"Das Wunder vom Kehrweg", titelt das GrenzEcho. Andere Zeitungen haben quasi den entgegengesetzten Blickwinkel: "Untröstlich", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Vereint in Trauer", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins.
De Morgen bringt es auf den Punkt: "Es war ein emotionaler Schlusstag". Am Sonntag wurde der letzte Spieltag der "klassischen Phase" in der ersten Fußball-Division ausgespielt. Der Abstiegskampf wurde quasi auf Messers Schneide entschieden. Die AS Eupen gewann nach einer verrückten Schlussphase doch noch ihr Spiel gegen Mouscron mit 4:0 und sicherte sich damit den Klassenerhalt. Der direkte Konkurrent KV Mechelen gewann lediglich mit 2:0 und steigt aufgrund des schlechteren Torverhältnisses ab. Auf vielen flämischen Titelseiten sieht man denn auch viele weinende Gesichter. Demgegenüber feiert das GrenzEcho naturgemäß die "Helden vom Kehrweg". Vor allem einen: "Tooooryokawa". Das ist ein Wortspiel mit dem Namen des Japaners Yuta Toyokawa, der an allen vier Eupener Treffern beteiligt war.
Nur ein "halbes Wunder"?
In seinem Leitartikel bleibt das GrenzEcho betont realistisch: Wäre die AS Eupen am Sonntag abgestiegen, dann hätte sie das vollkommen verdient getan, meint das Blatt. Die ganze Saison über blieb die Mannschaft den Beweis schuldig, wirklich erstligareif zu sein. Bis Sonntagnachmittag. Bis genau das eintrat, was jede Mannschaft braucht, um dem Abstieg doch noch zu entgehen: Ein Spiel mit Kampf, Wille und mehr Glück als Pech.
Für den einen oder anderen war da vielleicht nicht nur Glück im Spiel. De Morgen spricht von einem "halben Wunder" in Eupen; Het Nieuwsblad setzt das Wort "Wunder" in Anführungszeichen. Het Laatste Nieuws wird deutlicher: "Mechelen und Eupen werfen sich gegenseitig Spielmanipulation vor". Das Blatt zitiert den Präsidenten des KV Mechelen, Johan Timmermans mit den Worten: "Ganz Belgien ist angewidert. Hätten wir mit 4:0 gewonnen, dann hätte Eupen ein 6:0 gemacht".
Mit solchen Unterstellungen sollte man aufpassen, mahnt Het Nieuwsblad. Vielleicht weiß der Herr Timmermans ja mehr. Dann muss er seine vermeintlichen Infos aber auch Preis geben. Anderenfalls begibt er sich hier aber auf sehr dünnes Eis. Ohne Beweise dem Konkurrenten Schiebung zu unterstellen, ist gefährlich. Zumal der Spielverlauf und auch die Konstellation auf dem Platz in Eupen die verrückte Schlussphase durchaus erklären können.
Apropos: An der Tabellenspitze hat sich am Sonntag auch noch was getan: "Standard Lüttich qualifiziert sich mit dem RC Genk für die Play-off 1", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Standard Lüttich war umwerfend", titelt Le Soir. Die Qualifikation von Standard Lüttich erfolgte aber ebenfalls "auf Messers Schneide", stellt L'Avenir fest. La Libre Belgique erinnert an den chaotischen Saisonverlauf und bemerkt: "Standard ist aus der Hölle zurück gekommen".
Knallharte Jagd
Am Montag dreht sich aber auch nicht alles um Fußball. "Ein Voyeur filmte überall Frauen", so etwa die Aufmachergeschichte von Het Laatste Nieuws. Auf einer niederländischen Webseite sind Videos aufgetaucht, die nackte Frauen in Umkleidekabinen zeigen. Gefilmt wurden die Bilder offensichtlich in Gent. Ursprünglich hatte man nur die örtliche Sporthalle erkannt. Jetzt sind aber auch Filme aus dem Schwimmbad und sogar aus Geschäften aufgetaucht. Wer dahinter steckt, ist noch unklar. In Het Nieuwsblad appelliert der für Datenschutz zuständige föderale Staatssekretär Philippe De Backer an die Polizei, "den Täter knallhart zu jagen".
Für Diskussionsstoff sorgt aber auch weiterhin der Skandal um Ekelfleisch und Etikettenschwindel im Schlachthof Veviba in Bastogne. Der zuständige Gesundheitsausschuss der Kammer wird sich am Montag mit dem Thema befassen. Im Fokus dürfte da wohl vor allem die Föderale Agentur für Nahrungsmittelsicherheit, Afsca, stehen. "Wir erwarten eine Erklärung von der Afsca", zitiert Het Nieuwsblad einige Mitglieder des Ausschusses. Konkret steht die Frage im Raum, wie es möglich ist, dass all die mutmaßlichen Missstände bei Veviba nicht früher ans Licht gekommen sind.
Das Vertrauen ist im Keller
"Wir brauchen mehr Transparenz, wir müssen die Lehren aus diesem Skandal ziehen", genau das haben wir vor einem halben Jahr auch noch gehört, bemerkt resigniert Gazet van Antwerpen. Mitte vergangenen Jahres kam der Fipronil-Skandal ans Licht. Danach hatten alle Beteiligten Besserung gelobt. Und doch hat man den Eindruck, dass sich die Geschichte im Wesentlichen wiederholt. Auch jetzt tönen wieder politisch Verantwortliche, dass man aus dem Fall lernen müsse, dass etwa der Informationsaustausch zwischen der Afsca und der Justiz verbessert werden müsse. Ob das wirklich passieren wird, darf man im Lichte der Vergangenheit bezweifeln.
L'Avenir sieht das ähnlich. Die guten Vorsätze von gestern sind die guten Vorsätze von heute. Mit dem Resultat, dass das Vertrauen in den kompletten Landwirtschaftssektor jetzt definitiv im Keller sein dürfte. Die Zeche bezahlen die Bauern.
Eines sollte man hier aber nicht vergessen, findet Het Nieuwsblad: "Der Kunde ist König". Der Bauernverband Boerenbond hat recht, wenn er sagt: "Wenn Sie ein ehrliches Produkt wollen, dann müssen sie dafür auch einen ehrlichen Preis zahlen". Denn das ist das Problem! Nicht nur die Supermärkte, sondern mit ihnen auch viele Verbraucher funktionieren nach dem Motto: "Hauptsache billig". Da sind Skandale letztlich vorprogrammiert. Es wird sich erst dann etwas verändern, wenn Kunden Billigfleisch im Supermarkt links liegen lassen. Verbraucher sind mächtiger als Politiker.
Roger Pint