"Asyl-Zentren in Nordafrika – ein Plan mit vielen offenen Fragen", schreibt De Standaard auf Seite eins. "Ein Mini-Gipfel, um Merkel zu retten", notiert Le Soir. Und La Libre Belgique schreibt auf ihrer Titelseite: "Trump gibt Druck nach und stoppt Trennung von Flüchtlingsfamilien".
Die Aktualität rund um das Thema "Flüchtlinge" greifen viele Zeitungen in ihren Leitartikeln auf. L'Echo kommentiert zur Situation in den USA: Mit dem, was US-Präsident Donald Trump da gemacht hat – nämlich Flüchtlingskinder von ihren Eltern zu trennen – hat er sich selbst ins Abseits gestellt. Er ist ein Paria der freien Welt geworden. Europa muss achtgeben, dass es das nicht auch wird. Europa ist reich und hat deshalb eine gewisse Verantwortung gegenüber der Welt. Europa muss dem Leid der Menschen mit Menschlichkeit begegnen. Zurzeit ist das nicht der Fall, findet L'Echo.
De Morgen stellt fest: Das Beispiel Trump zeigt, dass man Politik und Moral nicht voneinander trennen kann. Das gilt auch für die EU und ihre aktuelle Diskussion über den Umgang mit Flüchtlingen. Die Frage hier ist: Wenn die EU eine Mauer um Europa baut, ist sie dann auch bereit, Scharfschützen auf die Wachtürme zu stellen? Einige europäische Politiker wären dazu bereit. Und wir? Die Frage ist zwar noch hypothetisch, aber das kann sich schnell ändern, warnt De Morgen.
Neokolonialistische Methoden
Het Laatste Nieuws notiert: EU-Ratspräsident Donald Tusk hat für Asylsuchende die Einrichtung von Auffangzentren außerhalb Europas vorgeschlagen. Vielleicht bekommt er dafür auch Zustimmung auf dem anstehenden EU-Gipfel. Eine Dauerlösung wird das allerdings nicht sein. Vielmehr zeigt es die Ohnmacht der EU vor dem Flüchtlingsproblem: Alleine kann sie es nicht lösen. Vielmehr greift sie jetzt auf Methoden eines Neokolonialismus zurück. Andere Länder sollen die Drecksarbeit machen, weil die EU sich das finanziell leisten kann. Der Vorschlag von Tusk ist pragmatisch. Einen Schönheitspreis verdient er nicht, urteilt Het Laatste Nieuws.
De Tijd findet: Die EU hat die Flüchtlingsfrage zu lange vernachlässigt. Jetzt ist die Sache zu verfahren, als dass sie zügig gelöst werden könnte. Einen Durchbruch wird es auf dem EU-Gipfel nicht geben. Denn viel zu viele Fragen werden offen bleiben, selbst wenn sich die Gipfelteilnehmer auf den Plan von Tusk einigen können. Im besten Fall kommt ein schlechter Kompromiss heraus. Andernfalls droht ein praktisch nicht umsetzbarer Beschluss. Und dann kann die Krise wieder richtig losgehen, orakelt pessimistisch De Tijd.
Gazet van Antwerpen glaubt: Viele Menschen haben das Vertrauen verloren, dass die EU das Problem der Flüchtlinge lösen kann. Das führt dazu, dass auch die Bereitschaft der Menschen sinkt, Flüchtlinge aufzunehmen, die tatsächlich Schutz und Hilfe benötigen. Das ist besorgniserregend und das Ergebnis einer unverantwortlichen Politik, schlussfolgert Gazet van Antwerpen.
Ähnlich das GrenzEcho: Wenn ein Staat es nicht schafft, seine Grenzen vor Eindringlingen und seine Bevölkerung vor Menschen zu schützen, die sich illegal auf dem Staatsterritorium aufhalten, öffnet er Tür und Tor für Populisten und rechte Parteien, die sich den Respekt von Recht und Ordnung auf die Fahnen schreiben – und nicht zuletzt deswegen schwer zu bekämpfen sind. Man kann sich nur wünschen, dass unsere Politiker diese Lektion beherzigen und staatlichem Laxismus abschwören, fordert das GrenzEcho.
Was ist die Unterschrift der Kanzlerin noch wert?
Le Soir freut sich über die Einigung, die Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Eurobudget gefunden haben und jubelt: Das ist eine außergewöhnlich gute Nachricht. Ein großer Sieg für Macron, der ein solches Eurobudget als ein wichtiges Element ansieht, um die EU zu stärken. Vor wenigen Monaten noch hätte man geglaubt, dass eine solche Einigung nie möglich wäre. Doch der ganze Jubel wird getrübt durch die Misstöne, die aus Merkels eigener Regierung kommen. Jeder fragt sich jetzt mit Sorge: Was ist die Unterschrift der Kanzlerin noch wirklich wert? Ist sie noch in der Lage, Europa zu lenken?, grübelt Le Soir.
Von Zyklen und Schuldenschnitten
Das Föderale Planungsbüro hat gestern seine Prognosen für das Wirtschaftswachstum in Belgien nach unten korrigiert. Dazu kommentiert L'Avenir: Das ist ein untrügliches Zeichen – und so haben es die Experten gestern auch gesagt -, dass die aktuell guten Zeiten wieder zu Ende gehen. Ein ganz normaler Vorgang im Wirtschaftskreislauf. Zwei Lehren können aus den vergangenen guten Jahren gezogen werden: Die Zyklen, also der Wechsel zwischen guter und schlechter Wirtschaftslage, werden immer kürzer. Und der Reichtum, der in den guten Zeiten erwirtschaftet wird, verteilt sich nicht mehr auf alle Menschen der Gesellschaft, stellt L'Avenir fest.
La Libre Belgique blickt nach Griechenland und schreibt: Heute könnte die Eurogruppe beschließen, dass die EU bald keine Hilfsgelder mehr an Griechenland zahlt. Einfach deshalb, weil es Griechenland wieder wirtschaftlich gut geht. Doch dieser Schein trügt. Unter der Oberfläche leidet Griechenland weiter. Um das Land langfristig fit für die Zukunft zu machen, bedarf es eines Schuldenschnitts, ist sich La Libre Belgique sicher.
Kay Wagner