"Abtreibung verschwindet aus dem Strafgesetzbuch", notiert De Morgen auf Seite eins. "Eine symbolische Einigung zur Abtreibung", titelt dazu Le Soir. "Mehr als nur ein symbolisches Update", wertet dagegen De Standaard mit seiner Schlagzeile.
Die föderalen Regierungsparteien haben sich auf einen Text geeinigt, mit dem das Abtreibungsgesetz reformiert werden soll. Unter anderem soll es aus dem Strafgesetzbuch herausgenommen werden.
Le Soir kommentiert: Dieser Schritt ist zu begrüßen. Denn das heißt nichts anderes, als dass eine Abtreibung keine Straftat mehr sein soll. Eine Abtreibung wird dadurch zu einem rein medizinischen Eingriff. In der Praxis ist das schon längst so. Trotzdem muss man sich wundern, dass diese Entscheidung als Sieg gefeiert werden muss. Denn gleichzeitig gibt es in anderen europäischen Ländern gegenläufige Bewegungen: Polen verschärft sein Abtreibungsgesetz. In Malta müssen sich schwangere Frauen immer noch die Treppe hinunterstürzen oder sich im Ausland behandeln lassen. In dieser Hinsicht haben wir es in Belgien schon weit gebracht, stellt Le Soir fest.
Der trumpisierte Zaubertrank
De Morgen schreibt zum Ende des Streits zwischen CDU und CSU in Deutschland: Zwei Konfliktfelder haben sich vermischt. Zum einen ging es um einen Streit zwischen zwei Schwesterparteien – daran ist nichts Ungewöhnliches. CDU und CSU liegen oft im Clinch. Zum anderen ging es um die Flüchtlingspolitik. Aus europäischer Sicht ist das viel wichtiger. Denn die Lösung des Konflikts wird auch Folgen für Europa haben. Mit der Einrichtung von "Transitzentren" und der Zurückweisung von Asylbewerbern haben sich rechtspopulistische Ideen weiter Bahn gebrochen. In Europa ist das zum Trend geworden. Das ist fast so, als ob immer mehr Politiker von einem süchtig machenden, trumpisierten Zaubertrank getrunken hätten. Solange allein rechtsradikale und populistische Parteien Einfluss auf die Flüchtlingspolitik der kränkelnden Zentrumsparteien in Europa haben, bleibt die Gefahr groß, meint De Morgen.
L'Echo findet: Und am Ende gewinnt immer Angela Merkel. So ist es auch diesmal im Streit mit Horst Seehofer: Die Kanzlerin bleibt im Amt, ihr Innenminister auch. Und lächelnd hat Merkel uns erklärt, was für eine tolle Einigung man jetzt gefunden habe. Doch diesmal ist der Preis sehr hoch: Denn die Einigung ist nichts anderes, als eine Kopie des Programms der rechtsextremen Parteien. Die "Transitzentren" wecken Erinnerungen an dunkle Zeiten. Gerade in Deutschland. Die Zentren sind ein Schlag ins Gesicht der Freiheit und der Geschichte. Doch Europa scheint sich immer weiter auf diesen Weg zu begeben, schimpft L'Echo.
Gute Zahlen – auf den ersten Blick
De Standaard meint zur Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: Die Zahl der Arbeitsplätze in Belgien hat vor allem deshalb zugenommen, weil es der Wirtschaft in den vergangenen Jahren gut ging. Die Problemzonen aber bleiben die gleichen: Junge und alte Menschen haben zu oft keine Arbeit, Langzeitarbeitslose schaffen es selten wieder, eine geregelte Arbeit aufzunehmen. Deshalb ist es gut, dass die föderale Regierung diesen Sommer einen "Deal für Arbeit" vorbereiten will. Hier ist Kreativität gefragt. Und Tabus darf es da nicht geben. Es darf nicht nur darum gehen, die Unterstützung für Langzeitarbeitslose zu kürzen oder gar ganz zu streichen. Und vor allem müssen diese Maßnahmen langfristig greifen, so De Standaard.
Auch L'Avenir kommt auf die jüngsten Zahlen vom Arbeitsmarkt zurück und führt aus: Auf den ersten Blick sind all diese Zahlen gut. Doch leider verbirgt sich hinter ihnen immer etwas, das weniger gut ist. Zum Beispiel die Beschäftigungsrate: 68,5 Prozent beträgt sie jetzt. Ein Rekord. Doch leider ist sie nicht so hoch, wie sie geplant war. 52.000 Jobs wurden im vergangenen Jahr neu geschaffen. Auch ganz toll. Doch viel weniger als proportional in vielen anderen europäischen Staaten. Fazit: In der Wirtschaft ist es wie im Fußball – man darf sich nie zu früh freuen, philosophiert L'Avenir.
Für immer unvergesslich
Apropos Fußball: Einige Kommentatoren kommen auf den Achtelfinalsieg der Roten Teufel bei der WM in Russland zurück. La Dernière Heure schreibt dazu: Wenn jemand fragt, warum Fußball der Sport ist, der weltweit die meisten Emotionen weckt, und die Weltmeisterschaft der schönste Wettbewerb der Welt ist, dann gibt es künftig eine Antwort: Belgien-Japan. Dieses Spiel wird für immer unvergesslich bleiben. Die ganze Welt hat sich am Montagabend zwischen 21:00 Uhr und 21:49 Uhr an diesem Thriller ergötzt, jubelt euphorisch La Dernière Heure.
La Libre Belgique schreibt: Trainer Martínez hat sich vorbildlich verhalten. Von der Einwechslung der richtigen Spieler über seine nüchterne Analyse des Spiels bis hin zum konzentrierten Blick nach vorne – alles passt bei ihm. Er scheint zu wissen, wohin er mit den Teufeln geht. "Wir haben eine gute Chance, Brasilien auszuschalten", prophezeit er. Hoffentlich hat er Recht!, wünscht sich La Libre Belgique.
Het Nieuwsblad notiert: Mit einem 3-4-3-System will Martínez auch gegen Brasilien spielen. Nur drei Verteidiger gegen Neymar und Co., dazu drei eigene Stürmer, das verspricht ein Spektakel. Doch was bei dem Spiel zählt, ist das Ergebnis. Schafft Martínez, schaffen die Teufel beides zu verbinden?, fragt sich leicht zweifelnd Het Nieuwsblad.
Kay Wagner