"Limburg Alaaf", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Karneval, wo jeder er selbst sein kann", titelt De Standaard. Nicht nur in Ostbelgien wird Karneval gefeiert. In der Provinz Limburg etwa gibt es vielerorts einen Karneval, der im Übrigen dem rheinischen sehr ähnelt. Het Belang van Limburg bringt am Montag Fotostrecken zum Beispiel aus Tongeren, Lanaken, Genk und Lommel.
Der in Flandern wohl bekannteste Karneval ist aber der von Aalst, westlich von Brüssel. Insbesondere De Standaard und Het Laatste Nieuws widmen sich am Montag dem berühmten Karnevalszug von Aalst, den sich allein am Sonntag 90.000 Besucher angeschaut hatten. Bei dem Umzug geht es traditionell eher derb zu. Ein beliebtes Motiv war der flämische Fernsehmacher Bart De Pauw, der wegen angeblicher sexueller Belästigung von Frauen seine TV-Aktivitäten weitgehend einstellen musste.
Und auch in der Wallonie wird Karneval gefeiert: "Villers-la-Ville eröffnet den Karnevalsreigen", schreibt L'Avenir am Montag in seiner Ausgabe Wallonisch-Brabant. Im südlichen Landesteil richten sich aber alle Blicke vor allem auf Binche mit seinen historischen Gilles de Binche. Und die haben erst am Dienstag ihren großen Auftritt.
Manchmal sollte ein Minister besser schweigen
Es ist aber natürlich nicht alles Frohsinn und Konfetti am Montag: "Innenminister Jan Jambon greift den Anwalt von Salah Abdeslam an", titelt etwa La Libre Belgique. Der N-VA-Politiker hat am Sonntag im Fernsehen harsche Kritik an Sven Mary geübt. Der Anwalt hatte beim Brüsseler Prozess um die Schießerei in der Hauptstadtgemeinde Forest für die Einstellung des Verfahrens gegen seinen Mandanten plädiert. Der Verteidiger macht Formfehler geltend. Jambon nannte das "unbegreiflich". "Jambon hat sich aus Gerichtsverfahren herauszuhalten", sagt Sven Mary aber auf Seite eins von Het Nieuwsblad. Unterstützung bekommt er dabei von den Anwaltskammern des Landes: "Jambon missachtet die Gewaltenteilung", zitiert Het Belang van Limburg einen Sprecher der flämischen Anwaltskammer. "Kritik an Jambon wegen Kritik an Mary", so fasst es De Morgen zusammen.
Natürlich darf man empört sein, meint Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Natürlich kann man an die Decke gehen, wenn ein Terrorist, der die belgische Justiz nicht anerkennt, doch am Ende eben die Möglichkeiten nutzen will, die dieses System bietet. Und der Herr Jambon kann durchaus seinem diesbezüglichen Ärger etwa in der Küche, seiner Frau gegenüber, Luft machen. Kein Problem! Nur darf er das eben nicht im Fernsehen tun. Bei der N-VA gilt das Motto: Wir sagen, was Sie denken. Ein Minister sollte sich aber in Zurückhaltung üben.
Manchmal sollte ein Minister besser schweigen, mahnt auch De Standaard. Nicht nur, weil es die Gewaltenteilung gibt. Es versteht sich von selbst, dass sich ein Vertreter der Exekutive nicht in die Belange der Justiz einzumischen hat. Hinzu kommt aber, dass er hier einen Anwalt fast schon aufs Podest hebt: Sven Mary kann sich jetzt zum Verteidiger der Demokratie aufschwingen, wobei er dabei natürlich in erster Linie an die Belange seines Mandanten denkt.
Wenig glorreich - und vielleicht sogar gefährlich
Die Analyse des Innenministers ist dabei noch dazu ziemlich naiv, findet Het Belang van Limburg. Jambon hatte erklärt, dass ein Verteidiger dafür sorgen müsse, dass sein Mandant eine "korrekte" Strafe bekomme. Das allerdings ist allein die Rolle des Richters. Aufgabe des Anwalts ist es, im Interesse seines Mandanten darauf zu achten, dass das Gesetz korrekt angewandt wird.
Der Auftritt von Jan Jambon in VRT und RTBF war wenig glorreich, meint La Libre Belgique, die in alledem aber fast schon ein Zeichen an der Wand sieht. Man hat Beobachtern schon Verfolgungswahn bescheinigt, wenn sie das Verhalten von einigen N-VA-Politikern als gefährlich bezeichnet haben. Man erinnere sich an Theo Francken, der öffentlich erklärte, dass er sich an gewisse Justizentscheidungen nicht zu halten habe. Und jetzt mischt sich sein Parteikollege Jambon in ein laufendes Verfahren ein. Vielleicht gibt es doch gute Gründe dafür, besorgt zu sein.
Ohnehin sieht sich Sven Mary schon massiven Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen ausgesetzt. "Wir haben keine Angst", sagt aber der Vater des Anwalts in Het Laatste Nieuws und La Dernière Heure. Dieser Tony Mary war in einem früheren Leben einmal Hauptgeschäftsführer der VRT. "Die Drohungen werden meinen Sohn Sven nicht stoppen; er wird immer für das einstehen, was er für richtig hält."
Da hatten die Aussagen von Jan Jambon gerade noch gefehlt, wettert La Dernière Heure. Nicht nur, dass der Innenminister auf unzulässige Weise Druck auf die Justiz ausübt. Er gibt zudem indirekt den Menschen Recht, die Sven Mary und seine Familie bedrohen. Das ist schlicht und einfach inakzeptabel.
Coucke in Nöten und Belgiens 5G-Problem
"Perrigo verlangt 1,9 Milliarden Euro von Coucke und Co", so derweil die Aufmachergeschichte von De Standaard und Het Nieuwsblad. Perrigo, das ist das amerikanisch-irische Unternehmen, das Omega Pharma gekauft hat, die Firma von Marc Coucke. Coucke allein hat dabei rund eine Milliarde Euro bekommen. Perrigo behauptet jetzt, betrogen worden zu sein, und verlangt sein Geld zurück. "Sein ganzes Vermögen steht auf dem Spiel", so das Fazit von Het Nieuwsblad.
"Das 5G-Netz in Brüssel: Die Anbieter werden ungeduldig", titelt schließlich Le Soir. Die neue Generation der Mobilfunknetze lässt in Belgien auf sich warten. Für die Telekomunternehmen gibt es dafür nur einen einzigen Grund: "Die Strahlungsnormen sind zu streng. Sie sind sogar die strengsten in Europa", beklagt die Branche.
Muss man wirklich alles dem Fortschritt opfern?, fragt sich Le Soir in seinem Leitartikel. Bald gibt es in Belgien keinen Ort mehr, um der Strahlenbelastung zu entfliehen. Natürlich muss man nicht eins zu eins die Argumente derer übernehmen, die die Handywellen grundsätzlich und in jeder Dosis für gefährlich halten. Allerdings gibt es bislang keine Langzeitstudien und deswegen sollte der Staat doch das Vorsichtsprinzip walten lassen. Die Technik muss dem Menschen dienen, nicht umgekehrt.
Roger Pint