"Steuerprüfung bei der Vereinigung GIAL", schreibt De Standaard auf Seite eins. "GIAL soll haarfein durchleuchtet werden", bemerkt L'Echo. "Gibt es ein 'System Brüssel'?" fragt sich L'Avenir.
Die Stadt Brüssel hat einen neuen Skandal. Im Mittelpunkt steht die Vereinigung GIAL, die sich um die IT-Infrastruktur kümmert. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Le Vif – L'Express hat diese Vereinigung einen Informatikingenieur für eine Beratertätigkeit fürstlich entlohnt: 1000 Euro pro Tag, auf selbstständiger Basis, und das 18 Jahre lang. Allein das ist schon anrüchig, sind sich viele Zeitungen einig. Steuerrechtlich betrachtet ist der Nutznießer einer regelmäßigen Zahlung nämlich wohl eher als Scheinselbstständiger zu betrachten.
Der föderale Finanzminister Johan Van Overtveldt hat die Steuerbehörden jedenfalls dazu angehalten, die Vereinigung einmal unter die Lupe zu nehmen. Die Brüsseler PS-Schöffin Karine Lalieux, die jahrelang zuständig für GIAL war, weist jede Schuld von sich. Tausend Euro pro Tag für IT-Beratung sei ein branchenüblicher Tarif. Zudem hätten gleich zwei externe Prüfungen die Situation als nicht-problematisch eingeschätzt.
Die Macht in der Hauptstadt
Das ist doch wohl ein schlechter Witz, wettert sinngemäß Het Laatste Nieuws. Karine Lalieux hat gestern uns alle und besonders ihre Wähler für dumm verkauft. Indem sie nämlich das verteidigte, was nicht zu verteidigen ist. Tausend Euro pro Tag bezeichnet sie als "markt-konform". Ansonsten will Frau Lalieux eher wenig vom besagten Markt und seinen Gesetzen wissen. Die N-VA jedenfalls stürzt sich auf den neuen PS-Skandal und wirft sichtbar ein Auge auf die Macht in der Hauptstadt.
Offensichtlich hat in Brüssel immer noch nicht jeder den Ernst der Lage erkannt, beklagt auch Het Nieuwsblad. Spätestens seit dem Samusocial-Skandal versprechen die Verantwortlichen vollmundig aufzuräumen. Diese Versprechen haben sich aber einmal mehr als hohle Phrasen erwiesen. Dieselben Leute verbitten sich jegliche Einflussnahme von außen. Das kann so nicht länger weitergehen. Es wird Zeit, ein echtes Aufräumkommando nach Brüssel zu schicken.
Es ist zum Verzweifeln, meint auch sinngemäß La Libre Belgique. Diese Affäre ist ein neuer Beweis dafür, wie sorglos in Brüssel in gewissen Kreisen mit öffentlichen Geldern umgegangen wird. Die Brüsseler Stadtverantwortlichen merken dabei nicht, dass sie der Opposition und ihren Gegnern insgesamt die Ruten in die Hand drücken, mit denen sie danach ausgepeitscht werden. Konkret: Diejenigen, besonders in Flandern, die Brüssel für eine Höllenmaschine halten, bekommen weitere Argumente frei Haus geliefert. Und es wird immer schwieriger, ihnen zu widersprechen.
Ein Unfall ist nicht immer nur Schicksal
Vor allem in Flandern sorgt auch heute wieder ein tragischer Verkehrsunfall für Diskussionsstoff. Die 16-jährige Nikita war an einer Kreuzung in Oostakker nördlich von Gent angefahren und tödlich verletzt worden. Das Mädchen war mit dem Fahrrad unterwegs. Der LKW-Fahrer hat sie offensichtlich nicht gesehen. Besagte Kreuzung war aber längst als gefährlich bekannt. "Seit 2002 soll die Kreuzung bereits entschärft werden", titelt anklagend De Morgen. Het Laatste Nieuws wird noch deutlicher: "Nikita stirbt auf einer Kreuzung, um die sich schon vor 15 Jahren gekümmert werden sollte".
Das ist mehr als nur eine Meldung für die Rubrik "Verschiedenes", meint De Morgen in einem wütenden Kommentar. "Verschiedenes", zynischer kann ein Rubrikname ja gar nicht sein. Ein so brutaler Tod ist für die Familie und Freunde mit Sicherheit keine Fußnote. Die Tragödie erinnert auch die Politik an ihre Verantwortung. Seit 15 Jahren weiß man um die Gefährlichkeit der fraglichen Kreuzung. Für den Tod von Nikita kann man zwar keinen Minister unmittelbar verantwortlich machen, man darf aber doch behaupten, dass nicht jeder tödliche Verkehrsunfall einfach nur mit Schicksal zu tun hat.
Apropos Sicherheit im Straßenverkehr: "Drei Viertel aller Kinder sitzen schlecht gesichert im Auto", titeln La Dernière Heure und Het Nieuwsblad. Das geht aus neuen Zahlen des Instituts für Verkehrssicherheit, Vias, hervor. Die dramatischen Folgen stehen auf Seite eins von La Dernière Heure: Im Durchschnitt werden pro Tag vier Kinder bei Verkehrsunfällen verletzt, eben weil die Kindersitze schlecht befestigt wurden.
Bald Dosenpfand im Land?
"Das Dosenpfand spaltet das Land", so derweil die Aufmachergeschichte von Le Soir. Bald startet ein Pilotprojekt, bei dem zehn wallonische Gemeinden ein Rückgabesystem für Metalldosen testen sollen. In der Wallonie und in Brüssel scheint man aber der Debatte eher aus dem Weg zu gehen, bemerkt Le Soir. Der Einzelhandel jedenfalls läuft Sturm gegen das Dosenpfand.
"Brussels Expo will verstärkt mit dem Privatsektor zusammenarbeiten", schreibt L'Echo auf Seite eins. De Tijd bringt dieselbe Story, formuliert es aber klarer: "Brüssel arbeitet an einer Privatisierung der Heysel-Palais", schreibt das Blatt. Es geht vor allem darum, dass die Palais renoviert werden müssen. Und, weil das ziemlich teuer ist, sucht die Stadt Brüssel nach privaten Partnern.
"Es könnte ein Wallonischer Energieriese entstehen", titelt schließlich La Libre Belgique. Demnach wird über eine Fusion der Energieverteiler Resa und Ores nachgedacht. Das wäre übrigens auch eine Folge der Publifin-Affäre. Die Meldungen über die mögliche Fusion von Resa und Ores hatte aber auch noch einen anderen Hintergrund, bemerkt La Libre: So wurde von anderen Tagesordnungspunkten abgelenkt, insbesondere dem über Nethys-Chef Stèphane Moreau.
Roger Pint