"Bpost wird Europas Spitzenreiter", zitiert De Morgen heute den optimistischen Bpost-Chef Koen Van Gerven. Der hat davor aber einige Probleme zu lösen: In den letzten zwei Monaten verlor Bpost 2,4 Milliarden Euro an Börsenwert. Die geplante Übernahme von PostNL vor zwei Jahren scheiterte, die Übernahme des amerikanischen Paketversenders Radial sorgt für Verluste, der Briefversand sinkt seit Jahren. Hinzu kommen Sozialkonflikte.
Dazu meint De Morgen: Das alles ist kein Zufall. Mit dem Aufstieg der E-Mail wurde der Tod der Post ein erstes Mal angekündigt. Bpost überlebte auf wundersame Weise. Doch jetzt kündigt sich bereits ein neuer digitaler Sturm an: Wie viele andere Unternehmen auch ist Bpost davon überzeugt, dass mit dem Paketversand Umsätze gemacht werden müssen. Es bleibt aber unsicher, wie lange damit Gewinn gemacht werden kann. Natürlich bekommt jetzt der Staat als größter Anteilseigner von den üblichen Verdächtigen eine Lösung präsentiert: Privatisierung.
Im Fall der Post heißt das: Arbeitsplätze streichen, Postämter schließen, Arbeitsbedingungen verschärfen, Dienstleistungen abbauen. Und schlussendlich, weil wir ja in Belgien sind: der Ausverkauf ans Ausland. Alles so zu lassen, wie es ist, ist niemals eine gute Wahl. Es ist sinnlos, Postämter offen zu lassen, wenn dort keine Briefe mehr verschickt werden. Aber: Die Post als halbstaatliches Unternehmen hat auch ihre Rolle als "sozialer Klebstoff" in einer lokalen Gemeinschaft zu bewahren. Es wäre gut, diese Rolle genau zu definieren und korrekt zu finanzieren, mahnt De Morgen.
Hahnenkämpfe am Nordbahnhof
De Standaard beschäftigt sich mit der Problematik der Migranten und Obdachlosen am Brüsseler Nordbahnhof. Seit Kurzem suchen die dort wieder ein Plätzchen für die Nacht. Das führt zu unhaltbaren hygienischen Zuständen und einem Gefühl der Unsicherheit bei den Reisenden. Die Zeitung meint: ein unhaltbarer Zustand ja, aber gleichzeitig auch ein sehr begrenztes Problem. Der Bürger erwartet, dass es schnell und effizient gelöst wird. Stattdessen sehen wir Hahnenkämpfe lokaler, regionaler und föderaler Politiker, die sich gegenseitig die Rechnung dafür unterschieben wollen.
Was das Ganze noch trauriger macht, sind die Wortgefechte aus platten Wahlmotiven. Was die betreffenden Politiker zu gewinnen glauben, indem sie sich den Schwarzen Peter zuspielen, ist ein Rätsel. Es geht schlussendlich um nicht mehr als ein paar Dutzend, höchstens hundert Personen, von denen ein großer Teil kein Bleiberecht hat. Von verantwortungsvollen Politikern darf man erwarten, dass sie gemeinsam überlegen, um eine Lösung zu finden. Je höher ihr Platz in der Hierarchie, desto größer ist ihr Versäumnis, wenn diese Lösung nicht kommt, kritisiert De Standaard.
Ein Jahr Macron
De Tijd blickt nach Frankreich und auf Emmanuel Macron: Am Montag ist es ein Jahr her, dass die Franzosen ihn zum Präsidenten gewählt haben. Die Zeitung zieht Bilanz: Das erste Jahr war nicht einfach und auch nicht alles ist lobenswert. Macron baute seine Macht auf einer Bürgerbewegung auf. Doch seit dem Tag, an dem er Präsident wurde, übt er diese Macht von oben herab aus. Und das Parlament, voll mit neuen Politikern, die ihr Mandat ihm persönlich zu verdanken haben, folgt ihm gehorsam. Hinzu kommt eine von pompösem Gehabe durchdrungene Präsidentschaft, die nur in einem Land wie Frankreich einigermaßen erträglich ist.
Doch was Macron versucht, ist das Interessanteste, was Europas Politik seit Jahren zu sehen bekommen hat: In seiner Politik wandert er von links nach rechts, Widerstände werden ausgeblendet. Denn er hat nur ein Ziel vor Augen: das eingerostete System wieder zum Laufen zu bringen. Auch Belgien hat dasselbe Problem: Die soziale Sicherheit ist nicht länger bezahlbar. Das erfordert ein Eingreifen der Politik. Und sorgt für Kämpfe darüber, wie das geschehen soll.
Die einen Parteien profilieren sich gegen Einsparungen, die anderen gegen Steuererhöhungen oder längeres Arbeiten. Das Ganze endet dann in einem Grabenkrieg, dessen einzige Lösung darin besteht, die Rechnung an die kommenden Generationen weiterzuleiten – und zwar in Form von Haushaltsdefiziten und Schulden. Das Interessante an Macron ist, dass er die politischen Spielregeln neu schreibt, fasst De Tijd zusammen.
Der #MeToo-Kampf geht unerbittlich weiter
Le Soir blickt auf einige Ereignisse der vergangenen Woche zurück, die alle miteinander zu tun haben: Eric Massin, der, nachdem er eine politische Gegnerin als "Schlampe" bezeichnet hatte, vom Amt des PS-Verbandschefs von Charleroi zurücktreten musste; die Absage des diesjährigen Literaturnobelpreises aufgrund eines Missbrauchsskandals innerhalb der Schwedischen Akademie und der Rauswurf von Bill Cosby und Roman Polanski aus der Oscar-Akademie.
Le Soir glaubt: Das alles zeigt: Sexistisches Verhalten, egal wie schwer, wird nicht mehr nur nicht toleriert, sondern hat auch Konsequenzen. Es reicht nicht mehr, seine Taten zuzugeben, sich zu entschuldigen oder nach einem Akt der öffentlichen Reue zur Tagesordnung zurückzukehren. Die Gesellschaft und nicht nur die Gemeinschaft der Feministen verlangt von demjenigen, der einen Fehler begangen hat, dass er den Preis dafür zahlt. Das zeigt auch, dass die Affäre Weinstein nicht nur ein vorübergehendes Phänomen war. Der Kampf gegen Sexismus muss weitergeführt werden, ist Le Soir überzeugt.
VK