Die meisten Titelseiten sind heute geprägt von den jüngsten Ereignissen bei der Tour de France. Im Mittelpunkt der Berichte und Kommentare in der Tagespresse stehen einmal mehr die politischen Entwicklungen knapp sechs Woche nach der Wahl.
Darüber hinaus beleuchten viele Blätter den tragischen Unfalltod zweier Brüder, die am Nationalfeiertag in der Maas ertrunken sind.
Kommentiert wird ferner das Urteil des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag zur Unabhängigkeit des Kosovo. Und schließlich haben sich viele Zeitungen das famose iPad angeschaut, das heute in Belgien auf den Markt kommt.
"Alberto Contador hat die Tour de France gewonnen", titelt heute L'avenir. De Morgen und Het Belang van Limburg nehmen es genauer: "Schleck gewinnt am Tourmalet, Contador die Tour". Auf den Titelseiten vieler Zeitungen prangt heute das Foto der beiden Gesamtführenden der Grande Boucle, die gestern nach der Zieldurchfahrt Arm in Arm ausrollten.
Die erste Bombe der Madame Non
Im Mittelpunkt der Berichte und Kommentare steht aber weiter das Gezerre um die künftige Regierungskoalition. Viele Zeitungen beleuchten ausgiebig den jüngsten Vorstoß der cdH-Vorsitzenden Joëlle Milquet, die die bislang zu beobachtende Mauer des Schweigens durchbrochen hatte. Milquet will keine Regierung, die nicht über eine Zweidrittelmehrheit verfügt und hat die Grünen eindringlich aufgefordert, sich an der Koalition zu beteiligen.
Madame Non hat ihre erste Bombe geworfen, meint dazu Gazet van Antwerpen in ihrem Kommentar. Warum ist sie mit ihrer Meinung an die Öffentlichkeit gegangen? Sie versteht sich doch gut mit dem Prä-Regierungsbildner Elio Di Rupo; sie hätte ihm das auch im Vertrauen sagen können. Hinzu kommt: Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Regierung nicht über eine Zweidrittelmehrheit verfügt und eine neue Staatsreform mit Hilfe der Opposition durchgesetzt wird.
Die Geister von 2007
Auch andere Zeitungen sparen nicht an Kritik an der cdH-Vorsitzenden Joëlle Milquet. Elio Di Rupo und Bart De Wever haben ihrerseits bislang einen makellosen Parcours hingelegt, konstatiert etwa Het Nieuwsblad. Sie wollen ein Remake des Debakels von 2007 verhindern. Die Lehren daraus hat aber offensichtlich nicht jeder gezogen. cdH und auch Ecolo machen jetzt das, was schon vor drei Jahren die Verhandlungen scheitern ließ: Sie spielen politische Spielchen. Dabei haben die inhaltlichen Gespräche noch gar nicht begonnen.
Knapp sechs Wochen nach der Wahl sollte man doch bitte aufhören, unnötig Zeit zu verplempern. Auch Het Belang van Limburg sieht sich an die Geister von 2007 erinnert. Erstens: Nachdem PS und N-VA erst mal allein gearbeitet haben, stoßen jetzt die anderen hinzu. Darunter ist auch Joëlle Milquet; und das verheißt nichts Gutes. Und zweitens: Man optiert für dieselbe Variante wie vor drei Jahren, eine Koalition ohne Zweidrittelmehrheit. Wohin das führt, das haben wir gesehen.
Politik und Dreibandbillard
Doch steht Joëlle Milquet offensichtlich mit ihrer Meinung nicht allein da. In der Zeitung De Standaard schließt sich die Vorsitzende der flämischen Sozialisten SP.A, Caroline Gennez, der Kollegin an. Die nächste Regierung muss über eine Zweidrittelmehrheit verfügen, Joëlle Milquet hat recht, wird Gennez zitiert. In der Zwischenzeit scheint aber Elio Di Rupo bei seinem zweigleisigen Vorgehen zu bleiben: Er sucht weiter nach einer Formel ohne die Grünen. Kommentierend meint dazu De Standaard: Man könnte fast schon Mitleid haben mit den Brüsseler Verhandlungsführern.
