"Die unglaubliche Aufholjagd der Teufel", titelt L'Avenir. "Delirium in der letzten Sekunde", so Het Belang van Limburg. "Das war viel zu spannend, Jungs", bemerkt Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Der 3:2-Sieg der belgischen Fußballnationalmannschaft gestern im Viertelfinale der Weltmeisterschaft in Russland gegen Japan ist das alles beherrschende Thema. Nach einem 0:2-Rückstand in der zweiten Halbzeit drehte Belgien das Spiel. Der Siegtreffer für die Favoriten fiel bei der letzten Aktion des Spiels. In den Kommentaren fällt der Jubel aber verhaltener aus, als in den Schlagzeilen und Berichten.
L'Avenir erinnert: Japan im Achtelfinale – das sah aus wie ein einfaches Sushi, das Belgien kurz vor dem Spiel gegen Brasilien noch verputzt. Doch um ein Haar wäre das Spiel zum Albtraum geworden. Fußballerisch war das Spiel eins der schlechtesten der Roten Teufel. Aber das Spiel wird trotzdem als vollkommen verrückt in die Annalen eingehen – weil es so emotional war. Ein wahres Wunder. Solche Spiele können wie ein Elektroschock wirken. Große Mannschaften brauchen große Momente, weiß L'Avenir.
La Dernière Heure gibt zu: Seien wir ehrlich, wir haben die Teufel schon auf der Heimreise gesehen. Ein Spiel, das geprägt war von vielen Fehlern. Auch mental schienen die Spieler nicht auf der Höhe eines Achtelfinales zu sein. Alles, was man für so ein Spiel braucht, war nicht vorhanden: Körpersprache, Bewegung, die überraschenden Momente. Erst die Einwechselspieler brachten das in die Mannschaft. Nach der ersten Euphorie muss jetzt alles mit kühlem Kopf analysiert werden. Denn gegen Brasilien dürfen sich die Teufel nicht erlauben, eine Stunde in ein schwarzes Loch zu fallen. Sogar schon einige Minuten können gegen die Seleção verheerend sein. Die Roten Teufel müssen ihr Top-Niveau zeigen, ist sich La Dernière Heure sicher.
Auch Het Laatste Nieuws meint: Mit den Ersatzspielern kam die Wende. Zuvor befanden sich die Roten Teufel in einer Art Koma. Von den angeblichen Weltstars Hazard und Lukaku war kaum etwas zu sehen. Als es dann plötzlich 0:2 stand, musste man das Schlimmste befürchten. Denn früher wäre es dann vorbei gewesen. Man hätte nur noch Spieler gesehen, die mit hängenden Köpfen auf dem Rasen dem Ball hinterhergetrabt wären und sich selbst schon aufgegeben hätten. Gestern war es anders – und das macht Hoffnung. Plötzlich konnten die Teufel wieder kämpfen, zeigten Siegeswillen bis zur letzten Minute. Für eine Weltmeisterschaft braucht eine Mannschaft Charakter. Gut, dass die Teufel den haben, freut sich Het Laatste Nieuws.
Ungenutztes Potential
Die Wirtschaftszeitung De Tijd schreibt zu den jüngsten Zahlen vom Arbeitsmarkt: Das sind gute Nachrichten, die wir gestern vernehmen durften. Mehr Arbeitsplätze, Rückgang der Arbeitslosenzahlen und weniger Firmenpleiten in Flandern. Festzuhalten bleibt aber auch, dass es 140.000 nicht besetzte Stellen gibt und außerdem grundsätzlich zu viele junge und alte Menschen nicht arbeiten. Gerade um die Älteren müsste sich der Staat mehr kümmern. Die Regierung täte gut daran, das zu beherzigen. Denn ältere Arbeitnehmer stellen ein Wirtschaftspotential dar, das zurzeit zu wenig genutzt wird, stellt De Tijd fest.
Auch Le Soir legt den Fokus auf die älteren Arbeitnehmer und führt aus: Statt sie einfach zu entlassen, wie viele Unternehmen das gerne tun, wenn es um Umstrukturierungen geht, müsste man kreativ mit den älteren Arbeitnehmern umgehen. Neue Aufgabenfelder für sie oder eine Verringerung der Arbeitszeit wären einige Maßnahmen, die viel besser sind, als sie auf die Straße zu setzen, findet Le Soir.
Sich und der Immunität keinen Gefallen getan
La Libre Belgique schreibt zur Immunität von Politikern: Es ist schwer, zu entscheiden, ob eine solche Immunität noch zeitgemäß ist, oder nicht. Viele stellen sie jetzt in Frage, nachdem ein Gericht in Lüttich den Kammerabgeordneten und Bürgermeister von Seraing, Alain Mathot, der Korruption für schuldig befunden hat, obwohl er gar nicht angeklagt war. Denn die Kammer hatte der Staatsanwaltschaft verweigert, die Immunität von Mathot aufzuheben. Wie gesagt: Grundsätzlich ist die Immunitätsfrage schwer zu entscheiden. Aber im Fall Mathot hat sich der PS-Politiker selbst keinen Gefallen getan, auf seine Immunität zu pochen. Denn ohne sie hätte er sich viel besser verteidigen können in einem Prozess, in dem sein Name sowieso die ganze Zeit im Raum stand, findet La Libre Belgique.
Merkel im Morast
De Standaard schreibt zum vermeintlichen Ende des Streits zwischen CDU und CSU in Deutschland, bei dem es um die Flüchtlingspolitik ging: Die Bayern haben bei diesem Streit alle politischen Fehler gemacht, die man eigentlich vermeiden sollte. Zum Beispiel das Hauptthema des politischen Konkurrenten als Gegenstand eigener Forderungen in die Debatte einbringen. Interne Streitigkeiten öffentlich austragen. Sich selbst harte Ultimaten stellen und sich damit Verhandlungsspielraum nehmen. Das alles hat Deutschland fast lahmgelegt. Europa hielt den Atem an. Während US-Präsident Donald Trump fast täglich die seiner Meinung nach untragbaren Verhältnisse im Westen aufzeigt, steckt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel im Morast fest, analysiert De Standaard.
Kay Wagner