La Libre Belgique schreibt auf ihrer Titelseite, „Milquet verärgert die Arbeitgeber“ und kommentiert: Die Frühpension ist eine einfache Lösung, doch sie ist weder pertinent noch gerecht. Sie ist das Eingeständnis eines Scheiterns. Sie wird noch als ein Recht angesehen und von einigen Gewerkschaften verteidigt.
Doch sie ist ungerecht, weil die Arbeiter kleinerer Betriebe nicht diese Möglichkeit erhalten. Mit dieser Maßnahme verringert man auch noch die Zahl der aktiven Bürger, die mit ihren Zahlungen die Pensionen der anderen finanzieren. Die Menschen 15 Jahre zu früh in die Pension zu entlassen, ist regelrecht indezent.
Het Nieuwsblad unterstreicht: Wenn man die Arbeitnehmer über 50 weiter beschäftigen will, sind dazu kollektive Anstrengungen nötig. Von Seiten der Arbeitnehmer, die länger auf ihre Pension warten müssen: von den Behörden, die dafür sorgen müssen, dass ältere Arbeitnehmer bezahlbar bleiben, und von den Arbeitgebern, die die Bedingungen schaffen müssen, unter denen ältere Arbeitnehmer noch rentabel sind. Die Frühpension mit 50 ist ein Fehler.
Frühpension mit 50 ist verständlich, aber unverantwortlich
De Morgen meint: Das Signal ist vielleicht individuell verständlich, doch gesellschaftspolitisch unverantwortlich. Es ist befremdend, dass alle Parteien die Erhöhung des Pensionsalters in ihrem Programm haben, aber im Falle Opel schweigend zuschauen.
De Standaard unterstreicht: Ausgerechnet an dem Tag, an dem die niederländischen Gewerkschaften einer Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre zustimmen, gewährt man in Belgien die Frühpension ab 50. Eine solche Maßnahme geht nicht mehr. Hierzulande haben weder die Politiker noch die Sozialpartner den Mut, das zu tun, was ihre Kollegen in fast allen europäischen Ländern bereits getan haben. Die belgischen Gewerkschaften haben noch ein gewichtiges Argument: Die Arbeitnehmer über 50, die in Belgien ihre Arbeit verlieren, finden keine neue Stelle mehr, weil sie zu viel kosten.
Eine Brücke, die in die Pension führt, nicht zurück an die Arbeit
Gazet Van Antwerpen erklärt: Schon der Name sagt es: Man baut eine Brücke zur Pension. Von neuer Arbeit ist keine Rede. Doch das System ist unbezahlbar. Ein 50-jähriger Frühpensionierter kostet den Staat 300.000 Euro. Im Falle Opel muss der Staat innerhalb von 15 Jahren 90 Millionen Euro hinlegen.
L'Echo behauptet: Die Frühpensionierten sind nur theoretisch noch bereit, eine neue Stelle anzunehmen. Sie müssen die Lust dazu haben, denn nichts zwingt sie dazu. Außerdem stehen für Frühpensionierte nicht die gleichen Anreize zur Verfügung wie für ältere Arbeitslose.
Het Laatste Nieuws stellt fest, dass alle Arbeitgeberorganisationen schwere Kritik an der Frühpension üben. Doch gleichzeitig lassen Unternehmen ältere Arbeitnehmer fallen und wollen auch keine einstellen. Das kann sich nur ändern, wenn man das Alter für die Frühpension anhebt und zugleich allen Betrieben eine Quote für ältere Arbeitnehmer auferlegt.
Milquets Taktik
Le Soir vermutet, dass die flämischen Parteien in Verlegenheit geraten sind. Ausgerechnet Joëlle Milquet, die man in Flandern als anti-flämische Persönlichkeit an den Pranger stellt, ist bereit, den Entlassenen des Opel-Werkes ein Ersatzeinkommen zu gewähren. Niemand ist im Grunde gegen die Frühpension bei Opel. Die Ministerin will die flämischen Parteien zwingen, eine eindeutige Stellung zu beziehen. Sie sollen sagen, ob sie den Arbeitern eine Frühpension gewähren wollen, oder ob sie sie auf dem Altar ihrer neuen Arbeits- und Sozialpolitik opfern wollen.
De Tijd unterstreicht: Die flämische Regierung hat den einfachsten Weg eingeschlagen. Sie schweigt, um nicht zu zeigen, dass sie in dieser Frage gespalten ist. Zudem hat sie auch keine Alternative für die entlassenen Opel-Arbeiter. Sie hat die Schließung nicht abwenden können und hat daher ein Schuldgefühl. Deswegen will sie sich auch der Frühpension nicht widersetzen.
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