Das niederländische Beispiel zeig: Es ist schon für ein normales Land schwer genug, eine Regierung auf die Beine zu stellen, geschweige denn für ein "Zweistaatenland". Damit verbunden: In Belgien besteht eine Koalition aus mindestens fünf, wenn nicht sogar sieben Parteien. Dreibandbillard ist schon schwer genug; versuchen Sie es mal mit fünf oder sieben Banden.
Drama in Dinant
Der tragische Unfalltod zweier Brüder sorgt indes landesweit für Betroffenheit. Am Mittwochabend sind in der Nähe von Dinant der sechsjährige Timy und der achtjährige Tristan in der Maas ertrunken. La Dernière Heure widmet seine Titelseite dem tragischen Unglück, ebenso wie Het Nieuwsblad und Het Laatste Nieuws.
Medikamenten-Notstand
La Libre Belgique bringt heute auf Seite 1 eine beängstigende Schlagzeile: "Den Krankenhäuser des Landes gehen die Medikamente aus". Hintergrund ist ein Streik in einem Logistikzentrum des Pharmaunternehmens GlaxoSmithKline in Frankreich. Drei Wochen lang wurden keine Medikamente ausgeliefert. Einige Krankenhäuser sind nach eigener Aussage knapp an der Katastrophe vorbei geschrammt, weil eine Reihe von lebenswichtigen Präparaten zu fehlen begann. Der Streik ist inzwischen vorbei, doch hat sich die Lage damit noch nicht entspannt.
Belgien weniger attraktiv
Auch die Titelgeschichte von De Morgen ist wenig erheiternd: Nach Informationen der Zeitung sind die ausländischen Investitionen in Belgien um 70 Prozent zurückgegangen. In der Weltrangliste stürzt Belgien damit ab von Rang 2 auf Rang 10. Dafür die Krise verantwortlich zu machen, wäre zu kurz gedacht; Grund für den Rückgang sind auch die vergleichsweise hohen Lohnkosten in Belgien.
Unabhängigkeit des Kosovo rechtens
Vor allem auf frankophoner Seite wird heute das jüngste Urteil des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag kommentiert. Das Gericht erklärte, die einseitig ausgerufene Unabhängigkeit des Kosovo für rechtens. Die serbische Unruheprovinz hatte sich im Februar 2008 vom Mutterland losgesagt. Für La Libre Belgique sind die Folgen aus dem Haager Urteil begrenzt. Im Grunde ist nichts geregelt, da die Empfehlung des Gerichts nicht bindend ist. Entscheidend ist die politische Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo.
Und einige Länder werden sich hüten, die Büchse der Pandora zu öffnen und damit ihrerseits regionale Abspaltungen zu riskieren. Für Le Soir droht das schon jetzt. Was für den Balkan abgesegnet wurde, kann mittelfristig anderenorts für Instabilität zu sorgen. Das geopolitische Gleichgewicht des Planeten droht aus den Fugen zu geraten. Das Urteil von Den Haag ist bestimmt nicht unbemerkt geblieben, auch in Europa, etwa bei den Katalanen, den Basken und vielleicht auch bei so manchem flämischen Nationalisten.
iPad, iHype?
Viele Zeitungen schließlich widmen sich heute ausgiebig dem famosen iPad, der neuesten Kreation des Computerherstellers Apple. Das iPad wird ab heute auch in Belgien angeboten. Unter anderem De Morgen und Le Soir haben den Tablet-Computer für ihre Leser getestet; De Morgen stellt sich dabei allerdings die Frage, ob das vermeintliche Wunderding nicht doch nur eine Modeerscheinung ist.