"Trump sagt den Russen: 'Die Raketen kommen'", titelt Le Soir. "Russland, halt dich bereit; die Raketen werden kommen", schreiben L'Echo und Het Belang van Limburg auf Seite eins. Das ist ein wörtliches Zitat aus einer Twitter-Botschaft von US-Präsident Donald Trump. Auch Het Laatste Nieuws zitiert aus dem Tweet des US-Präsidenten: "Donald Trump bedroht die Russen mit 'schönen, neuen, schlauen Raketen'".
Trump droht also mit Vergeltung für einen Giftgas-Angriff, für den die Amerikaner die syrische Regierung verantwortlich machen. Doch wendet er sich diesmal auch direkt an Russland, das ja den syrischen Machthaber Baschar Al-Assad unterstützt. "Die syrische Eskalation", so denn auch die Schlagzeile von La Libre Belgique. "Gefährliches Spiel im Mittleren Osten", so formuliert es De Standaard. Het Nieuwsblad ist noch drastischer und spricht vom "amerikanischen Roulette". Das Blatt fügt eine beängstigende Feststellung hinzu: "Seit dem Ende des Kalten Krieges stand die Welt nicht mehr so nah an einer Konfrontation zwischen den Großmächten". "Jetzt wartet die Welt jedenfalls auf Trump", stellt De Morgen fest. In der vergangenen Nacht ist zwar nichts passiert. "Nach den klaren Drohungen gibt es für Trump aber eigentlich keinen Weg zurück", sagt ein Experte in der Zeitung, "zumindest nicht ohne Gesichtsverlust".
Nur ein "geopolitisches Stratego"?
"Wir haben es hier mit zwei geopolitischen Machos zu tun", findet Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Auf der einen Seite Donald Trump, der wohl auch von seinen innenpolitischen Problemen ablenken will. Und auf der anderen Seite Wladimir Putin, der fast wie die Karikatur seiner selbst erscheint und der den Eindruck erweckt, dass er hier so eine Art "geopolitisches Stratego" spielt. Das Wortgefecht, dass sich die beiden Streithähne derzeit liefern, erinnert in jedem Fall stark an den kalten Krieg. Die Frage ist nur, wie diese Muskelspielchen enden sollen?
Eine Intervention der Amerikaner und ihrer Verbündeten ist wohl unvermeidlich, analysiert De Tijd. Donald Trump und auch der französische Präsident Emmanuel Macron hatten in der Vergangenheit klargemacht, dass der Einsatz von chemischen Kampfstoffen eine "rote Linie" sei. Die Frage ist jetzt, welchen Preis beide Länder für das Überschreiten dieser Grenze einfordern wollen. Man muss jedenfalls immer vor Augen haben, was für ein Pulverfass Syrien tatsächlich ist. Hier treffen nicht nur die Einflusszonen der USA und Russland aufeinander; auch sämtliche Regionalmächte haben ihre Eisen im syrischen Feuer, allen voran die Türkei, der Iran, Saudi-Arabien und aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft auch Israel. Explosiver geht eigentlich nicht.
Was kommt danach?
Zumal insbesondere die USA offensichtlich keinen langfristigen Plan haben, hakt La Libre Belgique ein. Auf der einen Seite kann man der Ansicht sein, dass die internationale Gemeinschaft jetzt endlich reagieren muss. Wieder wurde Giftgas eingesetzt. Kinder sind hier keine Kollateralschäden, sondern ganz klar Ziele in einem organisierten Massaker. So etwas darf nicht ungesühnt bleiben, auf die Gefahr hin nämlich, dass Baschar Al-Assad das als Freibrief versteht, um seine schaurige und makabere Säuberung fortzusetzen. Auf der anderen Seite steht aber die Frage: Was kommt danach? Allein das Beispiel Libyen zeigt, dass es nicht reicht, ein paar Luftangriffe zu fliegen. Man braucht eine wirkliche strategische Vision.
Le Soir sieht das ähnlich. Jeden Morgen muss man sich erstmal fragen, ob der US-Präsident nicht mit seinen morgendlichen Tweets, die er im Affekt in sein Smartphone gehackt zu haben scheint, mal eben im Morgenmantel den Dritten Weltkrieg ausgelöst hat. Da kann einem schon angst und bange werden. Doch ist die größte Gefahr nicht, dass seine Finger abrutschen und versehentlich auf dem Atomknopf landen. Nein, viel schlimmer ist, dass die USA über keinerlei Vision oder globale Strategie verfügen. Und die können nicht nur die Generäle festlegen; dazu braucht man einen Präsidenten, einen möglichst normalen.
Mit dem, was uns jetzt droht, rettet man jedenfalls keine Menschenleben, glaubt ernüchtert Gazet van Antwerpen. Seit 2013 wurden 85 Angriffe mit chemischen Kampfstoffen registriert. Die meisten von ihnen wurden dem syrischen Regime zugeschrieben. Und doch unterstützt Russland weiterhin Assad. Eine mögliche Intervention der USA wird grundlegend nichts ändern. 400.000 Menschen sind in Syrien schon gestorben. So lange beide Präsidenten sich nicht an einen Tisch setzen, wird das Sterben weitergehen.
Brüssel – ein Nest voller Spione?
"Belgien hat einen russischen Geheimagenten des Landes verwiesen", so die Titelgeschichte von De Tijd. Dies im Zuge der Vergeltungsmaßnahmen einiger westlicher Staaten nach der Vergiftung des russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal. Der Diplomat, der zur persona non grata erklärt wurde, sei ein Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes gewesen. Und es sind "noch viel mehr russische Spione in Brüssel aktiv", fügt die Zeitung hinzu. "Brüssel ist ein Nest von russischen Spionen", schreibt auch L'Echo. Die müssen nicht unbedingt aus Russland kommen; "es ist gängige Praxis, dass die russischen Nachrichtendienste auch aktiv in Belgien versuchen, Leute zu rekrutieren.
"Danke, Mr. Zuckerberg!"
Einige Zeitungen kommen auch zurück auf die Anhörungen im amerikanischen Parlament, wo ja Facebook-Chef Marc Zuckerberg Rede und Antwort stehen musste. Hier ging es ja um den Daten-Skandal, bei dem die Daten von 87 Millionen Nutzerkonten abgegriffen und missbraucht wurden. La Libre Belgique zieht die "ersten Lehren aus dem Facebook-Skandal". Het Laatste Nieuws macht eine fast schon unheimliche Feststellung: "Zuckerbergs Baby ist ein Monster geworden".
Jetzt ist der Tag der Abrechnung, glaubt L'Avenir. Viel zu lange haben die Internet-Konzerne im Grunde machen dürfen, was sie wollten. Und jetzt blickt die Welt plötzlich auf das alte Europa. Die EU hat ja gerade erst eine neue Datenschutz-Verordnung auf die Schienen gesetzt. So zynisch es klingt, aber da kam der Facebook-Skandal genau zur richtigen Zeit, um den Menschen den Nutzen solcher Regeln vor Augen zu halten. Nicht umsonst sagte die zuständige EU-Kommissarin: "Danke, Mr. Zuckerberg!"
Roger Pint