"Ethische Kleidung lässt Belgien kalt", titelt die flämische Tageszeitung De Standaard am Montag. Multinationale Konzerne, die unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren lassen, haben in Belgien nichts zu befürchten. Das geht aus einer Studie der Katholischen Universität Löwen hervor. Belgiens Politik tue demnach zu wenig, um die Konzerne dazu zu zwingen, ihre Produktionsketten nachhaltiger und ethischer zu gestalten. Und dass, obwohl Belgien eine dementsprechenden UN-Richtlinie unterzeichnet hat.
Ausbeutung bleibt Trumpf
Dazu meint die Zeitung: Seit dem Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch vor fünf Jahren, bei dem 1.100 Arbeiterinnen und Arbeiter ums Leben kamen, bekommen wir zu hören, dass auch wir als Konsumenten Verantwortung übernehmen müssen. Das sollten wir auch tun und kein T-Shirt für zehn Euro kaufen. Doch, wenn man es genauer betrachtet ist dieses Mantra Zynismus. Dem Konsumenten wird eine Macht zugesprochen, die er in der Realität gar nicht hat. Während der Welthandel schöne, billige Waren produziert, indem er die soziale Gesetzgebung unterläuft, die Löhne niedrig hält und die Gesamtkosten für die Umwelt nicht trägt, muss der Verbraucher dieses System unter Druck setzen, indem er mit dem Finger auf sich selbst zeigt.
Er muss sich außerdem gründlich informieren. Billige Kleidung zu vermeiden, ist keine Garantie. Auch hinter teurer Mode europäischer Marken verbirgt sich oft ein Sweat-Shop. Wie soll man da wissen, ob man nicht auch zur Ausbeutung beiträgt? Kein Wunder, dass der einzelne Konsument das nicht hinbekommt. Fünf Jahre nach dem Brand in Bangladesch, haben die großen Kleidungsproduzenten die Fabriken sicherer gemacht. Sie riskieren deshalb keinen Shit-Storm mehr, die Arbeitsbedingungen sind deswegen aber nicht unbedingt besser geworden. Im Textilgeschäft bleibt Ausbeutung Trumpf, stellt De Standaard fest.
618 Minderjährige "einfach so" verschwunden
"Geflüchtet aus dem eigenen Land, vermisst in Belgien", so die Schlagzeile am Montag bei De Morgen. Im vergangen Jahr sind in Belgien 618 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einfach spurlos verschwunden. Für die Zeitung ist das eine furchtbare Zahl. 618 Kinder und Jugendliche von denen nie wieder jemand etwas hört. In der gesamten Europäischen Union muss die Zahl noch um ein vielfaches höher sein. Das bedeutet, dass täglich eine anonyme Kolonne minderjähriger Flüchtlinge über den Kontinent zieht. Auf der Flucht vor Krieg oder auf der Suche nach einem scheinbar besseren Leben.
Auch wenn das wohlhabende Europa nicht das Leid der ganzen Welt tragen kann, darf man trotzdem nicht einfach so achtlos über das Verschwinden hunderter Minderjähriger hinwegsehen. Und doch ist Achtlosigkeit die Grundhaltung in dieser Problematik. Dass unbegleitete Minderjährige sich scheinbar in Rauch auflösen, ist nichts Neues. Und doch hat diese gesichtslose Kinderkolonne unsere Gesellschaft noch nicht alarmiert. Das ist sonderbar. Es ist doch immer noch das Kind von jemandem, wundert sich De Morgen.
Die Versprechen eines Diktators
La Libre Belgique beschäftigt sich in ihrem Leitartikel mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un. Der hatte am Samstag den Stopp der Atomversuche und Tests mit Interkontinentalraketen angekündigt. Die Zeitung meint dazu: Natürlich hören wir so etwas lieber, als seine Kriegsansagen, die der mysteriöse junge Führer zu seiner Spezialität gemacht hat. Diese Zusage ist aber zum jetzigen Zeitpunkt so viel wert, wie das Versprechen eines nordkoreanischen Diktators. Die Kim-Dynastie hat nämlich die Lüge und die Verschleierung genauso, wie den Sinneswandel und die Verleugnung zu einer Kunst erhoben. Kim Jong-uns Entscheidungen sind niemals irreversibel und auch nicht überprüfbar, so lange Nordkorea Abkommen der Vereinten Nationen nicht ratifiziert.
Doch trotz dieser Vorbehalte kommt man nicht umhin zu hoffen. Die historischen Zusammentreffen von Kim mit dem südkoreanischen Präsidenten am Freitag und ein paar Wochen später mit Donald Trump könnten einen echten Wendepunkt auf der koreanischen Halbinsel markieren. Kim Jong-un könnte endlich derjenige sein, der die 60-jährige Paranoia in Pjöngjang beendet, und sein Land aus der Isolierung und der Rückständigkeit führt, hofft La Libre Belgique.
Pfand - nur unpraktisch und teuer?
Drei Viertel aller Limburger befürworten ein Pfand auf Dosen und Plastikflaschen. Das hat eine Umfrage im Auftrag der Zeitung Het Belang van Limburg herausgefunden. Dazu meint das Blatt: Wer das Pfand nicht will, ist der Verpackungs- und Lebensmittelsektor, weil Plastik leicht, stabil abriebfest und billig ist. Anstatt den Plastik-Gebrauch in Frage zu stellen, torpediert die Industrie das Pfand. Mit Unterstützung ihrer Lobbyisten. Das Pfand würde das Problem der Umweltverschmutzung nicht lösen, sagt die Industrie. Außerdem sei das Pfand für die Bürger unpraktisches und für den Handel teuer, weil dafür Rückgabemaschinen, mehr Verwaltung und Personal nötig sind.
Diese Argumentation zeugt von einer ziemlich konservativen Kurzsichtigkeit. Was ist denn daran falsch, Menschen zu belohnen, wenn sie ihre Getränkeverpackungen zusammen mit ihrem Kasten Bier zurück ins Geschäft bringen? Sind Norwegen, die Niederlande, Deutschland, Dänemark und 30 andere Länder denn so rückständig, weil sie schon seit vielen Jahren beweisen, dass dieses System erfolgreich funktioniert, fragt sich Het Belang van Limburg.
Volker Krings