"Bart De Wever droht, die Regierung von Michel zu Fall zu bringen", titeln fast gleichlautend De Standaard und La Libre Belgique. "De Wever droht mit Regierungskrise", so Gazet van Antwerpen. "Das Ultimatum der N-VA", heißt es bei Le Soir.
N-VA-Chef Bart De Wever hat gestern Abend beim flämischen Privatsender VTM gesagt, dass seine Partei sich aus der föderalen Regierungskoalition zurückziehen werde, wenn der Rücktritt von Asylstaatssekretär Theo Francken gefordert werde. Francken gehört ja auch der N-VA an und steht stark in der Kritik wegen der Rückführung von sudanesischen Flüchtlingen in ihr afrikanisches Heimatland.
Le Soir regt sich auf: Was De Wever da macht, überschreitet die Grenzen des politischen Zynismus. Was er sagt, ist einfach unverantwortlich. Denn es ist nun mal so: Wenn ein Mitglied der Regierung oder seine Mitarbeiter grobe Fehler machen, tritt der Politiker zurück. Welches Spiel der N-VA-Chef spielt, ist natürlich klar: Es geht darum, das Gesicht zu wahren. Es war CD&V-Präsident Wouter Beke, der den verbalen Schlagabtausch begonnen hatte. Beke hatte zwar nicht gefordert, aber doch nahegelegt, dass ein Rücktritt Franckens angemessen sei. Dagegen kontert jetzt De Wever. Das ist umso schlimmer, als dass hier politische Spielchen auf dem Rücken von Flüchtlingen ausgetragen werden. Moralisch ist das äußerst bedenklich, so Le Soir.
Bart De Wever pokert hoch
Het Laatste Nieuws stellt fest: Jetzt droht also das Ende der Regierung Michel. Aber wie wahrscheinlich ist das eigentlich? Nicht wirklich wahrscheinlich. Denn solange nur die N-VA von einem vorzeitigen Ende der Regierung profitiert – und nach den derzeitigen Meinungsumfragen sieht es stark danach aus – wird kein vernünftiger Mensch den Stecker ziehen. Solange alle Parteivorsitzenden rational denken, bleibt Michel weiter an der Macht. Doch der weiß, dass jeder neue Streit der eine Streit zu viel sein kann. Und der Streit um den Atomausstieg hat ja schon begonnen, erinnert Het Laatste Nieuws.
De Standaard meint: Egal, wie die Untersuchung zu den Berichten über die Misshandlung der zurückgeführten Sudanesen ausfallen wird, Francken wird im Amt bleiben. Das wird nicht an der gestrigen Äußerung von De Wever liegen. Michel hatte vorher schon gesagt, dass die Politik zu den Sudanesen die Verantwortung der gesamten Regierung sei. Heikler wird die Sache allerdings beim Energiepakt. Und das für die N-VA. Denn sie stellt sich gegen eine frühere Vereinbarung der Regierung. Wenn die N-VA an der Frage des Atomausstiegs die Regierung zu Bruch gehen lässt, wird sie es bei den Wahlen schwer haben. Denn die Vergangenheit hat gezeigt: Wer eine Regierung gestürzt hat, hat nicht den Wind in den Segeln, weiß De Standaard.
Auch Gazet van Antwerpen meint: De Wever riskiert viel. Er geht davon aus, dass die Bevölkerung kein Problem damit hat, dass er einen Staatssekretär in Schutz nimmt, der das Parlament und den Premierminister angelogen hat. De Wever zählt auf die Popularität von Francken und glaubt, dass seine Partei stark genug ist, um bei Neuwahlen zu gewinnen. Diese Rechnung kann aufgehen. Muss sie aber nicht. Denn das letzte Wort hat der Wähler, gibt Gazet van Antwerpen zu bedenken.
Generationen geprägt
Auch die französische Sängerin France Gall ist ein großes Thema für die Zeitungen. Gall war gestern mit 70 Jahren gestorben. L'Avenir kommentiert: Wie Johnny Hallyday, der vor gut einem Monat gestorben ist, hat auch France Gall Generationen mit ihren Chansons geprägt. Angefangen bei "La Déclaration d'amour" bis hin zu "Evidemment" hatten diese Lieder die Kraft, die Menschen auf eine Reise mitzunehmen. Auf eine Reise voller Gefühle, Liebe, Freude und Solidarität. Mit der ganzen Bescheidenheit, die sie ausmachte, übertrug France Gall diese Gefühle auf ihre Fans. Sie erinnerte daran, dass man aus Musik Kraft schöpfen, vergessen und sich neu erfinden kann, würdigt L'Avenir die Sängerin.
Das Kind im Weißen Haus und Emmanuel Macrons Klartext
Zum neuen Buch über US-Präsident Donald Trump meint De Morgen: Viel Neues erfahren wir darin nicht. Und auch die Schlussfolgerungen von Autor Michael Wolff sind nicht überraschend: Der Präsident denkt wie ein Kind. Trotzdem ist es gut, dass das Buch jetzt erschienen ist. Denn nachdem Trump im vergangenen Jahr viel gedroht hat, gerade in Richtung Nordkorea, könnte er dieses Jahr ernstmachen mit vielen gefährlichen Vorhaben. Und da ist es gut, dass auch den republikanischen Parteikollegen vor Augen geführt wird, wer da eigentlich im Weißen Haus sitzt. Es ist zu hoffen, dass mit dieser Erkenntnis über Trump seine eigenen Parteifreunde ihn bremsen und die Drähte des "Nuklear-Knopfs" zur Not im letzten Augenblick durchschneiden, wünscht sich De Morgen.
Zur möglichen Aufnahme der Türkei in die Europäische Union schreibt La Libre Belgique: Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat jetzt endlich Klartext gesprochen: Ein Beitritt der Türkei ist zurzeit nicht möglich. Das sollte der offizielle Standpunkt der EU werden. Denn eine Türkei unter Erdogan kann keiner in der Union wollen. Der bislang in Aussicht gestellte Beitritt ist nur Wasser auf die Mühlen der Populisten, die in Europa immer stärker werden. Das Wasser jetzt abzudrehen, wird der EU guttun, ist La Libre Belgique überzeugt.
Kay Wagner