"Die Anwälte von Mawda wollen Francken verklagen", titelt Le Soir. "Schicksal der Eltern von Mawda spaltet die Regierung", schreiben fast gleichlautend Het Laatste Nieuws und De Morgen auf ihren Titelseiten.
Der Fall Mawda beschäftigt weiter die Zeitungen. Le Soir berichtet, dass die Anwälte der Eltern des getöteten Flüchtlingskindes Mawda sowohl Asylstaatssekretär Theo Francken als auch N-VA-Parteichef Bart De Wever zivilrechtlich verklagen wollen. Beide hätten vertrauliche Informationen über die Familie ohne rechtliche Grundlage veröffentlicht. Unterdessen haben die Eltern von Mawda förmlich einen Antrag auf Bleiberecht gestellt.
"Bleiberecht ohne Bedingungen"
L'Avenir kommentiert: Ein Bleiberecht für die Eltern wäre das natürlichste der Welt. Ihr Kind ist auf einer belgischen Autobahn durch die Kugel eines belgischen Polizisten ums Leben gekommen - jedem ist doch klar, dass wir der Familie ein Bleiberecht zugestehen müssen, ohne Bedingungen. Nur Bart De Wever ist dagegen. Ende vergangener Woche hat er dafür dann auch Schelte bezogen, quer durch alle Parteien. Von der PTB bis zum Premierminister. Nur seine Parteifreunde haben sich hinter De Wever gestellt. Premierminister Charles Michel hat angekündigt die Sache intern regeln zu wollen. Im Kernkabinett, im Konsens. Da wird es eine hübsche Schlammschlacht geben, ist sich L'Avenir sicher.
Het Laatste Nieuws findet: Mit ihrer Kritik an Bart De Wever hat die Grünenvorsitzende Meryem Almaci recht gehabt. De Wever hätte besser seinen Mund gehalten. Denn man kann Eltern nicht vorwerfen, das Beste für ihre Kinder zu wollen. Manchmal müssen Eltern dafür auch sich selbst und ihre Kinder in Gefahr bringen. Wie im Fall von Mawda geschehen.
Hier liegt aber nicht das eigentliche Problem. Die vorläufige Konsequenz aus dem Fall Mawda ist vielmehr die Erkenntnis, dass die europäischen Staaten den Umgang mit Flüchtlingen nicht in den Griff bekommen. Das ist der eigentliche Grund für das menschliche Drama. Und ja, das ist es, ein Drama, betont Het Laatste Nieuws.
Bald noch mehr Stimmen für Lega Nord und Fünf-Sterne?
La Libre Belgique schaut nach Italien. Dort hat am Sonntag der mit der Regierungsbildung beauftragte Juraprofessor Giuseppe Conte das Handtuch geschmissen. Staatspräsident Sergio Mattarella wollte den designierten europakritischen Finanzminister Paolo Savona nicht im geplanten Kabinett von Conte akzeptieren.
La Libre Belgique analysiert: Die rechtsgerichtete Lega Nord und die populistische Fünf-Sterne-Bewegung haben ein taktisches Spiel gespielt. Sie wussten, dass Paolo Savona eine Reizfigur ist. Hätten sie ihn als Finanzminister durchgeboxt, hätten sie einen Prestigeerfolg erreicht. Sie hätten ihre Ideologie im Finanzministerium verankert. Dadurch, dass Savona abgelehnt worden ist, bietet sich den beiden Parteien aber auch eine Chance. Sie können bei den sehr wahrscheinlich gewordenen Neuwahlen darauf verweisen, dass das Establishment in Form von Staatspräsident Mattarella den Volkswillen nicht geachtet hat. Das könnte Lega Nord und der Fünf-Sterne-Bewegung noch mehr Stimmen von noch mehr unzufriedenen Bürgern bringen, sorgt sich La Libre Belgique.
Sieg der Demokratie
Die Iren haben sich bei einer Volksbefragung mehrheitlich dafür ausgesprochen, Abtreibungen zu legalisieren. Le Soir jubelt: Das irische "Ja" ist ein Sieg. Nicht nur ein Sieg der Frauen, die endlich mehr Selbstbestimmung bekommen, sondern auch ein Sieg der Demokratie und der sinnvollen Durchführung einer Volksbefragung. Denn vor dieser Volksbefragung wurde sachlich informiert und diskutiert. Ein demagogischer Diskurs war dem irischen Referendum fremd. Sogar der Premierminister konnte zugeben, dass er seine Meinung im Laufe des Prozesses geändert hat. Sein ursprüngliches "Nein" verwandelte sich in ein "Ja". Für Belgien könnte das ein Vorbild sein. Auch hier soll ja das Abtreibungsgesetz eventuell geändert werden. Warum nicht auch bei uns das Volk befragen, stellt Le Soir in den Raum.
Auch De Morgen freut sich über das irische "Ja" und schaut danach ebenfalls nach Belgien. Die Zeitung schreibt: Obwohl es Frauen in Belgien schon seit Jahrzehnten viel besser haben, als in Irland, liegt auch hier noch einiges im Argen beim Thema Abtreibung. Immer noch werden Frauen schief angeschaut, wenn sie sagen, dass sie abgetrieben haben. Die Zeit von zwölf Wochen, in der ein Schwangerschaftsabbruch legal ist, ist viel zu kurz. Die OpenVLD will das Abtreibungsgesetz verändern. Warum macht sie nicht mehr Druck bei ihren Koalitionspartnern, damit endlich etwas passiert, fragt sich De Morgen.
Der Flame hängt an seinem Auto
De Standaard beschäftigt sich mit einer neuen Studie zur kilometerabhängigen PKW-Maut. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Maut ein Vorteil für die Gesellschaft wäre. De Standaard kommentiert: Jetzt haben wir es also schwarz auf weiß. Die Maut würde uns was bringen. Flanderns Verkehrsminister Ben Weyts ist als Politiker auch nicht abgeneigt, Neuerungen einzuführen. Warum wird er dann nicht aktiv?
Weyts weiß genau, dass diese Maßnahme äußerst unpopulär wäre. Der Belgier und besonders der Flame hängt an seinem Auto. Ihn dafür zur Kasse zu bitten, das will er nicht. Es ist also verständlich, dass Weyts das Thema Maut der nächsten Regierung überlassen will, so De Standaard.
Kay Wagner