"Welche syrischen Einrichtungen könnten zum Angriffsziel werden?!", fragt sich La Libre Belgique auf Seite eins. "Ins syrische Wespennest zu stechen, das ist nicht ohne Risiko", mahnt auch De Morgen im Innenteil. Beide Zeitungen scheinen die heutige Vergeltungsmaßnahme geahnt zu haben. Die USA, Frankreich und Großbritannien haben ja am frühen Morgen Ziele in Syrien angegriffen. Dies als Vergeltung für einen mutmaßlichen Giftgas-Einsatz, für den allen voran die USA die syrische Regierung von Präsident Baschar Al-Assad verantwortlich machen. Der Angriff kam lange nach dem Redaktionsschluss.
L'Echo nimmt die Ereignisse der letzten Tage zum Anlass für eine nachdenkliche Bilanz. Das syrische Schlachthaus steht in gewisser Weise symbolisch für einige Zeichen der Zeit. Erstmal für die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und Russland. Aber vor allem auch für den Zustand vieler Staaten in der arabischen Welt.
Von Riad bis Rabat gibt es eigentlich nur noch zwei mögliche Regierungsformen: Entweder eine Theokratie wie im Iran oder eine Militärdiktatur. Beide Regime haben eines gemeinsam: Sie sind autoritär, schränken die Freiheiten ihrer Bürger ein. Der traurige letzte Akt des Arabischen Frühlings wird derzeit in Syrien aufgeführt. Und auch hier könnte Diktator Baschar Al-Assad am Ende sogar noch als Sieger hervorgehen. Dieser Mann mit blutbefleckten Händen, der nach wie vor von Russland unterstützt wird. Ein trauriger Frühling.
F-16 Affäre: "Kein Wölkchen am Himmel"
Innenpolitisch dreht sich alles um die beiden Untersuchungsberichte zur F-16-Gate-Affäre, die gestern im Parlament vorgestellt wurden. Dafür war eigens kurzfristig eine Sondersitzung des zuständigen Ausschusses einberufen worden. Das Fazit beider Audits steht gewissermaßen auf Seite eins von Het Belang van Limburg: "In der F-16-Akte wurden keine Fehler gemacht".
"Allenfalls Fehlerchen", bemerkt Het Laatste Nieuws. In der Affäre geht es ja um den Verdacht, dass hohe Offiziere gezielt Informationen zurückgehalten haben sollen. Das sei zwar tatsächlich passiert, der Bericht, um den es geht, sei aber von zweitrangiger Bedeutung, insofern: kein Problem.
De Morgen bringt es auf seiner Titelseite auf den Punkt: "Verteidigungsminister Steven Vandeput sieht kein Wölkchen am Himmel". Bei ihrem Auftritt gestern in der Kammer haben Steven Vandeput und die Armee-Führung jedenfalls demonstrativ Geschlossenheit demonstriert. De Morgen nennt das sarkastisch: "Operation Reihen schließen!".
Also kein Einschätzungsfehler, bemerkt De Standaard in seinem Leitartikel. Dabei hatte der Verteidigungsminister der Armeeführung das doch noch vor drei Wochen vorgeworfen. Irgendwie passt plötzlich gar nichts mehr. Wenn der Geheimbericht wirklich so wertlos ist, wie es in den Audits festgehalten wird, warum wirkte der Verteidigungsminister denn vor drei Wochen noch so hilflos? Warum sprach er damals noch von einem Einschätzungsfehler? Und jetzt soll also plötzlich alles vergessen und vergeben sein…
Viel Lärm um nichts?
Alle Vorwürfe gegen die vier Offiziere scheinen sich über Nacht in Wohlgefallen aufgelöst zu haben, stellt auch Het Belang van Limburg fest. Die Erleichterung stand dem Verteidigungsminister ins Gesicht geschrieben. Doch wird diese Affäre Spuren hinterlassen. Das Vertrauen ist angekratzt, der Image-Schaden groß. Das gilt in erster Linie für den Verteidigungsminister, aber auch für die Armee, die offensichtlich immer noch funktioniert wie 1945. Hier gibt es nur Verlierer.
Viel Lärm um nichts, sollte man meinen, bemerkt auch La Libre Belgique. Doch gleich wie die Untersuchungsberichte urteilen: Die ganze Prozedur zur Erneuerung der F-16-Kampfflugzeuge steht jetzt in einem schlechten Licht. Die Regierung scheint es mit der Transparenz nicht so genau zu nehmen, die doch gerade hier geboten wäre, geht es doch immerhin um mal eben bis zu fünf Milliarden Euro. Hier müsste man eigentlich sauberer als sauber vorgehen; das ist aber leider nicht der Fall.
Die Koalition jedenfalls wird diese Seite voraussichtlich nun doch umblättern können, glaubt De Tijd. Einige Fragen sind aber nach wie vor berechtigt. Etwa die: Muss Belgien mehr Geld in seine Armee stecken? Die Antwort lautet: Ja, hier geht es schließlich um unsere NATO-Verpflichtungen. Muss Belgien dafür neue Flugzeuge kaufen? Das ist wohl so. Bei der Frage, für welches Modell man sich entscheidet, wäre die Regierung aber gut beraten, sich möglichst an ihre eigenen Regeln zu halten.
Doch auch die Opposition sollte jetzt nach vorne blicken, meint De Morgen. Die Attacke auf den Verteidigungsminister ist im Sande verlaufen, das sollte man einsehen. Es ist aber das Verdienst der Opposition, diese doch grundlegende Debatte wieder in den Vordergrund gezogen zu haben. Jetzt wird endlich offen darüber diskutiert. Und vielleicht kann man jetzt auch mal ernsthaft die Frage erörtern, ob es nicht aus diversen Gründen besser wäre, neue Kampfflugzeuge nicht zu kaufen, sondern zu leasen.
Telenet würde VOO übernehmen
"Wir würden bis zu 1,3 Milliarden Euro für VOO auf den Tisch legen". Das sagt der Geschäftsführer des flämischen TV- und Internet-Anbieters Telenet auf Seite eins von L'Echo. Telenet, das ist quasi das flämische Pendant zu VOO, das würde also passen. VOO gehört ja zu Nethys und könnte aus der Gruppe herausgelöst und verkauft werden. Zuvor hatte auch schon das Telekom-Unternehmen Orange Interesse an VOO angemeldet. Offiziell heißt es bei Nethys aber immer noch, VOO stehe nicht zum Verkauf.
Roger Pint