"Es gibt eine Einigung über das Mobilitätsbudget", titeln Het Laatste Nieuws und L'Echo. Hier geht es also um eine Ausweitung der Maßnahme "Cash for car", die im Übrigen erst gestern von der Kammer verabschiedet wurde. Diese ursprüngliche Regelung sieht die alleinige Möglichkeit vor, einen Firmenwagen einzutauschen gegen seinen Gegenwert in bar; das zu den gleichen steuerlichen Konditionen.
Das Mobilitätsbudget würde das Angebot an Alternativen erweitern: Möglich ist etwa, seinen Firmenwagen in ein kleineres Modell einzutauschen und sich den Rest auszahlen zu lassen. Man kann das Ganze auch kombinieren mit einem Bus- oder Bahnabo.
Das System soll im Übrigen sozusagen "intelligent" gestaffelt werden: "Man wird seinen Firmenwagen nicht überall zu gleichen Bedingungen eintauschen können", schreibt De Morgen auf Seite eins. Beispiel: Wer weiter von seinem Arbeitsplatz entfernt wohnt, der bekommt mehr Geld, wenn er sein Auto eintauscht.
"14 Monate zu Unrecht im Gefängnis"
Auf vielen Titelseiten prangt heute auch das Foto der 20-jährigen Bouchra Farih. Ein Brüsseler Schwurgericht hat die junge Frau gestern freigesprochen. Sie war beschuldigt worden, ihren vierjährigen Bruder ermordet zu haben. "Freispruch", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Freispruch dank des Doktors", präzisiert Het Nieuwsblad. Denn in der Tat: Ein Notarzt hatte vor Gericht ausgesagt, dass die vermeintlichen Würgemale am Hals des Kindes auch durch die Wiederbelebungsversuche zu erklären sein könnten. Daraufhin hatte sogar die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädiert. Das Fazit auf Seite eins von Het Laatste Nieuws: "14 Monate zu Unrecht im Gefängnis".
Der Fall ist letztlich auch ein Plädoyer für die Institution Schwurgericht, meint sinngemäß La Libre Belgique in ihrem Kommentar. Zur Erinnerung: Justizminister Koen Geens wollte einen Moment lang die Assisenhöfe quasi ganz abschaffen. Der Brüsseler Prozess gegen Bouchra Farih hat jetzt noch einmal die Vorzüge solcher Verfahren gezeigt, in denen ja nicht Aktenstücke, sondern das gesprochene Wort im Mittelpunkt steht. Es waren die vor Gericht gemachten Aussagen, die den Ausschlag gegeben haben. Und damit wird auch der Prozess der Entscheidungsfindung transparent.
La Dernière Heure sieht das ähnlich: Schwurgerichte haben ihre Existenzberechtigung. Eine gute Rechtsprechung hat ihren Preis. Das hat dieser Fall noch einmal bewiesen.
"Francken darf Syrienkämpfer nicht nach Marokko abschieben", so derweil die Aufmachergeschichte von De Standaard. Ein Gericht hat eine entsprechende Prozedur gestoppt. Argumentation: Das Risiko, dass der Ausgewiesene in Marokko gefoltert werden könnte, sei zu groß. Asylstaatssekretär Theo Francken will dieses Urteil nicht so hinnehmen. "Was soll ich denn sonst machen?", zitiert Het Laatste Nieuws den N-VA-Politiker. Für ihn gehe es hier um eine Frage der nationalen Sicherheit.
Hier muss permanent ein schwieriges Gleichgewicht gefunden werden, meint sinngemäß De Standaard in seinem Leitartikel. Richtschnur müssen eben weiterhin die Menschenrechte sein. Genau das ist es doch, was uns vom selbsternannten Kalifat unterscheidet, von dem die Dschihadisten träumten.
Neue N-VA-Bombe
"Die N-VA verlangt zweisprachige Krankenpfleger in Brüssel", notiert derweil Le Soir. Die flämischen Nationalisten haben demnach einen Gesetzesvorschlag hinterlegt, der besagt, dass sämtliches medizinisches Personal in der Hauptstadt den Nachweis erbringen muss, zweisprachig französisch-niederländisch zu sein. Koalitionspartner MR hat sich schon von dem Vorstoß distanziert.
Auf den ersten Blick sieht das ja alles ganz vernünftig aus, analysiert Le Soir in seinem Kommentar. Bei genauerem Hinschauen stellt man aber schnell fest, dass die N-VA da eine veritable Bombe für die Hauptstadt und den Brüsseler Rand scharfmachen will. Kurz und knapp: Das Gesundheitssystem könnte vollends zusammenbrechen. Solche Probleme kann man nicht mit der Brechstange lösen. Allerdings müssen sich da auch die Frankophonen an die Nase fassen: Sie hatten mit Sicherheit genug Zeit, die zweite große Landessprache zu lernen.
Die Klauen des russischen Bären
"Alle gegen Putin", so die Schlagzeile von De Tijd. "Der Westen kehrt sich gegen Putin", schreiben auch Het Nieuwsblad und De Morgen. L'Echo bemüht seinerseits wieder die Schreckensvision einer "Rückkehr des Kalten Krieges". Man kann es mit De Tijd zusammenfassen: "Es regnet Sanktionen gegen Putin". Erst hatte ja Großbritannien neue Strafmaßnahmen gegen Moskau verhängt, und das im Zusammenhang mit dem Mordanschlag auf einen russischen Doppelagenten und seine Tochter. Die wichtigsten Verbündeten erklärten sich umgehend solidarisch mit den Briten.
"Die NATO und die EU stehen hinter Großbritannien", bemerkt etwa Le Soir. Gestern haben die USA in einer anderen Sache ebenfalls neue Sanktionen gegen Russland angekündigt. Hier geht es um die Einmischung in die letzte Präsidentschaftswahl. De Morgen bringt es auf den Punkt: "Einer gegen alle, alle gegen Putin".
Diese Sanktionen werden nicht verhindern, dass Wladimir Putin am Sonntag wieder zum russischen Präsidenten gewählt wird, konstatiert De Tijd. Eher im Gegenteil. Die allgemeine Russlandphobie im Westen macht ihn nur noch stärker. Auf diesem Ticket kann er sich noch als "Hüter des Vaterlandes" profilieren. Die Frage ist allerdings, ob normale Beziehungen zwischen Russland und dem Westen überhaupt noch möglich sind. Oder steht uns jetzt wieder eine lange Periode von offener Feindschaft bevor?
Der russische Bär zeigt einmal mehr seine Klauen, stellt auch De Morgen fest. Die Rückkehr des Kalten Krieges ist inzwischen eine Tatsache. Und das wirft auch innenpolitische Fragen auf, insbesondere für die linke Seite: Russland wirft sein Auge auf die baltischen Staaten. Es ist jedenfalls schwierig, zu behaupten, dass von Russland keine Gefahr ausgeht. Da muss auch Belgien sein NATO-Engagement erfüllen. Die Kritik an der geplanten Anschaffung neuer Kampfflugzeuge mag jedenfalls im Moment recht naiv klingen.
Roger Pint