Katastrophe in Duisburg - Sicherheitslücken?
Kommen wird zunächst zur Katastrophe von Duisburg, die 19 Menschenleben forderte und praktisch auf keiner Titelseite fehlt. In Balkenüberschriften ist die Rede von einer "Horrorparade", von einer "Todesparade", von der "Hölle bei der Love Parade" und von einer "vermeidbaren Katastrophe".
Kommentierend heißt es dazu in De Morgen, es sollte ein schönes Fest werden, doch es wurde ein neues Heysel-Drama. Beim letzteren hatte man noch wenig Erfahrung mit Panik bei großen Massenveranstaltungen, doch inzwischen gibt es die Erfahrung und man hätte daraus die Konsequenzen ziehen müssen. Die Stadt Gent hat dies auch getan, indem sie im letzten Jahr aus Sicherheitsüberlegungen die Veranstaltung einer Love Parade ablehnte. In Duisburg wurden die elementarsten Vorbedingungen zur Sicherheit der Teilnehmer missachtet. Wenn man Menschen in eine Rattenfalle treibt, dann verhalten sie sich auch wie Ratten.
Het Laatste Nieuws zufolge ist Massenhysterie unberechenbar. Trotzdem tragen die Organisatoren dieser Veranstaltung eine erdrückende Verantwortung, weil sie die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen nicht getroffen haben.
19 Tote - Die Verantwortlichen müssen ermittelt werden
In ähnlichem Sinne äußert sich auch De Standaard, wo es unter anderem heißt, es darf nicht sein, dass jene, die für diese Katastrophe die Verantwortung tragen, ungestraft davonkommen. Innenministerin Turtelboom behauptet, dass in Belgien seit dem Heysel-Drama für jede größere Veranstaltung vorab ein Sicherheitskonzept vorgelegt werden muss. Trotzdem ist ein unvorhersehbares Unglück nie ganz auszuschließen. Deshalb sollte man bei Zweifeln hinsichtlich der Sicherheit ein Festival lieber ausfallen lassen.
Le Soir fordert in diesem Sinne die verantwortlichen Behörden auf, den Veranstaltern, die unter dem Vorwand des allgemeinen Interesses nur an ihr eigenes Portemonnaie denken, ein Veranstaltungsverbot entgegenzusetzen, wenn es in Sachen Sicherheit auch nur den geringsten Zweifel gibt.
Zum gleichen Thema heißt es im Kommentar des Belang van Limburg: In den letzten Jahren sind die Musikfestivals immer sicherer geworden. Probleme gibt es lediglich bei einmaligen Veranstaltungen oder jenen, die jährlich an einem anderen Ort ausgetragen werden. Deshalb sollte man in solchen Fällen die Sicherheitsauflagen noch verschärfen und selbst mit dem Unmöglichen rechnen. Dies sollte die Lehre von Duisburg sein, auch für Organisatoren, Behörden und Polizeidienste in Belgien.
Di Rupos Verhandlungen: Diskretion oder undemokratischer Politikstil?
Das zweite große Kommentarthema der Inlandspresse sind die Bemühungen von Präformateur Di Rupo im Hinblick auf die Regierungsbildung. Gazet van Antwerpen äußert sich besonders kritisch, wenn sie schreibt, rund sechs Wochen nach den Wahlen ist bislang kaum etwas geschehen. Die politischen Spielchen gehen lustig weiter, und das Gerangel um eine eventuelle Regierungsbeteiligung der Grünen zeigt, dass die Parteiinteressen noch immer Vorrang vor dem Allgemeinwohl haben.
Het Laatste Nieuws beklagt vor allen Dingen, dass die Öffentlichkeit so gut wie gar nicht auf dem Laufenden gehalten wird. Für eine gewisse Diskretion hat man zweifellos Verständnis, doch man weiß ja nicht einmal, wer mit wem und worüber spricht. So funktioniert Politik vielleicht in Weißrussland, aber nicht in einer westeuropäischen Demokratie.
Het Nieuwsblad findet, dass Di Rupo jetzt schnell Dampf ablassen sollte, indem er bekanntgibt, welche Parteien die neue Regierung bilden werden und er somit zum eigentlichen Formateur werden kann. Ein gewisser Fortschritt wäre also schon nötig, damit die Presse und die öffentliche Meinung nicht einem Pessimismus anheimfallen, der dann sehr schnell auch auf die Regierungsunterhändler abfärben könnte.
Für Le Soir müssen die Grünen jetzt Farbe bekennen, das heißt konkret sagen, ob sie bereit sind, eine große Staatsreform aus der Opposition heraus zu unterstützen.
Grüne: Nicht mitregieren, aber mitreformieren
La Dernière Heure zufolge ist dies so gut wie sicher. Allerdings verlangen Groen und Ecolo, dass sie in diesem Fall von vornherein an den institutionellen Verhandlungen beteiligt werden, um nicht im Nachhinein gezwungen zu werden, einen Blankoscheck zur Staatsreform zu unterschreiben.
Im gleichen Zusammenhang notiert La Libre Belgique: Bei den Gesprächen über die Haushaltssanierung und die Wiederankurbelung der Wirtschaft sind die Grünen nicht dabei. Eingeladen werden sie lediglich, wenn es um die Staatsreform geht. Folglich scheint wohl festzustehen, dass sie der künftigen Regierung nicht angehören werden, und dass diese folglich nicht über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügen wird. Eine Staatsreform wird somit nur möglich sein, wenn die Grünen sie aus der Opposition heraus unterstützen.