"Hundert reichste Belgier parken 48 Milliarden in Luxemburg", titelt De Tijd. "48 belgische Milliarden in luxemburgischen Briefkastenfirmen", lautet die Schlagzeile bei Le Soir. Die beiden Zeitungen haben die LuxLeaks-Dokumente ausgewertet.
De Tijd meint dazu: Das Großherzogtum Luxemburg scheint immer noch wie das Steuerparadies vor der Haustüre. Über Steuerkonstruktionen ist es immer noch möglich, steuerfrei Dividenden zu kassieren, während in Belgien die Regierungen Di Rupo und Michel die Kapitalertragssteuer in den letzten Jahren verdoppelt haben.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Der luxemburgische Fiskus muss die Steuervereinbarungen, die er mit Unternehmen oder vermögenden Familien macht, im Prinzip Belgien mitteilen. Und das belgische Finanzamt hat seit letztem Jahr Einsicht in das Kapital, das Belgier in Luxemburg geparkt haben. Einige Hintertüren sind inzwischen geschlossen.
Schwarzgeld in Luxemburg zu verstecken war früher ein Kinderspiel, ist inzwischen aber ziemlich schwierig geworden. Die Ambition jeder Regierung sollte nicht unbedingt sein, so viele Steuern wie möglich auf Vermögen zu erheben. Genauso wenig sollten in der ganzen EU die gleichen Steuerregeln gelten, dazu sind die 28 Länder sozial und wirtschaftlich zu unterschiedlich. Aber ein bisschen europäisches Fairplay wäre nicht verkehrt, so De Tijd.
Und wieder ist Belgien nicht dabei
Mehrere belgische Zeitungen kommentieren die Ausweisung russischer Diplomaten. Vor dem Hintergrund des Giftanschlags auf den russischen Ex-Spion Skripal in Großbritannien haben über 20 Länder russische Diplomaten des Landes verwiesen, darunter viele EU-Mitgliedsstaaten, Kanada, die USA und die Ukraine. Belgien hat bislang noch nicht reagiert. Das Kernkabinett will heute aber über diese Frage entscheiden.
Le Soir sieht das so: Belgien, ohnehin kein Freund offener Worte in Richtung Russland, sollte sich hier nicht im Hintergrund halten. Ein Land, das sich als Akteur der Europäischen Union betrachtet, darf nicht zu denen gehören, die sich das Ganze aus der Distanz anschauen.
Auch Het Belang van Limburg tut sich schwer mit der belgischen Zurückhaltung in dieser Angelegenheit und schreibt: Und wieder ist Belgien nicht dabei. Nicht einmal ein symbolischer Diplomat wurde ausgewiesen. Premier Charles Michel ist noch vor nicht einmal zwei Monaten in Moskau gewesen und wurde dort von Präsident Putin in dessen Privatresidenz empfangen. Es ist verständlich, dass der Premier die gerade ausgebauten Gesprächskanäle nicht gefährden will. Aber ob das bei den europäischen Partnern einen guten Eindruck macht, ist die andere Frage.
Het Laatste Nieuws sieht Belgiens Zurückhaltung hier positiver und erinnert an die sogenannte "Koalition der Willigen" vor 15 Jahren. Damals fielen die Amerikaner und Briten im Irak ein, um Massenvernichtungswaffen zu zerstören, die es gar nicht gab. Ein Kapitel der Geschichte, dessen Folgen wir noch heute tragen müssen. Genauso wie sich die Regierung Verhofstadt 2003 weigerte, mit Bush, Blair und 33 anderen mitzumarschieren, zeigt sich heute Premierminister Michel ebenfalls sehr zurückhaltend.
Dahinter stecken auch Eigeninteressen: Wenn die EU und die NATO russische Diplomaten ausweisen wollen, dann ist es an Belgien, diese Ausweisung umzusetzen und damit harte Gegenmaßnahmen zu riskieren. Wenn nur die Hälfte der Vorwürfe gegenüber Russland stimmen, dann sind härtere Sanktionen erforderlich als rein diplomatische.
Auf der anderen Seite muss aber auch jemand einen kühlen Kopf bewahren. Russland ist vielleicht keine Weltmacht mehr, bleibt aber gefährlich. Wenn ein durch die Wahlen erstarkter Putin politisch und wirtschaftlich erniedrigt wird, welche Mittel bleiben ihm dann noch?, warnt Het Laatste Nieuws.
Zwischen Büchse der Pandora und Prinzipien
De Standaard kommentiert die Festnahme des abgesetzten katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont am Sonntag in Deutschland: Die Frage, wie die Bundesrepublik damit umgehen wird, ist für die Zukunft Europas von großer Wichtigkeit. Es gibt viele praktische Gründe, zu verhindern, dass der katalanische Konflikt in Europa eine Büchse der Pandora öffnet.
Aber hier geht es ums Prinzip: Gleichgültig dabei zusehen, wie in Spanien der Begriff "Rebellion" aus politischen Gründen aufgeblasen wird, wird sich als Irrtum erweisen. Von "Rebellion" oder "Hochverrat" sprechen wir, wenn deren Anstifter den Staat mit Gewalt stürzen wollen. Das ist in Katalonien noch nicht passiert. Eine zu lockere, opportunistische Auslegung des Begriffs "Rebellion" höhlt die politische Demokratie aus. Europa darf das nicht zulassen, mahnt De Standaard.
Gegen die "Uberisierung" der Gesellschaft
L'Avenir schaut auf den heutigen Streik der Brüsseler Taxifahrer. Mit einer Blockadeaktion wollen sie Druck auf den Brüsseler Mobilitätsminister Pascal Smet machen, den Sektor zu regulieren. Sie verlangen, dass diese Regeln auch für den Fahrdienst Uber gelten sollen.
Sie wollen aber auch die Bevölkerung auf ein grundlegendes Problem aufmerksam machen: die "Uberisierung" der Gesellschaft. Wohlstandsversprechen für die einen, verheerend für die anderen. Die "Uberisierung" spaltet unsere Gesellschaft. L'Avenir fragt sich: Sehen wir hier das Ende eines Wirtschaftsmodells, in dem die Taxifahrer der erste Dominostein sind, der fällt? Oder eine wunderbare Chance, wie es die ganzen Startups aus den verschiedensten Branchen sehen?
Volker Krings