"Meeuws tritt zurück nach dem einen Skandal zu viel", titelt Het Nieuwsblad. "Sozialisten verlieren nun auch ihren Chef in Antwerpen", schreibt De Tijd auf Seite eins. Und De Morgen fragt: "Samen künftig ohne Meeuws?"
Der SP.A-Spitzenkandidat für die Kommunalwahlen in Antwerpen, Tom Meeuws, hat gestern angekündigt, zurückzutreten. Flämische Zeitungen hatten über Finanzmanipulationen berichtet, die Meeuws in seiner Zeit beim öffentlichen Verkehrsunternehmen De Lijn zu verantworten hatte. Meeuws war schon wegen seiner Verstrickungen in die Immobilienbranche kritisiert worden. Seine Partei bildet in Antwerpen das Wahlbündnis Samen. Gemeinsam mit Grünen und Unabhängigen soll der amtierende Bürgermeister Bart De Wever bei den Kommunalwahlen im Herbst gestürzt werden.
In der vergangenen Nacht hatte Meeuws seinen Rücktritt jedoch wieder rückgängig gemacht, nachdem der Antwerpener SP.A-Parteivorstand ihm sein vollstes Vertrauen ausgesprochen hatte. Für die Zeitungen kam diese Nachricht allerdings zu spät, um sie in ihren Printausgaben noch zu berücksichtigen.
SP.A sinkt immer tiefer
Deshalb kommentiert noch De Morgen: Tom Meeuws ist ein dead-man-walking, egal, ob seine Partei den Rücktritt annimmt oder nicht. Die neuen Enthüllungen machen ihn unhaltbar für Samen. Wie ungeschickt konnte man nur sein, Meeuws als Spitzenkandidat in das Wahlbündnis zu schicken. Denn jeder wusste von der beruflichen Vergangenheit des Mannes. Jeder wusste, dass er keine weiße Weste hat. Das Wahlbündnis gegen den gewieftesten Polit-Profi des Landes hat einen eklatanten Fehlstart hingelegt, stellt De Morgen entgeistert fest.
De Standaard meint: Der Schaden für Samen mit dem grünen Bürgermeister-Kandidat Wouter Van Besien ist groß. Seine Führungsqualitäten werden in Frage gestellt. Die SP.A ist angezählt, die Zukunft des Bündnisses äußerst unsicher. Samen kann den Strategen am anderen politischen Ende allerdings dankbar sein. Sie haben die Bombe jetzt platzen lassen. Es bleiben noch neun Monate Zeit, den Schaden zu reparieren, bemerkt De Standaard.
Het Laatste Nieuws schüttelt den Kopf: Jedes Mal, wenn man denkt, dass die flämischen Sozialisten am Tiefpunkt angelangt sind, geht es noch eine Etage weiter runter. Das Ausscheiden von Meeuws aus dem Wahlbündnis ist allerdings das Beste, was dem Bündnis passieren kann. Denn Meeuws ist schon lange ein Bremsklotz für den Grünen Van Besien gewesen, weiß Het Laatste Nieuws.
Glück im Unglück
Gazet van Antwerpen zieht eine Bilanz zur Explosion, die einen Gebäudekomplex in Antwerpen am Montagabend zum Einsturz gebracht hatte und schreibt: Zwei Menschen sind tot, 14 verletzt. Drei Häuser sind total zerstört, drei weitere schwer beschädigt. Die Antwerpener erholen sich langsam von ihrem Schock und erkennen, welches Glück im Unglück sie hatten: Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn sich die Explosion am helllichten Tag ereignet hätte.
Bemerkenswert ist aber auch, wie gut auf die Katastrophe reagiert wurde. Die Rettungshelfer haben hervorragende Arbeit geleistet, die Stadtverwaltung hat mit Sachkenntnis und viel Respekt gegenüber den Betroffenen die Sache angepackt. Nicht nur die Explosion, sondern auch der vorbildliche Umgang damit, sollte in die Annalen der Stadt eingehen.
Walen buiten
Apropos Annalen. Le Soir schaut in die Vergangenheit und erinnert an die Spaltung der Universität Löwen vor 50 Jahren. Die Zeitung führt aus: flämischer Nationalismus war damals en vogue: "Wallonen raus" und "Wallonen go home" war auf den Plakaten der aufgebrachten flämischen Studenten zu lesen. Eine Erniedrigung für die Frankophonen. Eine neue Universität, die UCL, wurde in Wallonisch-Brabant gegründet. Für die Provinz war das ein Segen. Heute ist die UCL eine Attraktion, spielt in der Top-Liga der Forschungseinrichtungen mit, zieht Forscher, Entwickler und Unternehmen an. 50 Jahre nach dem Rausschmiss aus Löwen ist es aber gut zu sehen, dass der Groll von damals verschwunden ist. Beide Universitäten haben sich kürzlich symbolisch die Hand gereicht. Ein gutes Zeichen für die Zukunft des Zusammenlebens von Flamen und Wallonen, findet Le Soir.
"Statbel" – nur ein neuer Name?
L'Echo kommentiert zum neuen Namen des nationalen Statistikinstituts, das sich jetzt "Statbel" nennt: Es wäre gut, wenn sich auch an der Arbeit des Instituts etwas ändern würde. Denn alle Statistiken, die seit drei Jahren aus dem Hause kommen, tragen den Zusatz: Die Zahlen sind vorläufig. Denn das Institut kommt einfach nicht an die Zahlen ran. Viele Entschuldigungen wurden dafür schon genannt: neue Computertechnik, säumige Beamte in den Provinzen, ein Chef, der lange krank war und so weiter. So kann es nicht weitergehen. Denn mit solchen unzureichenden Statistiken zu arbeiten, ist genauso, wie Aktien eines Unternehmens kaufen, dessen Bilanzen seit Jahren fehlerhaft sind, notiert L'Echo.
Grand Départ
Zum Start der Tour de France im Juli 2019 in Brüssel meint La Dernière Heure: Es wäre gut, wenn Brüssel den Tour-Start zum Anlass nähme, über die Rolle des Fahrrads in der Stadt nachzudenken. Das ist bitter nötig. Denn eine Strategie, wie man Fahrradfahren in der Stadt fördern will, gibt es nicht. Aber nur mit so einer Zukunftsperspektive wird die Tour zu einer wahren Fahrrad-Party in Brüssel werden können, glaubt La Dernière Heure.
Kay Wagner