"Der schlechteste Börsentag für den Bel20 seit dem Brexit", titelt De Tijd. "Innerhalb von drei Tagen haben die Börsen die Gewinne der letzten fünf Monate ausgelöscht", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. Andere Zeitungen heben die positiven Entwicklungen hervor: "Der Dow Jones schnellt wieder nach oben", schreibt etwa De Morgen. "Die Wall Street hat sich gefangen nach einer heilsamen Korrektur", notiert auch L'Echo.
Je nach Blickwinkel gibt es also gute und schlechte Neuigkeiten vom Börsenparkett. Die New Yorker Wall Street war am Montag auf Talfahrt gegangen. Der Leitindex Dow Jones verlor an einem Tag rund 1.600 Punkte. Das gabs noch nie. In Prozenten ausgedrückt hielt sich der Crash aber noch in Grenzen. Ein Minus von fünf Prozent, das ist im Vergleich etwa zu 1987 noch eher harmlos, als die Börse um 22 Prozent einbrach.
Dennoch: Het Laatste Nieuws beziffert einen doch beeindruckenden Verlust: Es ist eine 32 mit 11 Nullen: "3.200-Milliarden Euro gingen in Rauch auf", schreibt das Blatt; "aber das ist gesund", fügt die Zeitung hinzu. Denn darin sind sich alle Analysten einig: die Korrektur war nicht nur vorhersehbar, sondern auch nötig.
Der nächste Crash kommt bestimmt
Wie heißt es so schön: "Die Bäume wachsen nun mal nicht in den Himmel", bemerkt dazu auch L'Echo. Was wir hier erleben, das ist eigentlich nur eine Rückkehr zu einer gewissen Normalität. Und die hat auch einen Namen: Die Inflation ist wieder da. Seit der Bankenkrise vor zehn Jahren hätte man ja fast vergessen können, dass die Preise auch mal wieder steigen können.
Parallel dazu steigen auch die Gehälter. Und all das wird wiederum dazu führen, dass die Zentralbanken auch ihren Leitzins wieder anheben. Deswegen darf man auch behaupten, dass sich im vorliegenden Fall nicht die Krise von 2008 wiederholt. Keine Spur diesmal von toxischen Finanzprodukten. Es ist "nur" eine Korrektur, nicht mehr und nicht weniger.
Angesichts der derzeit positiven Wirtschaftsdaten ist ein handfester Börsencrash wohl eher nicht zu erwarten, meint auch De Tijd. Nur bleiben die Finanzmärkte eben doch immer ein bisschen unvorhersehbar. Man kann sich jedenfalls an fünf Fingern abzählen, dass die Börsen jetzt, mit der Rückkehr zur Normalität, auch wieder deutlich volatiler werden; uns erwartet wieder eine Achterbahnfahrt.
Eines lehrt aber die Geschichte: Der nächste Crash kommt bestimmt. Die Frage ist nur wann.
Ab jetzt ohne Bild und Ton
"Abdeslam schaltet nach dem Ton auch das Bild aus", titelt bildlich Le Soir. Am Montag hatte ja vor dem Brüsseler Strafgericht der erste Prozess gegen den mutmaßlichen Paris-Attentäter begonnen. Dabei hatte Salah Abdeslam von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Und jetzt hat er also angekündigt, dem Prozess ganz fern zu bleiben.
"Aber was macht jetzt Sven Mary?", fragen sich sinngemäß einige Zeitungen. Der bekannte Anwalt hatte die Verteidigung von Abdeslam übernommen. Die Frage ist jetzt, ob er dieses Mandat nicht am morgigen Prozesstag niederlegt. "Hat Abdeslam morgen noch einen Anwalt?", fragen sich La Libre Belgique und De Standaard.
De Morgen blickt in seinem Leitartikel kritisch auf das Medien-Getrommel der letzten Tage: "Macht aus Salah Abdeslam keinen Helden", warnt das Blatt. Natürlich ist es nachvollziehbar, dass man dem Brüsseler Prozess eine gewisse Aufmerksamkeit schenkt. Nicht vergessen: Auf der ganzen Welt gibt es nicht so wahnsinnig viele überlebende Selbstmordattentäter, die Einblicke in eine Terrororganisation geben können.
Auf der anderen Seite besteht aber die Gefahr, dass eben dieser Angeklagte den Gerichtssaal als Bühne nutzt. Abdeslam etwa weiß ganz genau, dass er ohnehin für den Rest seines Lebens im Gefängnis bleiben wird. Er kann sich also wichtiger machen, als er eigentlich war. Die Frage ist, ob wir Medien dieses Spiel mitspielen müssen, meint selbstkritisch De Morgen.
Mehr Freiheit für die SNCB
De Standaard und Het Nieuwsblad beschäftigen sich mit der nationalen Eisenbahngesellschaft. "Die SNCB darf die Fahrpreise künftig eigenständig anpassen", notieren beide Blätter. Dies zumindest sieht der Entwurf des neuen Geschäftsführungsvertrags vor.
"Mehr Freiheit für die SNCB ist gut für die Zugreisenden", ist De Standaard in seinem Leitartikel überzeugt. Hier geht es nicht darum, einfach nur die Preise anzuheben. Vielmehr könnte die Gesellschaft durch eine intelligente Tarifpolitik gewisse Kundengruppen gezielter ansprechen. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass die Politik der SNCB nicht längst diese Freiheit gegeben hat.
Het Nieuwsblad wird konkreter. Tarif-Autonomie würde zum Beispiel bedeuten, dass je nach Tageszeit andere Preise gelten würden. So kann man etwa dafür sorgen, dass in den Pendler-Zügen wirklich in erster Linie auch nur Pendler sitzen.
Insgesamt könnte sich die Gesellschaft durch flexiblere Angebote viel besser auf die Bedürfnisse der Berufspendler einstellen. Bis die Bahn irgendwann wirklich eine glaubwürdige Alternative ist und die alltäglichen Staus buchstäblich rechts überholt.
Diplomatische Eskalation zwischen Brüssel und Kinshasa
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit den anhaltenden diplomatischen Spannungen zwischen Belgien und seiner früheren Kolonie, der Demokratischen Republik Kongo. Begonnen hatte alles mit der belgischen Entscheidung, einen Teil der Entwicklungshilfe nicht mehr an die kongolesische Regierung zu überweisen, sondern direkt an die Hilfsorganisationen vor Ort. In der Folge hat die Regierung in Kinshasa eine ganze Reihe von diplomatischen Vertretungen geschlossen.
Präsident Kabila entscheidet sich also für die Eskalation, stellt La Libre Belgique fest. Der Versuch, Belgien international zu isolieren, ist aber gescheitert. Die EU zeigt sich hier sehr geschlossen. Kinshasa hat sich verkalkuliert, glaubt auch Le Soir.
Belgien sollte aber nicht alle Brücken abschlagen, mahnt unter anderem Het Laatste Nieuws. Der Kongo steht vor einer humanitären Krise. Abgesehen von der moralischen Pflicht zu helfen, muss man hier auch sein Versprechen einlösen und mögliche Fluchtursachen bekämpfen.
rop/jp