entsteht durch einen starken gemeinsamen Willen. Natürlich hat sich nicht die Welt über Nacht verändert. Das Ganze kann uns aber Auftrieb geben.
Nein, man darf jetzt nichts verallgemeinern, keine übertriebenen Schlüsse ziehen, mahnt De Morgen. Was wir in den letzten vier Wochen erlebt haben, ist von kurzer Dauer, flüchtig. Rassismus und Diskriminierung werden jetzt nicht verschwinden, nur weil Spieler mit ausländischen Wurzeln Teil der Mannschaft waren. Dennoch, etwas wird bleiben.
Die Roten Teufel haben uns einen enormen Spiegel vorgehalten, in dem wir für einen Moment lang eine andere Realität gesehen haben. Eine Welt, in der eine Spitzenmannschaft durch Solidarität, Qualität und Ambition glänzen kann und dabei die Unterschiede in Punkto Hautfarbe, Religion oder Sprache vergessen lässt.
Erst an das Team denken
Wenn überhaupt, dann wäre dieser Teamgeist auch eine Lehre für die politische Klasse in diesem Land, meinen De Standaard und Het Nieuwsblad. Machen wir uns nichts vor: Diese Roten Teufel sind Profis, jedenfalls bestimmt keine weltfremden Patrioten.
Sie wissen, dass es bei einer WM auch und vor allem um ihren ganz persönlichen Marktwert geht. Sie wissen aber auch, dass sie nur glänzen können, wenn sie sich in den Dienst der Mannschaft stellen. Und wenn das Team dann erfolgreich ist, erst dann rücken auch die Einzelspieler in den Fokus. Das sollten sich auch unsere Politiker hinter die Ohren schreiben: Statt sich gegenseitig die Flöhe zu fangen, sollten sie manchmal zuerst an das Team denken.
"Muss man die ganze Hysterie um die Roten Teufel nicht etwas relativieren?", fragt sich seinerseits Het Belang van Limburg. Werden hier nicht 23 junge Männer überschätzt? Wird hier nicht die Wirklichkeit verzerrt? Natürlich ist das so! Der Herzchirurg, der jeden Tag Menschenleben rettet, der Ehrenamtliche, der Essen an arme Menschen ausgibt, der Feuerwehrmann, der unter Einsatz seines Lebens Brände löscht. Sie alle verdienen es auch, an einem sonnigen Sonntagnachmittag in einem offenen Bus durch die Hauptstadt gefahren zu werden.
Aber wissen Sie was? Die Roten Teufel sind sich dessen sehr wohl bewusst. Und davon abgesehen: Unterschätzen darf man das alles auch nicht. Sie haben ein ganzes Land zum Träumen gebracht. Und vielleicht haben sie damit doch mehr Menschen gerettet, als man glaubt.
Roger Pint