"Bereit für die WM", titelt La Dernière Heure und Het Belang van Limburg. "Russland, wir sind bereit!", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Auf einem roten Teppich nach Russland", so die Schlagzeile von L'Avenir.
Bei den Zeitungen steigt die Vorfreude auf die Fußballweltmeisterschaft in Russland, die am Donnerstag beginnt. In ihrem letzten Vorbereitungsspiel haben die Roten Teufel jedenfalls absolut überzeugen können. In Brüssel schlug die Nationalmannschaft am Abend Costa Rica souverän mit 4:1. "Und das verleiht Flügel", bemerkt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Gazet van Antwerpen formuliert es etwas blumiger: "Mit einem herrlichen Gefühl nach Russland", schreibt das Blatt. Und auch die sonst eher kritische Zeitung Het Laatste Nieuws ist offensichtlich begeistert und schreibt: "Magie liegt in der Luft".
La Dernière Heure denkt ihrerseits aber auch schon an mögliche Randerscheinungen der WM. Das Blatt hat einen, "beängstigenden Bericht" einsehen können, aus dem wohl hervorgeht, dass die Brüsseler Polizei nicht wirklich auf ausufernde Siegesfeiern von Fußballfans vorbereitet ist. Problem sind demnach vor allem mangelnde personelle und materielle Mittel. "Unsere Polizei ist bereit", beteuert aber seinerseits der Brüsseler Bürgermeister Philippe Close.
Fest der Nationen statt Nationalismus
Wir alle erinnern uns noch an die spektakulären Bilder, als die Jubelfeiern nach der WM-Qualifikation von Marokko in der Brüsseler Fußgängerzone in Stadtguerilla ausarteten, notiert La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. So etwas wollen wir nicht mehr sehen! Denn mal ehrlich: Es ist doch nur Fußball. Wir hoffen auf ein Fest der Nationen, nicht des Nationalismus.
De Morgen sorgt sich derweil eher um die Sicherheit der belgischen Fans im Gastgeberland. "Wie viel Angst müssen wir haben vor den russischen Hooligans?", fragt sich das Blatt. Die russischen Fußball-Rowdies gelten als besonders gewaltbereit und brutal; "dass sie gut organisierte Kampfmaschinen sind, das haben sie bei der letzten EM in Frankreich bewiesen", bemerkt De Morgen. Das Blatt ist aber überzeugt, dass der russische Präsident Wladimir Putin alles tun wird, um die heimischen Schläger unter Kontrolle zu halten.
Viele Belgier werden aber wohl ohnehin nicht nach Russland reisen, um die Roten Teufel anzufeuern, glaubt L'Echo. Das ist allein eine Frage des Budgets. Pro Spiel müssen die Fans mindestens 600 Euro einplanen. Das hat schon allein mit den enormen Distanzen zu tun. Das werden wohl nur die ganz eingefleischten Anhänger in Kauf nehmen, glaubt das Blatt.
"Weggeschickt von Italien, willkommen in Spanien"
Viele Zeitungen beschäftigen sich aber heute auch mit dem Schicksal der 629 Flüchtlinge, die sich an Bord des Rettungsschiffs "Aquarius" befinden. Eine Hilfsorganisation hatte die Migranten auf See gerettet. Italien und auch Malta weigern sich aber, die Menschen aufzunehmen. Dann kam es aber zu einer überraschenden Wendung: "Spanien will die Flüchtlinge aufnehmen, die von Italien zurückgewiesen werden", schreibt Le Soir auf Seite eins. Het Nieuwsblad formuliert es prägnanter: "Weggeschickt von Italien, willkommen in Spanien". "Das Schicksal der 'Aquarius' bleibt aber unsicher", schränkt L'Echo ein. Das Schiff ist nämlich noch 1.300 Kilometer entfernt von der spanischen Küste. De Standaard zieht aber schon mal ein Fazit: "Die europäische Flüchtlingspolitik hat Schlagseite", schreibt das Blatt auf seiner Titelseite.
"Italien pokert hier mit den europäischen Grundrechten", beklagt De Standaard in seinem Leitartikel. 629 Menschen werden hier zum Spielball eines politischen Kalküls. So viel ist ihr Schicksal also noch wert. Nichts verdeutlicht mehr als dieses würdelose Schauspiel, wie sehr sich die Geister in Europa verdüstern.
So löst man keine Probleme
Man kann solche Menschen doch nicht im Stich lassen, wettert De Morgen. Unter den Flüchtlingen sind 134 Kinder und sieben schwangere Frauen. Egal, welche Motive sie haben, um die gefährliche Überfahrt zu wagen, solchen Leuten muss man einfach nur helfen. Wir haben aber nicht nur die schlechtesten, sondern auch die besten Seiten unseres Kontinents gesehen: Einige italienische Hafenstädte hatten schon angekündigt, die Flüchtlinge aufzunehmen, bevor dann auch Spanien sein Hilfsangebot gemacht hat.
"Ohnehin greift die Politik der neuen italienischen Regierung zu kurz", ist Het Nieuwsblad überzeugt. Glaubt Innenminister Salvini wirklich, dass er mit einer Twitter-Botschaft und 280 Schriftzeichen ein so komplexes Problem lösen kann? Seine Fans mögen jetzt vielleicht seine scheinbare Durchsetzungskraft bejubeln. Zu glauben, dass die Migranten damit über Nacht verschwinden werden, das ist aber eine Illusion.
Gazet van Antwerpen sieht das ähnlich. Einfach nur die Grenzen dicht zu machen, wie es Salvini oder auch Asyl-Staatssekretär Theo Francken predigen, das ist allenfalls eine zeitweilige Lösung. Das Problem liegt in den Herkunftsländern. Die dort regierenden Diktaturen und die allgemeine Armut treiben die Menschen in Richtung Europa. Dort muss man den Hebel einsetzen. Die Probleme insbesondere in Afrika zu lösen, das muss die Priorität der Europäischen Union sein, nicht den Kontinent abzuschotten.
Belgier sorgen sich um ihre Rente
Le Soir und Het Laatste Nieuws bringen schließlich heute noch weitere Erkenntnisse aus ihrer jüngsten großen Umfrage. Demnach befürchten drei von vier Belgiern, dass sie im Ruhestand keine statthafte Pension mehr bekommen werden. Zudem ist eine Mehrheit davon überzeugt, dass das ideale Rentenalter immer noch 62 und nicht 67 Jahre ist.
Doch selbst einen Renteneintritt mit 62 wagt diese Regierung nicht durchzusetzen, beklagt Het Laatste Nieuws. Nach wie vor gehen die Belgier zu früh in Rente. Insbesondere der frankophonen MR mangelt es immer noch an Durchsetzungskraft.
Le Soir hat eine ganz andere Lesart: Diese Regierung hatte nie ein Mandat, um eine Rentenreform durchzuführen. Schlicht und einfach, weil das in keinem Wahlprogramm stand. Und dann hat sich diese Koalition auch noch geweigert, einen wirklichen Dialog mit der Zivilgesellschaft zu führen. Das Mindeste wäre gewesen, den Bürgern das Ganze mal vernünftig zu erklären.
Roger Pint